Quickborn/Hamburg. Russische Wissenschaftlerin hat das Quickborner Himmelmoor untersucht und positive Auswirkungen der Renaturierung entdeckt.

Fast jede Woche ist Olga Vybornova in den vergangenen drei Jahren in das größte Hochmoor Schleswig-Holsteins gefahren, um die Beschaffenheit des Torfmoorbodens und die wichtigsten geologischen Daten zu untersuchen. Die Russin aus Hamburgs Partnerstadt
St. Petersburg hat darüber erfolgreich ihre Doktorarbeit im Institut für Bodenkunde an der Universität Hamburg geschrieben – und ist damit zweifellos die beste Kennerin des Quickborner Himmelmoores geworden.

Die frisch gebackene Doktorin der Naturwissenschaften hat dabei wichtige Erkenntnisse über die Bedeutung des Moores für den Klimaschutz und die die Erdatmosphäre zerstörenden Treibhausgase gewonnen. Zudem macht die junge Forscherin (28) Vorschläge, wie aus Sicht des Klimaschutzes die Renaturierung des Moores nach Ende des Torfabbaus im nächsten Jahr in Angriff genommen werden sollte. Sie sagt: „Durch den Klimawandel rücken die Treibhausgase in den Fokus der Forschung.“

Moore seien weltweit die größten Speicher von Kohlenstoff, sagt Olga Vybornova. Sie binden doppelt so viel CO2, wie alle Wälder zusammen an Biomasse enthalten. Durch den Eingriff in diesen natürlichen Speicher tritt CO2 aus. Weltweit seien es zwei bis drei Gigatonnen durch den Torfabbau, der damit für etwa sechs Prozent des vom Menschen verursachenden Treibhauseffektes verantwortlich sei. Allein schon darum sei es gut für das Klima, wenn der Torfabbau aufhöre, sagt die Expertin.

Im Himmelmoor, das seit der letzten Eiszeit vor etwa 12.000 Jahren fast 13 Meter hoch gewachsen ist, wurden seit den 1920er-Jahren jedes Jahr etwa zehn Zentimeter Torf industriell abgebaut – so viel wie in 100 Jahren gewachsen war. Bis zu 38.000 Kubikmeter Torfabbau im Jahr seien es gewesen, sagt die Geowissenschaftlerin. Da der Torf in der Regel verbrannt wird, würden so
60 bis 70 Tonnen CO2 jährlich freigesetzt, sagt Vybornova. 99 Prozent aller Moore in Deutschland seien bereits so geschädigt worden.

Emissionen von drei Treibhausgasen untersucht

Die Wissenschaftlerin hat die Emissionen der drei das Klima schädigenden Treibhausgase Kohlendioxid (CO2), Lachgas (N2O) und Methan (CH4) auf dem Abbaugebiet und der Fläche untersucht, wo bereits die Wiedervernässung des Moores begonnen hat. Wobei das Lachgas 300-mal schädlicher für die Ozonschicht sei als CO2.

Das Ergebnis stimmt hoffnungsvoll. Schon nach fünf Jahren würden in den renaturierten Flächen 36 Prozent weniger dieser Treibhausgase freigesetzt,
4,7 statt 7,3 Tonnen zusammen pro Jahr. Was vor allem auf die Halbierung des Ausstoßes von CO2 zurückzuführen ist. „Die Wiedervernässung ist also erfolgreich“, sagt Olga Vybornova.

Torf wurde seit 1780 als Brennstoff genutzt

Das Himmelmoor in Quickborn ist mit einer Größe von rund 600 Hektar das größte Hochmoor in Schleswig-Holstein. Der Torfabbau begann Ende des 18. Jahrhunderts, als der damalige dänische König Friedrich VI. eine Agrarreform erließ.

Diese erlaubte es den Anwohnern, in einer Parzelle des Moores den Torf abzutragen, um ihn als Brennstoff zu verwenden. Dafür eignete sich besonders der Schwarzmoortorf, der ebenso wie der Weißtorf im Himmelmoor vorkommt.

Anfang des 20. Jahrhunderts begann der industrielle und systematische Torfabbau. Dieser sollte ursprünglich solange weitergehen, bis das Moor verschwunden ist. Er endet vertraglich 2020, vermutlich ist aber schon 2018 Schluss.

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Allerdings gebe es Maßnahmen bei der Renaturierung, die kontraproduktiv für den Klimaschutz seien, hat die Wissenschaftlerin herausgefunden. So wurden, um das Niederschlagswasser wieder in den trockengelegten Moorflächen zu sammeln, Dämme aus Torf gebildet. Auf diesen Dämmen hat sich die Vegetation entwickelt, vor allem mit in die Höhe wachsenden Torfpflanzen. Das führte dazu, dass durch diese Pflanzen viel mehr Treibhausgase freigesetzt würden als es auf den Torfabbauflächen der Fall sei. Der Methanaustritt habe sich dort zwar halbiert, aber die CO2-Emissionen hätten sich verfünffacht, die von Lachgas sogar verzehnfacht. Fazit: Diese Dämme sollten unbedingt aus anderem Material beschaffen sein, zum Beispiel aus Holz, Metall oder Plastik, aber nicht aus Torf, schlägt Vybornova vor. Zudem sollte die Wiedervernässung des Moores genau reguliert werden. Der klimaschonendste Wasserstand sei dann erreicht, wenn er gerade so die Torfmoorfläche bedecke. Zu wenig oder zu viel Wasserstand sei schädlich. Und statt hoch wachsender Torfmoorpflanzen sollten vornehmlich Moose angepflanzt werden, die die besten Speicherkapazitäten für Treibhausgase aufwiesen. „Mit einer solchen Bewässerung und Moosanbau würde man den Ursprungszustand am ehesten wieder erreichen.“

Olga Vybornova hält ihre Arbeit noch nicht für beendet. Durch ihre wöchentlichen Besuche bei Wind und Wetter hat sie das Moor geradezu liebgewonnen. „Ich mag das Himmelmoor gern. Das ist ein so schöner Standort, der bei Nebel auch geheimnisvoll und sogar etwas gruselig erscheint.“

Zu gern würde sie die großflächige Renaturierungsarbeiten wissenschaftlich begleiten, wenn im nächsten Jahr der Torfabbau ende. So könnte man noch die Luftkonzentration messen und die kühlende Wirkung des Moores auf das lokale Klima in Quickborn untersuchen. „Wir haben noch viel vor im Himmelmoor.“