Wedel. Am Sperrwerk ist eine Pumpe ausgefallen. THW und Feuerwehren kämpfen nach ergiebigem Regen gegen die Wassermassen an.

Alexander Ermuth und Michael Mohr lassen die Pumpe nicht aus den Augen. Läuft der Motor rund? Stimmt der Druck? Und: Was machen die Schläuche? Jeder einzelne hat den Durchmesser eines Esstellers, zusammen saugen sie Wasser aus der Wedeler Au an und drücken es durch lange Leitungen hindurch über den Elbdeich hinweg, bis es schließlich in Elbe strömt. Ermuth und Mohr, Helfer vom Technischen Hilfswerk (THW) aus Elmshorn, stehen schon seit Stunden hinterm Deich, ihre Arbeitsstiefel stecken mittlerweile tief im Schlamm. Auf ihrer Pumpe – sie befördert 5000 Liter Wasser pro Minute – ruhen große Hoffnungen. „Der Wedeler Marsch droht die Überflutung“, sagt Björn Swennosen, Sprecher des Kreisfeuerwehrverbands.

Auswirkungen bis in den Hamburger Westen möglich

Thorsten Krohn von der Tangstedter Feuerwehr prüft, ob die Rohre, durch die das Wasser aus der Wedeler Au gesaugt wird, richtig liegen
Thorsten Krohn von der Tangstedter Feuerwehr prüft, ob die Rohre, durch die das Wasser aus der Wedeler Au gesaugt wird, richtig liegen © HA | Alexander Sulanke

Das liegt zum einen an den ausdauernden und ergiebigen Regenfällen am Freitag und am Sonnabend. Zum anderen liegt es daran, dass ausgerechnet in dieser Situation am Wedeler Sperrwerk, das seit Monaten aufwendig saniert wird (wir berichteten), eine Hochleistungspumpe ausgefallen ist. Die schafft eigentlich 36.000 Liter pro Minute weg. „Am Sonnabendmittag haben wir daraufhin versucht, eine zweite Pumpe in Betrieb zu nehmen“, sagt Dirk Brandenburg, Ingenieur beim Landesbetrieb für Küstenschutz, Nationalparks und Meeresschutz (LKN). „Doch die hat auch nicht funktioniert. Erste Pumpe kaputt, zweite Pumpe kaputt – das ist ein Unfall.“ Da hat er entschieden, THW und Feuerwehren zur Hilfe zu rufen: „So etwas haben wir lange nicht gehabt“, sagt er über die Regenmassen, „das ist schon extrem.“ Am Sonnabendmittag um 14.15 Uhr läuft der Einsatz an.

Eigentlich fließt das Wasser im Hinterland während der Bauarbeiten am Sperrwerk durch zwei Rohre ab, die provisorisch verlegt worden sind. Bei einem hohen Pegel der Elbe aber funktioniert dieses Prinzip nicht mehr. Und das Wasser von Land strömt in großen Massen nach. Feuerwehrsprecher Swennosen sagt: „An dieser Stelle läuft das Regenwasser auch aus Teilen des Hamburger Westens bis in den Stadtteil Iserbrook hinein zusammen.“

Henning Gebers (l.) und Simon Lange von der Freiwilligen Feuerwehr Tangstedt betanken die Pumpe mit neuem Kraftstoff
Henning Gebers (l.) und Simon Lange von der Freiwilligen Feuerwehr Tangstedt betanken die Pumpe mit neuem Kraftstoff © HA | Alexander Sulanke

Direkt neben der blauen Pumpe, an der Alexander Ermuth und Michael Mohr wachen, hat der Kreisfeuerwehrverband eine rote, baugleiche aufgestellt, die von Mitgliedern der Freiwilligen Feuerwehr Tangstedt betreut wird, am anderen Ufer der Au hat das THW aus Hamburg-Bergedorf eine dritte Pumpe in Betrieb genommen, die sogar dreimal so viel Wasser ansaugen kann wie jede der anderen beiden. Die Einsatzleitung hat unterdessen durch den Einsatz dreier weiterer Maschinen aus Hamburg sowie den Kreisen Segeberg und Steinburg bis Sonntagnachmittag, 16 Uhr, die Pumpleistung auf 52.000 Liter pro Minute erhöhen können.

Wasserstand muss um 60 Zentimeter sinken

Denn der Wasserstand in der Wedeler Au muss schnell gesenkt werden, konkret um 60 Zentimeter, wie Björn Swennosen sagt. Überhaupt erst dann könne es zu einer Entlastung des Hinterlandes kommen. Zudem sind die Plantagen eines Wedeler Obstbauers konkret von der Überschwemmung bedroht.

Die ehrenamtlichen Helfer in Wedel – etwa 20 Männer und Frauen sind ständig vor Ort – machen sich auf einen längeren Einsatz gefasst. „Fachleute sind zu der Einschätzung gekommen, dass wir wohl noch sechs Tiden lang pumpen müssen, also drei Tage“, sagt Björn Swennosen. „Und das ist insofern ganz hart, weil allen noch die Sturmeinsätze der vergangenen Tage in den Knochen stecken.“

Sperrwerk wird für 2,8 Millionen Euro saniert

Das Sperrwerk, 1970 bis 1972 erstellt, wird zurzeit saniert. Die Baustelle ist ob ihrer Dimension schon aus weiter Ferne zu sehen. „Das ist unser zurzeit größtes Ingenieurprojekt an der Westküste“, sagt LKN-Ingenieur Brandenburg und beziffert das Volumen auf etwa 2,8 Millionen Euro.

Eine Begutachtung hatte ergeben, dass der Beton der Kammerwände – das sind die Wände beiderseits des Durchlasses zwischen Elbe und Au – ein „gestörtes Gefüge“ hatte. Er war rissig und in sich verschoben, sodass es ihm an der Beton an sich eigenen Festigkeit fehlte. „Er muss beim Trocknen erschüttert worden sein“, mutmaßt Brandenburg.

1/2

Unterdessen haben Experten einer Fachfirma die ausgefallene Pumpe am Sperrwerk abgeholt, um sie zu reparieren. Denn Ersatz ist nicht so einfach zu bekommen. „Solche Modelle stehen nicht einfach irgendwo herum“, sagt LKN-Ingenieur Dirk Brandenburg.