Nach der Katastrophe in London müssen Kreis und Städte die Sicherheit hoher Gebäude prüfen. Erste gute Nachrichten gibt es bereits

Acht Wochen sind seit dem verheerenden Brand im Londoner Grenfell Tower vergangen. Noch immer sind die Schrecken der Katastrophe, die mehr als 80 Menschenleben forderte, gegenwärtig. Während in London die Aufarbeitung läuft, beschäftigt sich der Kreis Pinneberg mit der Frage, wie sicher die Hochhäuser hier sind. Das Land hat Städte und Kreise zu einem Brandschutz-TÜV aufgefordert. Jedes Hochhaus soll auf mögliche Mängel untersucht werden. Bis Ende August muss der Kreis eine Liste mit allen Hochhäusern in der Region vorlegen – die Arbeit daran läuft auf Hochtouren.

Bei Peter Krey, Leiter des Kreis-Fachdienstes Planen und Bauen, und seinem Mitarbeiter Bernhard Heimann, Teamleiter und Bauexperte, laufen die Ergebnisse zusammen. Denn nur ein Bruchteil der Hochhäuser wird von der Kreisverwaltung selbst überprüft. „Mindestens 40 Objekte liegen in der Zuständigkeit von Pinneberg, Elmshorn und Wedel“, erklärt Krey. Die Städte haben eine eigene Bauaufsicht und sind damit selbst verantwortlich.

Die Hochhaus-Liste umfasst etwa 50 Objekte. „Es wird nicht jedes Gebäude einzeln gezählt, teilweise sind es Kettenhochhäuser“, sagt Heimann. Die tatsächliche Anzahl sei schwer zu beziffern. Die Liste solle nicht nur den Bestand der Hochhäuser abbilden, sondern auch verbaute Dämmmaterialien aufführen. „Anhand der Ergebnisse werden wir entscheiden, bei welchen Gebäuden wir genauer hinschauen.“

Schon jetzt ist für die Bauexperten im Kreishaus klar: Wenn alles rechtmäßig nach den Vorschriften gebaut wurde, dann ist die Wahrscheinlichkeit, dass es im Kreis Pinneberg einen Vorfall wie in London geben könnte, nahezu ausgeschlossen. „Wir haben ganz andere und viel strengere Bauvorschriften in Deutschland“, betont Kreissprecher Oliver Carstens. Peter Krey fügt hinzu: „Wenn nach den Vorschriften gebaut wurde, kann ein Hochhaus hier an der Fassade nicht brennen.“

Der Grund dafür sei die Dämmung. „Das Dämmmaterial, das in London verbaut wurde, war wie Styropor, das brennt. Bei uns wird Mineralwolle verbaut, das brennt gar nicht. Es ist wie Zuckerwatte aus Stein“, erklärt Heimann. Zwar seien viele Hochhäuser vor der verschärften Vorschrift gebaut worden, allerdings wurden sie im Ursprung auch ohne Wärmedämmung gebaut. „Dämmung kann ohnehin nur brennen, wenn sie auch da ist“, so Heimann. Nachträglich gedämmt habe man erst später, als es die Vorschriften schon gab.

Bei der Inventarisierung verlasse man sich zunächst auf Pläne und Bauunterlagen. Es werde auch Kontrollen geben, sogenannte Brandverhütungs-Schauen. Die habe man schon immer durchgeführt, 2017 etwa seien drei hohe Häuser in Elmshorn kontrolliert worden. Nach dem Vorfall in London würden die Kontrollen weiter ausgebaut.

„Es gibt etliche Gebäude, die wir uns näher anschauen wollen, darunter viele Grenzgebäude“, so Heimann. Also Gebäude, die ganz knapp unter die Hochhausgrenze von 22 Metern fallen und für die daher andere Vorschriften gelten. „Das Ziel ist, alle Hochhäuser zu überprüfen. Wir haben gerade eine Person extra zu diesem Zweck eingestellt“, sagt Fachdienstleiter Krey.

Bei einer solchen Schau wird vor Ort allein auf Brandschutzvorkehrungen geachtet. Treppenhäuser werden inspiziert und mit Hochhausrichtlinien abgeglichen. Feuerwehrzuwege, Umgebung, Beschilderungen, Fluchttüren – Punkt für Punkt wird abgehakt und hinterher ein Mängelbericht verfasst. „Bei Nachschauen wird dann kontrolliert, ob die Mängel behoben wurden“, so Heimann. Im Moment ist man im Kreishaus auf die Zuarbeit der Kommunen angewiesen – und damit sehr zufrieden. „Die Kommunen haben sehr viel genauer geguckt als sonst. Auf unserer Liste stehen 15 Hochhäuser, die wir noch nicht kannten“, betont Peter Krey.

Aus Pinneberg gibt es unterdessen Kritik. Dort müssen 32 Hochhäuser kontrolliert werden. Die Überprüfung der vorhandenen Fassadenmaterialien gestaltet sich laut Pinnebergs Stadtsprecherin Maren Uschkurat mühsam. „Die Mitwirkungsbereitschaft der Eigentümer beziehungsweise Hausverwaltungen ist teilweise nur eingeschränkt oder nicht vorhanden.“ Im Namen der Stadt appelliert sie an Hauseigentümer in Pinneberg, sich kooperativ zu zeigen und damit ihrer Verantwortung gerecht zu werden.

In Wedel sieht man die Situation entspannter. „Wir haben bereits vier Hochhäuser unter die Lupe genommen“, so Anneka Saß, Fachdienstleiterin für Bauaufsicht im Rathaus der Rolandstadt. Die übrigen Gebäude seien derzeit noch in der Prüfung. Insgesamt gebe es in Wedel zehn Hochhäuser. Das Zwischenergebnis falle gut aus: Bislang gibt es keinerlei Beanstandungen“, so Saß. Unabhängig von der Prüfung appelliert Saß an Bürger, auf das Abstellen von Kinderwagen und Wäscheständern in Treppenhäusern in Anbetracht der Brandgefahr zu verzichten: „Das liegt uns wirklich am Herzen.“