Schenefeld/Halstenbek/Blankenese. Nach Großfeuer in Schenefelder Tennisanlage zieht es viele Sportler in den Westen Hamburgs. Auch dort ist nicht genug Platz.
Wie ein Schreckgespenst wirkt die Schenefelder Tennishalle oder das, was nach dem Brand noch von ihr übrig ist. Große Teile des Daches sind in sich zusammengestürzt. Nur die Front, die zur Blankeneser Chaussee zeigt, blieb einigermaßen erhalten. 19 Tage nach dem verheerenden Feuer, dem das Sport- und Fitnesszentrum RCS zum Opfer fiel und bei dem ein Ascheregen über der Region und dem Hamburger Westen niederging, ermittelt die Kriminalpolizei. Das Gelände ist weiterhin beschlagnahmt. „Es gibt noch keine bestätigte Brandursache“, so Nico Möller, Sprecher der Polizeidirektion Bad Segeberg am Montag. Klar ist schon jetzt, dass das Großfeuer ein Nachspiel hat. Sogar in Hamburg.
Wie und wann es mit dem Center weitergeht, ist ungewiss. Was sich bereits abzeichnet: Der Brand trifft Anhänger des Weißen Sports in der Region ins Mark. Schließlich hatten sie an der Holzkoppel in Schenefeld stets die Möglichkeit, Plätze frei zu buchen. Auch Tennisvereine aus dem Hamburger Westen nutzten dieses Angebot gern. Sie müssen jetzt umdenken. Das Schenefelder Feuerdrama trifft somit auch die nahe Hansestadt hart.
Fakt ist: Zahlreiche Tennisclubs hatten sich langfristig in der riesigen Sportanlage, in deren Halle zwölf Courts zur Verfügung standen, eingemietet und Plätze sogar tageweise gepachtet. Nun ist die Halle voraussichtlich auf Jahre nicht mehr verfügbar, Alternativen sind Mangelware. „Für uns ist das eine Katastrophe“, sagt etwa Nina Denkhaus. Sie ist Jugendwartin des Tennis-Clubs Blankenese. Der 350 Mitglieder zählende Verein verfügt über keine eigene Halle. Zwar gab es Versuche, vier Tennisplätze am Nienstedtener Hirschpark zu überdachen, alle scheiterten sie an Naturschutz- und Parkdenkmalauflagen. Seit Jahren mietete der Verein daher zwei Plätze in der nun abgebrannten Sportanlage an.
Montags bis freitags von 15 bis
19 Uhr trainierten dort Kinder und Jugendliche. „Mit diesen Plätzen haben wir fest gerechnet. Darauf haben wir unsere Kapazitäten ausgerichtet“, so Denkhaus. „Nun stehen wir komplett im luftleeren Raum.“ Sie ist sicher: Wenn der Tennisclub keine Lösung findet, bleibt nur eine Neuausrichtung des Vereins. „Denn dann können wir keine Jugendarbeit mehr anbieten“, so Denkhaus. 110 Kinder und Jugendliche umfasst die Jugendabteilung derzeit.
Noch deutlich mehr sind bei der Spielvereinigung Blankenese (SVB) betroffen. Die sehr mitgliederstarke Tennisabteilung setzte ebenfalls bei der Jugendarbeit auf die Schenefelder Sportanlage. Derzeit trainieren 400 Kinder und Jugendliche bei SVB.
Um dem Bedarf gerecht werden zu können, wurden zusätzlich zu den vereinseigenen Tennisplätzen am Eichengrund in Blankenese weitere vier Plätze in Schenefeld fest angemietet. Die fallen nun weg und bereiten Jugendwartin Sigrid Rinow und Abteilungsleiter Ulrich Keim schlaflose Nächte – vor allem mit Blick auf den bevorstehenden Winter. Es gibt zwar eine vereinseigene Halle mit drei Feldern, aber die reicht nicht für die 800 Mitglieder starke Abteilung und die Nachwuchsarbeit aus.
Bei Halstenbek-Rellingen ist der Notstand schon spürbar
In einem Brandbrief weist Hamburgs Tennisverband Bezirk und den Senat auf das plötzliche Hallenproblem im Westen hin. In dem Brief heißt es, dass etwa 1000 junge Tennisspieler betroffen sind. Hinzu kommen viele erwachsene Spieler, die in Schenefeld aber privat Plätze anmieteten. Da nun alle auf der Suche nach Alternativen sind, bittet der Tennisverband um Unterstützung – unter anderem bei Baugenehmigungen. Denn eines ist klar: Die Hamburger Tennisvereine bauen ihre Zukunft nicht darauf, dass in Schenefeld eines Tages wieder ein Center steht. Sie wollen selbst Abhilfe schaffen und sich nie wieder abhängig machen. So plant die Spielvereinigung Blankenese, in eine Traglufthalle zu investieren. Kostenpunkt: bis zu 250.000 Euro.
Bei der SV Halstenbek-Rellingen ist der durch den Brand in Schenefeld verursachte Notstand bereits spürbar. „Seit dem Feuer haben wir viel mehr Anfragen für unsere Fünf-Feld-Halle“, so Kassenwartin Marlies Grosser am Montag. Auch Nichtmitglieder könnten auf den Plätzen am Thesdorfer Weg aufschlagen und schmettern. Pläne, die Anlage baulich zu erweitern, gebe es in Halstenbek derzeit nicht. „Noch sind Kapazitäten verfügbar“, so Grosser.
„Das ist alles sehr traurig“, sagt Schenefelds Bürgervorsteherin Gudrun Bichowski. „Tennisspieler hängen jetzt in der Luft, viele haben sich anders orientiert.“ Schmerzlich vermisst werde auch das Restaurant der Anlage. Die Stadt werde alles in ihrer Macht stehende tun, um zu helfen.