Wedel. AstraZeneca hilft in Wedel bedrohten Vogelarten. An einer Außenwand wurden Nistkästen für Falken, Dohlen und Kleiber angebracht.

Auf die Gestaltung des Firmengelände am Tinsdaler Weg in Wedel sind Chefs wie Mitarbeiter von AstraZeneca stolz. Flüsse und Teiche wurden naturnah angelegt, bieten so ein Zuhause für seltene Pflanzen und Tiere. Ausschließlich heimische Gewächse wurden gesetzt, die auch noch ausreichend Nahrung für Insekten bieten sollen. Zwei der sieben Hektar Firmengelände sind Grünfläche.

Etwas ganz Besonderes aber sind für die Wedeler Mitarbeiter des internationalen Pharmakonzerns die unscheinbaren braunen Kästen, die an der Außenwand eines Hochregallagers angebracht worden sind. In knapp 20 Meter Höhe können Turmfalken, Dohlen und Kleiber ihren Nachwuchs großziehen. Möglich macht das eine Kooperation von AstraZeneca mit dem Nabu.

Der erste Vogel ließ auf sich warten

Vier Jahre nach dem Start der Aktion ziehen die Akteure eine positive Bilanz. In vier der fünf Kästen herrscht rege Bruttätigkeit. „Die erfolgreiche Ansiedlung zeigt deutlich, dass auch auf einem Unternehmensgelände Platz für Natur geschaffen werden kann“, sagt Marco Sommerfeld vom Nabu. Er verweist auf die kontinuierlich sinkenden Bestände der heimischen Vogelwelt. „Wir freuen uns, dass wir mit den Nistkästen einen Beitrag zum Artenschutz leisten können“, sagt Volker Mehm, Beauftragter für Biodiversität bei AstraZeneca. Er ist der Herr über das Öko-Freigelände.

Nabu bringt Leben auf Firmengelände

Mit dem Projekt UnternehmensNatur will der Nabu Wege aufzeigen, wie Firmen durch die naturnahe Gestaltung und Pflege ihres Betriebsgeländes wertvolle Lebensräume für Tiere und Pflanzen schaffen können.

Der Naturschutzbund hat seine 2014 gestartete Initiative unter das Motto „Wir bringen Leben auf Ihr Firmengelände gestellt. Unternehmen können etwa auf ihren Freiflächen die Pflege extensivieren, Versiegelung minimieren, heimische Pflanzen und Gehölze verwenden, Nistkästen für Vögel und Insekten aufbauen sowie Wohnhöhlen für Fledermäuse bereitstellen.

Betriebsgelände sind aufgrund ihrer Größe von besonderer Bedeutung für die Stadtlandschaft. Unterstützt wird diese Arbeit von der Hamburger Stadtentwicklungsbehörde sowie der Handelskammer Hamburg.

www.NABU-Hamburg/UnternehmensNatur

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Anfangs wollte die Zielgruppe das neue Zuhause nicht recht annehmen. Im ersten Jahr blieben die Kästen leer. „Das ist etwas anderes als der Nistkasten, den man sich im eigenen Garten aufhängt“, sagt Sommerfeld, der nicht nur das Nabu-Artenschutzprogramm leitet, sondern auch Chef der Carl-Zeiss-Vogelstation nahe Fährmannssand ist. Die seltenen Vögel seien sensibel und wählerisch. Sie bräuchten ihre Zeit, bis sie bereit seien, ein neues Revier anzunehmen.

Dieses Turmfalkenweibchen brütet bei AstraZeneca
Dieses Turmfalkenweibchen brütet bei AstraZeneca © HA | Michael Rahn

Das Turmfalken-Paar bleibt in diesem Jahr hinter den Erwartungen der Experten zurück. Normal sind sechs bis sieben Junge, derzeit werden nur drei Eier ausgebrütet. Der Ornithologe sieht eine Verbindung zur Nahrungssituation der Raubvögel. „Das vergangenen Jahr war mäusearm“, sagt Sommerfeld.

Bei den Turmfalken herrscht übrigens strikte Arbeitsteilung. Während das Weibchen ausschließlich die Eier ausbrütet, ist das Männchen nur für die Nahrungssuche zuständig.

Neben dem Kasten des Turmfalken-Paares sind noch zwei Kästen von Dohlen besetzt worden. Einer blieb unbesetzt, und in dem fünften Kasten haben sich Mieter einquartiert, für die die Bleibe gar nicht vorgesehen war. „Man lernt nie aus“, sagt Sommerfeld schmunzelnd. Denn dieser vom Nabu-Experten für Dohlen vorgesehenen Nistkasten wurde von Kleibern besetzt. Die deutlich kleineren Vögel haben mit Nistmaterial die Öffnung so weit reduziert, dass nur noch sie hindurchschlüpfen können. Damit dort wieder die Dohlen eine Nistgelegenheit finden können, wurde zwei weitere Kästen mit kleineren, für Kleiber geeigneten Löcher aufgehängt. Die Verengung der bereits von der Sperlingsart genutzten Behältnisse wurde entfernt. Sommerfeld hofft, dass die Kleiber zum Umzug bereit sind.

Nabu-Mann hofft auf mehr umweltbewusste Betriebe

Außer AstraZeneca gibt es mit Möller-Wedel nur noch ein weiteres Unternehmen in der Rolandstadt, das mit dem Nabu zusammenarbeitet, um dem Nachwuchs bedrohter Vögeln eine Brutmöglichkeit zu geben. Durch die Modernisierung und Sanierung von Häusern würden den Tieren immer mehr Plätze genommen, an denen sie ihre Jungen großziehen könnten, sagt Marco Sommerfeld. In Wedel stehen einige Neubauprojekte an, und bei den Planungen könnte das Vogelschutzprojekt integriert werden. „Politiker scheuen sich oft, Forderungen an die Investoren zu stellen“, sagt der Nabu-Fachmann. Die Umsetzung sei jedoch relativ einfach. Brutkästen kosten zwischen 20 und 125 Euro.

Das viele Grün rund um die AstraZeneca-Gebäude sei nicht nur gut für die Tiere und Pflanzen, betont Julia Rasche, Pressesprecherin des Unternehmens. Es werde auch als positiv von den Mitarbeitern empfunden, und manche nutzten ihre Pausen, um sich draußen zu erholen und wieder zu stärken.