Quickborn. Mehr als 500 Soldaten, Cowboys und Indianer schlagen jedes Jahr zu Pfingsten ihre Zelte auf dem Gelände des Schützenvereins auf.
Schon als Kind hat Thomas Piotrowski gern Indianer gespielt. Inzwischen ist der Leipziger 59 Jahre alt – und hat über Pfingsten einen Teil seiner Kindheit wieder aufleben lassen. Zusammen mit seiner Frau Helga (57) gehörte er zu den mehr als 500 Teilnehmern des inzwischen 33. Westerntreffens in Quickborn – der größten Veranstaltung dieser Art im Norden. Seit der Premiere im Jahr 1984 ist die Traditionsveranstaltung stetig gewachsen.
Zum zwölften Mal haben die beiden Leipziger ihr Tipi auf der Wiese am Harksheider Weg aufgeschlagen. „Es macht Spaß, hier dabei zu sein“, sagt er. Ein Zelt neben dem anderen steht auf dem weitläufigen Gelände, das die Stadt dem gastgebenden Schützenverein Quickborn-Renzel für die Veranstaltung zur Verfügung gestellt hat. Die ersten Unterkünfte wurden bereits zu Himmelfahrt aufgebaut.
Als einer der ersten ist Benjamin Bugk aus Quickborn vor Ort gewesen. „Meine ganze Familie ist im Schützenverein, schon als kleiner Junge war ich hier dabei“, erzählt der 35-Jährige, der im Cowboy-Outfit vor seinem Zelt sitzt. Das teilt sich der Quickborner mit Ehefrau Janina (27), die er mit seiner Begeisterung für das Westerntreffen angesteckt hat und die als Indianerin seit Langem mit dabei ist. „Das Handy bleibt ausgeschaltet, es gibt kein Fernsehen und kein Internet. Das hier ist für uns Ruhe und Entspannung“, sagt der Quickborner.
Zwölf Tage verbringt das Ehepaar im Zelt. Auf einem kleinen Ofen wird morgens Kaffee gekocht, abends Essen warm gemacht. „Das ist ein bisschen wie in früheren Zeiten“, sagt Bugk. Doch auf ein wenig Komfort von anno 2017 wollen die Quickborner auch nicht verzichten. Sie haben ihr Gästebett mitgebracht und inklusive Lattenrosten und Matratzen für eine gemütliche Nachtruhe im Zelt aufgebaut.
Alles handgenäht – das Hobby ist ziemlich kostspielig
Heiko (56) und Karin Carstens (57) kommen aus Stockelsdorf bei Lübeck und sind seit 17 Jahren Stammgäste beim Westerntreffen. Sie symbolisieren die Siedler, die im 19. Jahrhundert in der Hoffnung auf billiges Land in Amerikas Westen ganze Landstriche bevölkerten. „Das Sonntagskleid, das ich trage, hat meine Mutter genäht“, sagt Carstens.
Sie und ihr Mann heben das Gemeinschaftsgefühl hervor, das die „Westernhelden“ von Quickborn eint. Auch viele Soldaten gehören dazu – natürlich keine echten. Aber ihre Uniformen, Waffen und Ausrüstungsgegenstände kommen dem nahe, was damals zur Verfügung stand. Ein durchaus kostspieliges Hobby, so sind etwa die Uniformen handgeschneidert und die Waffen meist teure Nachbauten. So präsentiert eine Gruppe den Nachbau eines Hinterladers, der im 19. Jahrhundert im amerikanischen Bürgerkrieg eingesetzt wurde. Doch auch echte Waffen werden abgefeuert, schließlich ist traditionell das Western- und Vorderladerschießen ein Bestandteil des Treffens, bei dem auch zahlreiche Händler ihre Stände aufschlugen.
Klaus-Jürgen Bruhn, Schatzmeister des Schützenvereins Quickborn-Renzel, schätzt die Zahl der nicht schießenden Teilnehmer auf 50 Prozent. „Wir kennen einander eigentlich alle, einer achtet auf den anderen“, erzählt er. Besonders am Pfingstwochenende sei die Zahl der Besucher, die sich das Treiben auf dem Zeltplatz angucken, stets sehr hoch. „Die Woche vor Pfingsten ist für uns die Zeit zum Entspannen.“
Schießen und mehr
Dass beim Auf- und Abbau und während des Zeltlagers alles friedlich zugeht, dafür sorgt Klaus-Dieter Will. Der 65-Jährige aus Hamburg-Schnelsen fungiert als Platzwart und trägt die Uniform eines Bürgermeisters der damaligen Zeit. „Meine Tochter ist Schuld daran, dass wir seit 15 Jahren alle herkommen“, sagt er. Die inzwischen 41-Jährige war einst beim Squaredance aktiv und trat beim Westerntreffen auf. „Da habe ich festgestellt, dass da alle einen Hackenschuss haben und ich sehr gut dazu passe“, sagt der 65-Jährige. Die ersten drei Jahre reiste die Familie mit dem Wohnmobil an, dann ging es ins stilechte Zelt.
Das verfügt über zwei Kammern. Rechts schlafen Klaus-Dieter Will und Ehefrau Karin, links Tochter Angelika Nolte und der Enkelsohn. In der Mitte stehen Sitzmöbel unter dem Zeltdach – und ein Ofen, falls es abends mal ein bisschen kühler wird. „Wir nehmen an vier bis fünf solcher Treffen im Jahr teil“, sagt Klaus-Dieter Will. Wo es am schönsten ist? Natürlich in Quickborn!