Wedel. Axel Polixa (63) ist ein Shipspotter. Er steht oft zwölf Stunden an der Elbe und wartet dort auf das perfekte Fotomotiv.

Polarjacke, dicke Handschuhe, Mütze und ein riesiger Rucksack: Wenn Axel Polixa aus dem Haus geht, könnte der Betrachter meinen, er breche zu einer Expedition an den Nordpol auf. Doch statt Überlebensausrüstung trägt er im Rucksack seine Kamera mit Riesen-Objektiv; und die dicke Kleidung soll ihn nicht etwa vor der arktischen Kälte, sondern vor dem rauen Klima am Elbufer schützen. Dort harrt er manchmal stundenlang bei Wind und Wetter aus, um Flugzeuge und Schiffe zu fotografieren. Polixa ist leidenschaftlicher Schiffs- und Flugzeugfotograf, ein sogenannter Ship- und Planespotter. Der 63 Jahre alte Junggeselle hat sein ganzes Leben nach seinem Hobby ausgerichtet.

Die „Queen Elisabeth“ hat Axel Polixa (rundes Foto, mit seiner Kamera am Wedeler Elbhochufer) in der Hafencity abgelichtet
Die „Queen Elisabeth“ hat Axel Polixa (rundes Foto, mit seiner Kamera am Wedeler Elbhochufer) in der Hafencity abgelichtet © HA | Axel Polixa

Wenn es schnell gehen muss und er von der Ankunft eines großen Schiffes Wind kriegt, läuft er manchmal zum Elbufer in Wedel, das nur wenige Meter von seinem Haus entfernt liegt. Am liebsten fährt er jedoch mit Bus und Fähre in den Rüschpark auf Finkenwerder, wo er nicht nur eine gute Sicht auf die Elbe, sondern auch auf die Start- und Landebahn des Airbuswerks hat. Unter der Woche ist der Frührentner fast täglich dort anzutreffen, im Sommer manchmal zehn bis zwölf Stunden am Stück. Tausende Aufnahmen hat er an seinem „Arbeitsplatz“ schon gemacht. Wie viele es genau sind, kann der Hobbyfotograf nicht sagen.

Wichtigster Begleiter ist sein 400-Millimeter-Teleobjektiv, das allein knapp vier Kilogramm wiegt. „Ohne Stativ geht da gar nichts“, sagt Polixa, der mehrere Zehntausend Euro in seine Kameraausrüstung investiert hat und von seinen Verwandten deshalb auch Krösus genannt wird.

Seine Vorliebe für das Fotografieren entdeckte er in den 80er-Jahren, als er zunächst auf Reisen einige Bilder schoss. Mittlerweile ist er auf allen Kontinenten gewesen, hat tatsächlich auch die Arktis bereist und von seinen Ausflügen ganze Alben voller Bilder mitgebracht, etwa von kanadischen Eisbären. Nach und nach begann er, sich auch für Schiffe und Flugzeuge zu interessieren. „Das ist wie ein Bazillus“, sagt Polixa über sein Hobby, das ihn vor etwa 20 Jahren gepackt und seither nie wieder losgelassen hat.

Der Containerriese „E R Tianping“ im Hamburger Hafen
Der Containerriese „E R Tianping“ im Hamburger Hafen © HA | Axel Polixa

Wenn er sich auf Finkenwerder auf die Lauer legt, braucht er vor allem eines: Geduld. „Selbst bei Hochwasser ist nicht immer gesagt, dass tatsächlich auch Schiffe vorbeikommen. Und die Starts und Landungen bei Airbus sind sowieso Glücksache.“

Viele Schiffe, die die Elbe entlangfahren, sind für Polixa bereits alte Bekannte. Wenn etwa Containerfrachter wie die „Bianca Rambo“ oder die „Katharina Schepers“ – regelmäßige Gäste im Hamburger Hafen – auftauchen, drückt er gar nicht mehr auf den Auslöser. Und auch die großen Kreuzfahrer wie die „Aida prima“ und die „Queen Mary 2“ gehören längst zu seiner Sammlung. Spannender sind für ihn die Privatyachten, deren Eigentümer sich meist nicht ermitteln lassen, oder die Marineschiffe, die in Hamburg nur selten anzutreffen sind. So gelang ihm beispielsweise ein Schnappschuss der „Lady Moura“, eine der größten Yachten der Welt, als sie ihre Bauwerft Blohm und Voss zur Reparatur anlief. Einmalig sind auch viele der Flugzeuge, die das Airbus-Werk verlassen: „Die gehen von dort in alle Welt, und man bekommt sie nie wieder zu sehen.“

Seltenes Motiv: die Yacht „Lady Moura“ auf dem Weg zur Werft Blohm und Voss
Seltenes Motiv: die Yacht „Lady Moura“ auf dem Weg zur Werft Blohm und Voss © HA | Axel Polixa

Sein großer Traum ist, einmal einen Bildband mit den schönsten Motiven zu veröffentlichen. Ein Profifotograf in Eppendorf hilft ihm bei der Archivierung seiner Fotos und beim Recherchieren der technischen Daten der Schiffe. Polixa selbst hat weder Internet noch Computer. „Von der modernen Technik halte ich nicht viel. Da bin ich noch ganz altmodisch.“ Auf die digitale Fotografie stieg er nur gezwungenermaßen um, als 2014 seine analoge Kamera den Geist aufgab. Bis heute lässt er die meisten seiner Aufnahmen auf Papier drucken, ganze Stapel mit Fotos liegen auf seinem Wohnzimmertisch.

Ein Bild, auf das er ganz besonders stolz ist, hängt seit Kurzem sogar im Großformat auf Hochglanzpapier an der Wand. Es zeigt die „Air Force One“ beim Landeanflug auf den Hamburger Flughafen. „Auch wenn ich Herrn Trump nicht besonders mag, wollte ich mir die einmalige Chance zu diesem Foto beim G20-Gipfel nicht entgehen lassen“, sagt Polixa. „Das war für mich wie Weihnachten und Ostern an einem Tag.“

Das sind Spotter

Plane- und Shipspotter hatten ursprünglich einen militärischen Nutzen. Bereits während des Zweiten Weltkriegs sollten sie die Kennungen feindlicher Schiffe und Flugzeuge registrieren. In Deutschland traten Spotter erstmals in den 50er-Jahren auf, damals noch unter dem Namen „Späher“. Beobachtet wurden damals überwiegend Autos und Eisenbahnen, aber auch Vögel sowie Bäume und Pflanzen.

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