Kreis Pinneberg. Die Kreisjägerschaft fordert Schutz von Lebensraum der seltenen Vögel bei gleichzeitiger Fallenjagd nach Fuchs und Co.

Es gibt keine Hoffnung mehr. „Wir rechnen mit einem völligen Verschwinden des Rebhuhns aus dem Kreis für 2018“, sagt Christian Schadendorf, stellvertretender Vorsitzender der Kreisjägerschaft Pinneberg. Im Frühjahr 2016 waren nur noch 14 Brutpaare nachgewiesen worden – und das bei einer Tierart, die eigentlich typisch für eine Geestlandschaft wie die im Kreis Pinneberg ist. Zehn Jahre zuvor waren es noch 55.

Mit 264 Paaren war der Bestand 1991/92 vergleichsweise noch größer. Aber bis zum Herbst 1978 lebten sogar so viele Rebhühner im Kreis Pinneberg, dass sie regelmäßig bejagt wurden. Der Schneewinter 1978/79 brachte dann den Bestand fast völlig zum Zusammenbruch. Seit dem Jagdjahr 1979/80 sind bis heute Rebhühner nicht mehr geschossen worden – das ist ein freiwilliger Beschluss der Jäger. Die einst in Deutschland sehr häufige Art hat es in wenigen Jahrzehnten nach weit oben auf die Rote Liste der gefährdeten Vögel gebracht.

Anderswo ist es nicht viel besser um das Rebhuhn bestellt. Laut Nabu ist in ganz Deutschland die Rebhuhnpopulation auf einen Rest von vermutlich nicht mehr als 50.000 Brutpaaren geschrumpft. Das Rebhuhn ist in Deutschland außerdem vielerorts lokal ausgestorben, es kommt nur noch in etwa 16 Prozent der Jagdreviere vor, so die Naturschützer. Europaweit ist der Bestand (2015 waren es 1,3 bis 2,6 Millionen Brutpaare) um 94 Prozent zurückgegangen.

Hans-Albrecht Hewicker, Obmann für Wildtierzählungen bei der Kreisjägerschaft: „Hauptgrund ist die totale Veränderung der Ackerfluren durch intensivierte Nutzung.“
Hans-Albrecht Hewicker, Obmann für Wildtierzählungen bei der Kreisjägerschaft: „Hauptgrund ist die totale Veränderung der Ackerfluren durch intensivierte Nutzung.“ © Kreisjägerschaft Pinneberg | Ingo Niehus

Hans-Albrecht Hewicker, Obmann für Wildtierzählungen bei der Kreisjägerschaft, beobachtet die Lage seit Jahrzehnten. „Hauptgrund für diese beängstigende Entwicklung ist die totale Veränderung der Ackerfluren durch intensivierte Nutzung, Pflanzenschutzmitteleinsatz und forcierten Maisanbau“, sagt er. Ganz entscheidend sei die mit dieser Entwicklung verbundene Dezimierung der verschiedensten Insektenarten in den ackerbaulich genutzten Flächen. „Die jungen Rebhühner sind in den ersten drei Lebenswochen auf tierisches Eiweiß in Form von Insektenlarven, Käfern, Ameisen und dergleichen angewiesen, die sie heute nicht mehr in ausreichendem Maße finden. Die erwachsenen Rebhühner ernähren sich überwiegend von Grünteilen und Sämereien verschiedenster Wildkräuter und -gräser, die auch nur noch sehr eingeschränkt zur Verfügung stehen.“

Jäger halten Aufhebung der Jagdzeit für nicht zielführend

Hinzu kommt die Gefahr durch Räuber. „Die Dichte der Beutegreifer ist einfach zu hoch, zu viele Rebhühner fallen ihnen zum Opfer, besonders die fest auf ihren Eiern sitzenden, brütenden Hennen“, sagt Schadendorf. Er fordert Konsequenzen. „Gegner der Bejagung von Prädatoren wie Fuchs, Marderhund und Wiesel selbst mit tierschutzgerechten Fallen sollten endlich der Tatsache ins Auge sehen, dass sie mit dieser Haltung Rebhühner und andere Bodenbrüter stark gefährden“, sagt er. Ein derart falsch verstandener Tierschutz bedrohe die Artenvielfalt. „Außerdem ist die Politik gefordert, mehr zur Verbesserung der Lebensräume zu tun.“

Christian Schadendorf, stellvertretender Vorsitzender Kreisjägerschaft Pinneberg: „Wir rechnen mit einem völligen Verschwinden des Rebhuhns aus dem Kreis Pinneberg für 2018.“
Christian Schadendorf, stellvertretender Vorsitzender Kreisjägerschaft Pinneberg: „Wir rechnen mit einem völligen Verschwinden des Rebhuhns aus dem Kreis Pinneberg für 2018.“ © Kreisjägerschaft Pinneberg | Ingo Niehus

Seit mittlerweile drei Jahren gilt für Rebhühner die ganzjährige Dauer-Schonzeit. Die sei der falsche Weg, findet die Kreisjägerschaft Pinneberg. Sie hält die Aufhebung der Jagdzeit für Rebhühner in Schleswig-Holstein für eine nicht zielführende Maßnahme, da sie dem Bestand nicht hilft, aber dazu führt, dass das Rebhuhn nicht mehr so stark im Fokus der Hegebemühungen aller steht. Das würde noch mehr gelten, wenn das Rebhuhn aus der Liste der jagdbaren Arten gestrichen werden würde.

In diesem Punkt vertritt der Nabu eine andere Meinung: Er fordert, auf die Bejagung des Rebhuhns angesichts der stark geschrumpften Population zu verzichten, plädiert für Extensivierungsmaßnahmen in der Landwirtschaft.

Die Weibchen legen bis zu 17 Eier

Die Rebhenne baut laut Nabu das Nest als Mulde am Boden, bevorzugt in guter Deckung (z. B. Feldraine, Weg- und Grabenränder, Hecken, Gehölz- und Waldränder). Mitte April bis Juli legt das Rebhuhn 16 bis 17 blass oliv-braune bis bräunlich-graue Eier. Dafür braucht es drei Wochen.

Der Rebhahn brütet nicht, wacht aber in der Nähe und holt die Henne zu Brutpausen ab. Nach 23 bis 25 Tagen schlüpfen die Jungen. Sie können mit 13 bis 14 Tagen fliegen und sind mit etwa fünf Wochen selbstständig. Sie bleiben aber bis in den Winter im Familienverband.

Das Rebhuhn brütet einmal im Jahr, bei frühem Gelegeverlust ist jein Nachgelege möglich.

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Nur mit kleinparzelligeren Ackerflächen mit Feldrainen könne ein ausreichendes Angebot an Nahrungspflanzen und Insekten geschaffen werden. „Der Einsatz von Düngemitteln, Herbiziden und Insektiziden ist ebenfalls deutlich einzuschränken, um Wildkräutern und den an sie angepassten Wirbellosen wieder eine Überlebenschance zu geben“, heißt es seitens des Nabu. Mehr Brachflächen und das zeitweilige Belassen von Stoppelfeldern, die heutzutage meist gleich nach der Ernte umgebrochen werden, würden helfen. Ebenso extra angelegte Blühstreifen, die über den Winter unberührt bleiben.