Kreis Pinneberg. Wenn der HSV gezeigt wird, sind die Bars im Hamburger Umland voll. Das dürfte sich bald ändern, weil Gastronomen ihre Abos kündigen

Wenn Holtby, Kostic und Müller gegen den Ball treten, brennt bei Mike Steingräber die Hütte. Um die 30 Fußballfans besuchen die Köpi-Stube im Pinneberger Stadtteil Quellental, um Bundesligaspiele des Hamburger SV anzuschauen. Seinen Status als Sportsbar lässt sich der Gastronom einiges kosten – 586 Euro knüpft der Bezahlsender Sky ihm monatlich ab. Dafür gibt’s künftig weniger HSV. Weil Eurosport sich die Rechte der Freitagsspiele gesichert hat, kann Steingräber von den ersten vier Spielen des Bundesliga-Dinos nur eines zeigen. Der Wirt ist sauer, will sein Sky-Abo kündigen. Wie viele seiner Kollegen im Kreis Pinneberg.

Was Steingräber nicht versteht: Sky hat bei den Preisen in den vergangenen Jahren angezogen, bietet jetzt jedoch weniger. „Ich habe Bundesliga total gebucht und am Anfang 1000 Euro für die gesamte Saison bezahlt“, erinnert sich der Wirt. „Ich verstehe nicht, warum Gastronomen nicht einzelne Spiele buchen können.“

Benjamin Gadow, Betreiber der Begas Bar in Pinneberg, hat die Faxen ebenfalls dicke. Seine Kneipe platzt aus allen Nähten – aber nur, wenn der HSV gezeigt wird. „80 Prozent unserer Gäste sind HSV-Fans.“ Dass die bei drei der vier ersten Spiele der neuen Saison in die Röhre schauen, wird massive Einnahmeverluste bedeuten: „Ich wollte auf ein Sonderkündigungsrecht pochen, erreiche aber bei Sky niemanden.“ Er habe schon davon gehört, dass Kollegen den Hut kreisen lassen, um ihr Abo bezahlen zu können: „Das ist modernes Betteln und zudem verboten“, so Gadow, der monatlich 471 Euro an den Bezahlsender überweisen Sky muss.

Eine Sprecherin des Unternehmens Sky äußert sich auf Anfrage des Abendblatts zum Stand der Verhandlungen mit Eurosport: „Es gibt weiterhin Gespräche, aber keine neuen Erkenntnisse.“ Seitens Sky sei die Bereitschaft da, die Kuh vom Eis zu bekommen. Allerdings sei auch klar, dass selbst wenn Spiele wegfallen, der Grundcharakter des Sky-Sportpakets für Gastronomen erhalten bleibe. Mit dem Slogan „Alle Spiele, alle Tore“ werbe man ohnehin schon länger nicht mehr.

Gastwirte haben kein Sonderkündigungsrecht

Ein Sonderkündigungsrecht für Gastwirte gebe es daher nicht. In den Verträgen mit Sky sei festgehalten, dass es beim Programm zu Abweichungen kommen könne. Preislich werde sich weder nach unten noch nach oben etwas ändern. Und das, obwohl der Preis für die Bundesligarechte deutlich höher sei, so die Unternehmenssprecherin. In der Sky-kritischen Berichterstattung werde zuweilen ausgeblendet, dass das Sportpaket in anderen Bereichen aufgestockt worden sei.

So gebe es künftig etwa Spiele der Handball-Champions-League sowie der Handball-Bundesliga zu sehen. „Auch zeigen wir jetzt exklusiv das bislang frei empfangbare Montagsspiel der Zweiten Bundesliga.“ Für Gastwirte sei das zweifellos eine gute Nachricht. Wer montags St. Pauli sehen will und kein Sky-Privatabo hat, muss Kneipe oder Sportsbar aufsuchen.

Das tröstet Steingräber wenig. „St. Pauli läuft bei uns eh nicht, die Leute kommen nur, um den HSV zu sehen.“ Der Wirt des Köpi hat schon mal erfragt, wann er aus dem Vertrag mit Sky aussteigen kann. Zum März 2018 kann er kündigen.

Uwe Hönke ist Geschäftsführer des VfL Pinneberg. In dessen Sportlerheim am Fahltskamp steht eine riesige Tribüne, von der aus stilecht Bundesliga geschaut werden kann. Wenn der HSV übertragen wird, sind die Ränge gut besetzt. Stand jetzt ist das bald Geschichte. Angesichts der neuen Rechteaufteilung hat Hönke die Reißleine gezogen: „Wir haben unser Abo zu Ende August gekündigt.“ Zwar zahle der VfL wegen Gemeinnützigkeit weniger als Kneipenwirte, mit 390 Euro pro Monat schlage das Abo aber dennoch zu Buche. „Wir warten jetzt mal ab, ob sich Sky noch bewegt, wenn nicht, nutzen wir die Tribüne anderweitig“, so Hönke.

Besonders gekniffen sind die Chefs großer Sportsbars, die am Rand der Hansestadt vor allem auf Fans der Hamburger Clubs setzen. Wie das Highlight in Wedel. „Es wurde im Umgang mit uns Gastronomen ein neuer Tiefpunkt erreicht. Ich bin genervt“, sagt dessen Betreiber Johannes Kunze. Er zahle jährlich bis zu 10.000 Euro für 147 Quadratmeter Nutzfläche. „Wir rechnen jetzt mit großen Verlusten, der HSV macht 80 Prozent unseres Umsatzes aus, zehn Prozent Pauli und zehn Prozent die anderen Vereine.“

Steingräber gibt die Hoffnung, dass sich Sky und Eurosport doch noch einigen, nicht ganz auf. Damit dürfte sich Eurosport jedoch Zeit lassen – bis möglichst viele HSV-Fans die 29,90 Euro für den Eurosportplayer ausgegeben haben.