Schenefeld/Halstenbek. In mehreren Kindertagesstätten im Kreis sind Erzieherstellen unbesetzt. Schenefelder Einrichtungen tun sich zusammen.

Nicht eine einzige Bewerbung bekam sie zuletzt auf eine deutschlandweite Ausschreibung. Schon seit drei Jahren sucht die Kita der Paulskirche Schenefeld händeringend Personal. Doch ohne Erfolg. „Seit zweieinhalb Jahren haben wir zu wenig Personal. Im Mai mussten wir eine Hortgruppe schließen“, sagt Kita-Leiterin Sabine Jacobsen. Auch den Spätdienst musste sie streichen.

2014 öffnete die Krippe der Kindertagesstätte – und seither hakt es eigentlich schon, sagt Jacobsen. Drei bis vier Ganztagsstellen hat sie frei. Ihre Mitarbeiter sind am Limit. „Die Kollegen sind alle erschöpft, aber wir wollen die Eltern nicht im Regen stehen lassen“, sagt Jacobsen. Seit fast 18 Jahren ist sie Leiterin der Kita der Paulskirche, in einem halben Jahr geht die 64-Jährige in Rente. Zu gern würde sie alles geordnet hinterlassen.

Doch die Aussichten dafür sind im Moment nicht besonders gut. Bleibt die Situation, wie sie jetzt ist, seien weitere Gruppen von der Schließung bedroht. „Ich sitze das aus, ich kann gar nichts tun“, sagt Jacobsen. Der Frust über die Situation ist ihr deutlich anzuhören. Auch wenn es dank einer gemeinsamen Aktion einen kleinen Hoffnungsschimmer gibt.

Auch wenn keine der Kindertagesstätten eine städtische Einrichtung ist, hat die Stadt beschlossen, Hilfestellung zu leisten. „Drei von sieben Einrichtungen haben richtig große Probleme“, sagt der zuständige Fachbereichsleiter Axel Hedergott. Um die Aufmerksamkeit zu erhöhen, haben sich die Kitas gemeinsam an die Öffentlichkeit gewandt, um nach Erziehern zu suchen – unter der Schirmherrschaft von Bürgermeisterin Christiane Küchenhof.

Fachkräftemangel zieht sich durch alle Bereiche

Hedergott weiß: Die Lage wird sich künftig noch verschärfen. „Es gibt bundesweit eine Verknappung. Überall werden Plätze geschaffen, aber bei der Ausbildung wird nicht gleichgezogen. Im Bildungssektor wurden zehn bis 15 Jahre verpennt“, so Hedergott. Wie Kita-Leiterin Jacobsen sind auch dem Verwaltungsbeamten die Hände gebunden. „Ich habe keine Handhabe für das Problem. Ich kann nur versuchen mit einigermaßen intelligenten Ideen zu unterstützen“, so Hedergott.

Die Kreisverwaltung unterstützt solche Bemühungen. Christoph Helms, Leiter des Jugendamtes, kennt die Problematik: „Der Fachkräftemangel im pädagogischen Bereich durchzieht alle Handlungsfelder der Kinder- und Jugendhilfe sowie der Hilfen für Menschen mit Behinderung.“ Aus Sicht des Jugendamtes ist dies tatsächlich erst der Anfang einer problematischen Entwicklung.

Eine Tatsache, die Sabine Jacobsen in gewisser Weise tröstet. „Es liegt nicht an unserer Kita, sondern alle haben das Problem.“ Sie musste sich schon die Frage gefallen lassen, ob es an ihr liegt, dass niemand auf die Bewerbungen reagiert.

Kitas im Kreis

160 Kindertagesstätten, Kindergärten und Spielstuben gibt es aktuell im Kreis Pinneberg (Stand Mai 2017).

Die Aufsicht für Kindertageseinrichtungen überwacht die Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen für die Errichtung und den laufenden Betrieb von entsprechenden Einrichtungen.

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Das musste sich Ute Pfeiffer aus Halstenbek noch nicht fragen lassen, doch auch die Leiterin der Kita Bickbargen ist mit dem Thema Personalmangel bestens vertraut. Seit zwei Jahren sind in der Kita nicht alle Stellen besetzt. Derzeit hat sie zwei Vollzeit- und drei Teilzeitstellen frei. „Zwei Stellen sind befristet, die sind noch schlechter zu besetzen. Die Erzieher können sich ihre Stellen heutzutage aussuchen“, sagt Pfeiffer.

Noch sind in der kommunalen Einrichtung alle Gruppen geöffnet. Doch auch hier sind die Mitarbeiter am Limit. „Der Mangel hat das Kollegium ziemlich zusammengeschweißt. Es hat sich eine ,Wir schaffen das‘-Mentalität eingestellt“, sagt Pfeiffer. Dabei würden die Ansprüche an eine Kita immer höher. „Früher waren wir familienergänzend, heute sind wir zum Teil schon familienersetzend“, so Pfeiffer. Anspruch und Realität seien unter den gegebenen Voraussetzungen nur schwer miteinander vereinbar.

Pfeiffer sieht zwei Gründe dafür, dass sich zu wenig junge Leute für den Beruf begeistern: zu wenig Geld und zu wenig Anerkennung. „Lehrer sind halbe Götter, und wir sind nur die Aufpasser“, so Pfeiffer. Zugangsvoraussetzung für den Beruf ist Abitur, „aber wenn ich Abi habe, dann stehen mir ganz andere und besser bezahlte Berufe offen“, meint Pfeiffer. Es müsse sich dringend etwas an der Bezahlung und der gesellschaftlichen Akzeptanz ändern.

Das sieht auch Sabine Jacobsen so. Sie fordert die Politik zum Handeln auf – auf kommunaler Ebene, im Kreis und im Land. Zumindest vom Kreis könnte Hilfe kommen. Jugendamtsleiter Helms betont: Er wünsche sich einen Zusammenschluss und eine Abstimmung aller Bemühungen im Kreis.