Kreis Pinneberg. Eine Konjunkturumfrage des Unternehmensverbandes sieht rosige Zeiten. Nachholbedarf bei weiblichen Führungskräften.

Die Auftragsbücher sind voll, die Konjunktur brummt – doch es fehlt an qualifizierten Mitarbeitern. So kann die aktuelle Befragung des Unternehmensverbandes Unterelbe-Westküste zusammengefasst werden, an der sich 40 von 100 Mitgliedsbetrieben im Kreis Pinneberg beteiligt haben. „Der Fachkräftemangel spitzt sich regelrecht zu“, beschreibt der Verbands-Geschäftsführer Ken Blöcker das zunehmende Problem in den Betrieben, ihre frei werdenden Stellen nicht mehr besetzen zu können.

Unternehmenschefs im Kreis Pinneberg am ältesten

So sucht jeder dritte befragte Unternehmenschef im Kreis bereits seit fast drei Monaten adäquate Mitarbeiter auf dem Markt – bislang ohne Erfolg. Fast 60 Prozent der Unternehmer bewerteten die Nichtverfügbarkeit von qualifizierten Mitarbeiten inzwischen neben der Auftragslage als das Hauptproblem ihres unternehmerischen Geschäfts, sagte Mitgeschäftsführer Sebastian Koch. „Wir raten den Arbeitgebern deshalb dringend dazu, umzudenken und flexibler zu reagieren.“ So sollten sie ihre Ansprüche herunterschrauben und unbedingt Initiativbewerbungen zulassen, um überhaupt mit möglichen Nachwuchskräften in Kontakt zu treten. „Sie müssen ja nicht gleich das volle Programm der Anforderungen erfüllen, sondern können im Betrieb weiterqualifiziert werden.“

Erschwerend käme hinzu, dass die Betriebschefs immer älter werden. Ein Drittel aller befragten Firmenlenker sei bereits älter als 60 Jahre, 56 Prozent älter als 55 Jahre. Diese Altersstruktur liege somit im Kreis Pinneberg erheblich über dem Verbandsdurchschnitt.

Für den Kreis Pinneberg spreche aber noch der Standortvorteil. „Die Nähe zu Hamburg ist ein Segen für die Betriebe im Kreis Pinneberg“, sagte Verbandschef Blöcker – trotz der größeren Konkurrenz für Abwerbungen und der höheren Verkehrsdichte im Vergleich zur schleswig-holsteinischen Westküste. Während in Nordfriesland und Dithmarschen zwei von drei Unternehmen die Randlage als Hauptursache ihres Fachkräftemangels erklärten, mache das im Kreis Pinneberg nur jeder siebte Unternehmer.

Gut qualifizierte Frauen könnten diese Lücke auf dem Arbeitsmarkt nicht überall gleichwertig ausfüllen, berichtet der Elmshorner IT-Dienstleister Stefan Backauf. „Ich wäre ja schon froh, wenn sich überhaupt Frauen für technische Berufe bei mir bewerben würden.“ Außerdem brauche der Aufbau einer weiblichen Führungskräfte-Kultur noch Zeit, glaubt Michael Hentrich vom Tierfutterhersteller Salvana aus Sparrieshoop. „Wir ziehen uns den eigenen Nachwuchs selbst hoch. Aber bis Frauen in die erste und zweite Etage gelangen, wird es noch zehn bis 15 Jahre dauern.“ Kreisweit fehle in jedem zweiten Betrieb eine solche weibliche Führungskräfte-Kultur, zitierte Verbandschef Blöcker die Ergebnisse aus der aktuellen Befragung. Immerhin seien in jedem fünften Betrieb die Spitzenpositionen paritätisch zwischen den Geschlechtern besetzt.

Alles in allem aber gehe es der hiesigen Wirtschaft nach wie vor hervorragend, sagte Blöcker. „Der Aufschwung ist in allen Branchen angekommen.“ Die Auftragslage, Umsatzentwicklung und generelle wirtschaftliche Entwicklung werde erheblich positiver dargestellt und eingeschätzt als noch im vorigen Jahr. Jedes vierte Unternehmen im Kreis Pinneberg sei voll ausgelastet, jedes zweite zumindest zu 90 Prozent. Und trotz des Fachkräftemangels hätte seit Jahresbeginn jedes dritte Unternehmen seinen Personalbestand erhöht, jedes fünfte plane dies für den Rest des Jahres. „Das sind sehr, sehr gute Zahlen“, freut sich Blöcker.