Helgoland. Ein Pilotprojekt Helgoländer Wissenschaftler zeigt, dass die Windräder im Meer einen Lebensraum für Europäischen Hummer bieten.
Der Europäische Hummer ist ein Riffbewohner. Er fühlt sich vor allem auf dem Felsriff der Insel Helgoland wohl. In der Deutschen Bucht gibt es sonst nur vereinzelt felsige Gebiete. Gleichzeitig ist der Großkrebs in seinem Bestand gefährdet. Können ihm Windparks auf See einen neuen Lebensraum bieten?
Dieser Frage gingen Wissenschaftler der Biologischen Anstalt Helgoland, einem Teil des Bremerhavener Alfred-Wegener-Instituts für Polar- und Meeresforschung (AWI), nach. Schließlich werden an einigen der auf hoher See geplanten Anlagen Kies und grobe Steine an die Fundamente geschüttet.
In einem Pilotprojekt setzten die Wissenschaftler vor drei Jahren 2400 einjährige Europäische Hummer (sogenannte Homarus gammarus) im Offshore-Windpark „Riffgat“ vor der Insel Borkum aus. „Es gibt starke Hinweise, dass der Lebensraum geeignet ist für Hummer“, sagt der AWI-Meeresökologe Roland Krone in einer Zwischenbilanz. Nach einem Jahr hatten die Wissenschaftler die vier Steinfelder überprüft, an denen sie die Tiere ausgesetzt hatten. Mindestens drei Prozent des ausgewilderten Bestands waren an den Stellen geblieben.
„Das klingt erst einmal sehr wenig“, räumt Krone ein. Denn die natürliche Sterblichkeit liegt innerhalb eines Jahres nur bei 30 Prozent. Deshalb hatten seine Kollegen und er gehofft, mehr Hummer in den besetzten Steinfeldern an den Windkraftanlagen zu zählen. Die vorgefundene Bestandsgröße entspreche aber der in natürlichen Habitaten wie vor Helgoland, so Krone. Auch seien die Hummer schneller gewachsen als in der Zucht – ein Zeichen dafür, dass sie gute Bedingungen vorfanden. „Grundsätzlich scheinen die Steinfelder in Windparks also als Lebensraum geeignet zu sein“, sagt der Meeresökologe.
Im Vergleich zu natürlichen Felsformationen sind die Steinfelder aber sehr klein. „Es ist wahrscheinlich, dass sich ein bedeutender Anteil auf die übrigen Fundamente im Windpark verteilt hat“, vermutet Krone. Den Verbleib der Meeresbewohner würde er gern überprüfen. Der 42-Jährige sucht deshalb nach einer Möglichkeit, eine umfassendere Kontrolle zu finanzieren, diesmal an 17 der insgesamt 30 Windanlagen. „So könnte man einen verlässlichen Überblick über die Hummer und auch die Entwicklung der übrigen Riffbewohner gewinnen“, sagt der Ökologe.
Das AWI versucht seit 20 Jahren, die Hummer-Bestände in der deutschen Nordsee wieder zu vergrößern. Nach den Bombardements im Zweiten Weltkrieg und intensiver Fischerei war die Population vor Helgoland eingebrochen und hat sich nie wieder erholt. Eine große Hummer-Population gewährleiste eine hohe Artenvielfalt und eine natürliche Struktur in der Nordsee, so Krone weiter. Der Forscher wünscht sich deshalb, dass mit den Offshore-Windparks weitere geeignete Habitate entstünden. Der Taschenkrebs – immerhin – hat sich im „Riffgat“-Feld schon ganz allein angesiedelt, in friedlicher Koexistenz mit dem Hummer.