Elmshorn. Ein Waffennarr hat Bedienstete bedroht, andere Fälle sind bekannt. Ein neues Konzept soll die Gefährdung minimieren.

Das Kreishaus in Elmshorn und die 650 Mitarbeiter der Kreisverwaltung sollen besser geschützt werden. Der Zugang ins Kreishaus werde künftig nur noch durch den Haupteingang möglich sein, sagt Kreissprecher Oliver Carstens. „Es ist beabsichtigt, zum Schutz der Kunden und Beschäftigten im Eingangsbereich, aber auch zur Besucherlenkung und Betreuung von Publikum eine entsprechend ausgebildete personelle Unterstützung zu etablieren, die in Gefährdungssituationen in der Lage ist, aktiv in das Geschehen einzugreifen.“

Damit reagiert die Kreisverwaltung auf aktuelle Vorfälle wie zunehmende Aggressivität unter den Besuchern und Bedrohungen gegen einzelne Mitarbeiter. Dies hat jetzt für einen Pinneberger auch persönliche Konsequenzen. Der Hauptausschuss des Kreistages strebt ein Strafverfahren gegen den Waffennarren S. an, der offensichtlich nicht aufhört, Landrat Oliver Stolz und Mitarbeiter in Schreiben schwer zu attackieren und zu beleidigen. Seine Verbalinjurien hat er auch im Internet veröffentlicht. Im Februar hatte der Kampfmittelräumdienst 114 Schusswaffen und 1,5 Tonnen Munition im Haus des Mannes sichergestellt.

„Wer, wie der Landrat Stolz, in seinen Persönlichkeitsrechten so angegriffen und auf übelste Weise beleidigt wird, verdient unseren Schutz durch eine Strafanzeige gegen den Übeltäter“, begründet der SPD-Fraktionschef Hannes Birke diesen Beschluss im Namen des Kreises Pinneberg. „Dagegen muss natürlich mit aller Konsequenz vorgegangen werden“, sagt CDU-Fraktionschefin Heike Beukelmann.

Attacken auf Verwaltungsmitarbeiter

Mitarbeiter von öffentlichen Verwaltungen leben gefährlich, wie sich in den vergangenen Jahren gezeigt hat.

2011 sicht in Frankfurt eine Kundin auf den Mitarbeiter des Sozialamtes ein. Die Polizei erschießt sie.

2012 ersticht ein Mann eine Mitarbeiterin des Jobcenters Neuss.

2013 ersticht ein Lkw-Fahrer in Schleswig eine Sachbearbeiterin der Führerscheinstelle.

Im selben Jahr erschießt sich ein Rentner in Ratzeburg vor den Augen des Landrats des Kreises Herzogtum-Lauenburg, Gerd Krämer. Der ist nach dem Vorfall nicht mehr dienstfähig, es kommt zu Neuwahlen.

2014 erschießt ein Steuerberater in Rendsburg einen Finanzbeamten.

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Die Auseinandersetzung der Kreisverwaltung mit dem Pinneberger S. läuft bereits seit Jahren. Weil er Sachverständiger, Sportschütze und Sammler ist, sei es nicht ohne Weiteres möglich gewesen, ihm seine Waffen wegzunehmen, sagt Kreissprecher Carstens. Doch durch sein zunehmend unzuverlässiges Verhalten und seine immer ausfallender werdenden öffentlichen Äußerungen konnte die Behörde gerichtsfest gegen ihn einschreiten. „Der Mann ist psychisch krank und gefährlich“, sagt einer, der ihn kennt. Die Kreisjägerschaft hat den Waffensammler aus ihren Reihen ausgeschlossen.

Hatte S. schon in seltsamen Pamphleten die Kreisbehörde vor der Beschlagnahmung seiner Waffensammlung als „durchgeknallt“, „kriminell“ und „Stalinisten“ verunglimpft, zog er danach richtig vom Leder. In mehreren Schreiben, die er anschließend ins Netz stellte, beleidigte er Stolz unter anderem als „Dooflandrat“ und „deine Dämlichkeit“, der „abgetakelt“ und „schwerkriminell“ sei und „Nazi-Methoden“ anwende.

Verhalten des Waffennarren soll zu Sanktionen führen

Seine Ausfälle gipfelten in krassesten Beschimpfungen, die Landrat Stolz indirekt und persönlich mit dem nationalsozialistischen Unrechtsregime in Verbindung brachten. S. selbst rühmt sich sogar: „Mit Datum vom 6. Juni hat Stolzi ein Einschreiben mit Rückschein bekommen, in dem ich wieder tankwagenweise Pisse über ihm ausschütte.“

„Dies kann nicht ohne Sanktion bleiben und zieht neben der Ehre des direkt Betroffenen auch das Ansehen des Kreises Pinneberg, der durch den Landrat repräsentiert wird, in erhebliche Mitleidenschaft“, begründete der Fachdienst Recht die angestrebte Strafanzeige.

Falls derlei Attacken und Drohungen gegen die Verwaltungsmitarbeiter künftig nicht nur verbal ausfallen sollten – dafür will die Verwaltung jetzt Vorsorge treffen. So gab es auch andere Vorfälle, bei denen Mitarbeiter angegriffen worden seien und in Wartebereichen eine besonders aggressive Stimmung herrschte. Dies solle jetzt durch ein neues Sicherheitskonzept verhindert werden.

Der Eingangsbereich wird so umgebaut und der Empfangstresen so gestaltet, dass ein unkontrollierter Zugang nicht mehr möglich sein wird. Alle Seiteneingänge werden für Außenstehende geschlossen sein. Jeder Besucher muss künftig über den Haupteingang das Kreishaus betreten, dessen Tür sich nach Dienstschluss und Ende von Sitzungen und Veranstaltungen automatisch schließen wird.

Zudem werden alle Räume des Kreishauses eine einheitliche Nummerierung erhalten, die auch in jedem Raum für jedermann sichtbar bleiben werde, erläutert Kreissprecher Carstens. Dies werde dann genauso für das Straßenverkehrsamt mit gestaltet, das zurzeit direkt neben dem Kreishaus für weitere 80 Mitarbeiter errichtet und einen zusätzlichen täglichen Besucherstrom auslösen wird. „Dieses Sicherheitskonzept bezieht sich ausdrücklich nicht auf IT-Sicherheit, Datenschutz oder Korruptionsfälle, sondern auf die Sicherheit der Personen im Gebäude“, betont die Verwaltung.