Quickborn. Zahlreiche Pferde sollen sich an Pfosten des neuen Bauwerks in Quickborn verletzt haben. Doch wer ist schuld? Darüber streiten sogar die Reiter.
Was steht in Quickborn, ist himmelblau und sticht aus dem satten Grün rundherum hervor? Es ist die neue Aluminiumbrücke im Himmelmoorweg, die seit etwa zwei Wochen von Fußgängern, Radlern und Reitern genutzt werden kann. Nachdem ihre Vorgängerin Anfang 2016 abgerissen werden musste, führte zwischenzeitlich nur noch die zweite Brücke in der Himmelmoorchaussee über die Pinnau ins Naherholungsgebiet.
Damit ist nun endlich Schluss. Doch statt einhelliger Begeisterung über die neue Brücke machte sich nach einem ersten Praxistest schnell Unmut unter einigen Reitern breit. Zu schmal die Brücke, zu hohl der Klang, zu wenig Platz an beiden Enden, die durch rot-weiße Poller begrenzt sind – und damit zu gefährlich, lautete ihr Urteil. Seitdem trennt das Bauwerk die Reitergemeinde Quickborns in die Fraktion, deren Pferd bisher keine Probleme beim Betreten hatte, und diejenigen mit einem verletzten oder traumatisierten Tier.
Zu Letzteren zählt Antje Vorstheim, Besitzerin des laut eigener Aussage tipptopp ausgebildeten Hannoveraner Rappen Serafino. „Wir haben uns alle erst sehr gefreut“, sagt die Vielseitigkeitsreiterin. „Wir wissen ja auch, dass die andere Brücke bald abgerissen wird, dann haben wir nur noch diese.“
Metallstangen machen einem Teil der Reiter Sorgen
Als sie dann aber auf dem Rücken von Serafino im Himmelmoorweg zwei Reitern begegnet sei, die sie vor der neuen Brücke gewarnt hätten, habe sie sich gewundert. Sie solle unbedingt vor Betreten absitzen und die Steigbügel hochnehmen, um nicht an den davor installierten Metallstangen hängenzubleiben. Erst nahm sie das nicht ernst. „Doch dann sah ich andere auch absteigen und dachte, dann machst du das besser auch mal.“ Durch den Engpass zwischen den Pollern ließ sich das Tier noch problemlos führen. Doch als ein Hund aus dem Wasser kam, machte ihr großes Pferd einen Schritt zur Seite - und verletzte sich die Innenflanke an einem Poller. „Wäre er nicht schon ein Wallach, wäre er es spätestens jetzt gewesen“, ist sich Vorstheim sicher.
Ein kleineres Pferd hätte die Stange vielleicht im Bauch gehabt, mutmaßt sie. Was passiert wäre, wenn der Wallach mit seinen 700 Kilogramm an der belebten Brücke durchgegangen wäre, mag sie sich gar nicht vorstellen. „Es ist so schmal, da waren viele Fußgänger, daran kamen wir nicht vorbei.“ Die versierte Reiterin schaffte es, ihr verschrecktes Pferd trotz Verletzung auch noch durch die zweite Verengung nach der Brücke zu führen, denn an ein Drehen sei aufgrund des Platzmangels nicht zu denken gewesen. Ein zweites Mal möchte sie das allerdings nicht mehr ausprobieren.
Sabine Holdorf hat ähnliche Erfahrungen gemacht, als sie mit einer Gruppe samt fünf Ponys und Pferden die Brücke zu überqueren versuchte. Während zwei Shetlandponys die Brücke problemlos passierten, stieß ihr großer Holsteiner Chrissy beim Erkunden des blauen Bauwerks beim Drehen im Rückwärtsgang ebenfalls an einen der Poller und verletzte sich am Hinterlauf. „Natürlich kann ich ein Pferd trainieren, aber meines hing zwischen Brücke und Pfeilern fest - und mit einem hysterischen Pferd an der Leine habe ich dort keine Möglichkeit auszuweichen“, gibt sie zu bedenken.
Je pferdefreundlicher man die Brücke aufmache, umso mehr laufe man Gefahr, dass Autos die für sie nicht freigegebenen Überführung nutzten, sagt Bauamtsleiter Uwe Scharpenberg dazu. Kritik, Reiter seien bei der Planung nicht einbezogen worden, erteilt er eine deutliche Absage. „Ich werde mit Sicherheit auch vor der nächsten Brücke nicht durch Quickborn laufen und fragen, wer hat Lust, da mitzureden.“ Für Vorschläge sei er aber offen.
Bei der technischen Abnahme der Brücke am Mittwoch sei ein Ausführungsfehler der verantwortlichen Firma bezüglich der Pfosten festgestellt worden, gibt er zu. Auf jeder Seite sei daraufhin jeweils ein Poller entfernt und der verbliebene mittig gesetzt worden. Auf die verletzten Pferde angesprochen, sieht er die Verantwortung bei den Reitern. „Es ist meistens sowieso das andere Ende der Leine, wo das Problem sitzt“, sagt Scharpenberg. Das sieht auch Hans-Ulrich Plaschke von der Reitervereinigung Reitregion Quickborn so. Wer mit der Brücke nicht klarkomme, solle eben einen anderen Weg nehmen. Offensichtlich gebe es ja Reiter, die damit umgehen könnten, sagt er. Dann lässt er Reiterin Julia Selk vor Ort demonstrieren, dass sie mit ihren zwei Ponys problemlos die Brücke überqueren kann, Ergebnis von Training und einer gefestigten Verbindung zum Pferd, sagt Selk.
Regeln für Reiter
Dem widerspricht Reitlehrerin Veronika Perwo: „Enpässe und verschiedene Untergründe kann man üben, aber es bleiben immer ein unkalkulierbarer Außenreiz und die Instinkthaftigkeit, die eine Fluchtreaktion zur Folge haben kann.“ Ihre Stute habe sich die Seite an einem der Poller verletzt, ein weiteres Pferd am Sprunggelenk. „Viele drehen ja vorher schon um.“ Die vielen Pferdeäpfel um die Brücke herum seien ein Zeichen vom Stress der Tiere, so Antje Vorstheim, die auch nach der Entfernung zweier Poller keine Besserung der Situation erkennen kann.
Einzige Lösung nach Meinung der Kritiker: ein Stein mit Reflektoren anstelle der Pfosten und eine Vergrößerung des Abstands zur Brücke. Vorstheim überlegt indessen, welche Alternativen ihr nach Abriss der zweiten Brücke bleiben. Zum Moor führe dann nur ein Umweg von mehr als einer Stunde über große Straßen.