Barmstedt. Eine Gelbwangen-Schmuckschildkröte aus den USA lebt jetzt im Rantzauer See und bedroht die dort lebenden Amphibien.

Der Rantzauer See in Barmstedt ist um eine Attraktion reicher. Dort lebt jetzt eine sogenannte Gelbbauch- oder auch Gelbwangen-Schmuckschildkröte. Das ist eine Wasserschildkröte, die sonst nur in den ruhigen Gewässern der Oststaaten Virginia oder Florida in den USA vorkommt. Spaziergänger haben sie entdeckt und der Wildtierstation Hamburg-Schleswig-Holstein in Klein Offenseth-Sparrieshoop gemeldet. Deren Leiter Christian Erdmann sagt: „Das exotische Tier wird dort ausgesetzt worden sein.“

Offenbar fühlt es sich in der neuen Umgebung recht wohl. Am Montagvormittag hatte das etwa 30 Zentimeter große Tier mitten im Mühlengraben, zwischen Wassermühle und Schlossinsel einen Baumstamm erklommen, auf dem es sich in aller Ruhe sonnte. Erdmann, der eigens einen Kescher mitgebracht hatte, um es einzufangen, konnte es vom Ufer aus nicht erreichen. Jetzt will er es bis zum Herbst einsammeln. „Sonst haben wir möglicherweise keine Frösche mehr im Rantzauer See.“

Christian Feldmann von der Wildtier- Auffangstation Sparrieshoop
Christian Feldmann von der Wildtier- Auffangstation Sparrieshoop © Burkhard Fuchs | Burkhard Fuchs

Denn eine Gelbwangen-Schmuck-schildkröte sei sehr gefräßig und ernähre sich vor allem von Kaulquappen, Fröschen, Kröten und sogar kleinen Enten, sagt der Zootierpfleger. Somit könnten in absehbarer Zeit die Amphibien in und um den Rantzauer See erheblich dezimiert werden – insbesondere dann, wenn sich die Schildkröte vermehrt, sollte ein Artgenosse ausgesetzt werden.

Es handele sich beim Exemplar im Rantzauer See eindeutig um ein Weibchen, hat Erdmann an der Größe des Schwanzes und der Zeichnung am Körper erkannt. „Ein ausgewachsenes Tier, das etwa sieben bis zehn Jahre alt ist.“

Selbst den norddeutschen Winter könnte sie überstehen, vermutet Erdmann. Die Schildkröte müsste sich nur in den morastigen Boden am Grund des Sees einbuddeln und würde dort bis zum März eine Art Winterschlaf halten. Auch einige Besucher wunderten sich am Montag über die in der Sonne sich räkelnden Schildkröte und fragten, ob Erdmann sie nun gleich einfangen wolle, was dieser verneinte. Es sei bestimmt dasselbe Tier, das zuvor im Rantzauer See gesehen wurde. Das Tier könne ohne weiteres zwischen Mühlengraben und See hin- und herlaufen und einen Kilometer am Tag zurücklegen, erklärt der Wildtierexperte. Mühlenbetreiber Björn Mohr hat bereits vor drei, vier Jahren eine Schildkröte am Rantzauer See entdeckt. Ob es dieselbe wie die jetzt aus den USA war, konnte er allerdings nicht mit Sicherheit sagen.

Bis zu 60 Jahre alt

Die Gelbwangen-Schmuckschildkröte könne bis zu 60 Jahre alt werden, sagt der Zootierpfleger Christian Erdmann von der Wildtier-Auffangstation in Sparrieshoop. Sie hat ihren Namen nach der gelben Farbe ihres Bauchpanzers.

Männchen werden etwa 15 Zentimeter, Weibchen wie die in Barmstedt meist bis zu 25 Zentimeter groß. Manche werden bis zu 40 Zentimeter groß.

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Für den Zootierpfleger Erdmann sind die zunehmend hier in der freien Natur auftauchenden exotischen Tierarten eine Folge der Globalisierung. So seien die Wollhandkrabben aus China auch über den internationalen Güterverkehr hier eingeführt worden. Erschwerend komme hinzu, dass private Reptilienbörsen diese an sich hier fremden Tierarten auf dem Markt „verramschen“ würden. „Dieser Exotenhandel muss gestoppt und verboten werden“, fordert Erdmann. „Das ist ein Freibrief für Gangster, die damit nur Geld verdienen wollen.“

Hiesigen Tierliebhabern rät er, die Hände von exotischen Arten zu lassen. auch weil diese die meisten Halter überfoordere. Denn auch in diesem Fall der Gelbwangen-Schmuckschildkröte sei das Tier dem ursprünglichen Halter vermutlich zu groß geworden. Dabei warnt der Deutsche Tierschutzverband im Internet: „Schmuckschildkröten werden sehr groß – die im Handel niedlich klein angebotenen Tiere wachsen schnell auf bis zu 40 Zentimeter Panzerlänge heran.“ Darum „sollten sie nicht als Haustier gehalten werden“.

Offenbar machen sich viele sogenannte Tierfreunde darüber keinerlei Gedanken. Jedes Jahr nehme seine Station in Sparrieshoop 1800 Wildtiere auf, darunter viele einheimische, aber auch exotische Arten wie Würgeschlangen oder Weißbüscheläffchen aus Südamerika. Vom Ordnungsamt werde diese Aufnahme nur einen Monat lang finanziell unterstützt, sagt Erdmann. „Wir bleiben oft auf den Kosten sitzen und bekommen nicht einmal Fördergeld von den beiden Bundesländern.“