Schenefeld. Webshop meinherzschlag.de ist im Marktführer für „boarische Geschenkideen“ – und wird von Exil-Bayer von Schenefeld aus geführt.

Daniel Wildfeuers Herz schlägt für Bayern. Und das gleich in mehrfacher Hinsicht: Er ist Ur-Bayer, glühender Fan des FC Bayern und betreibt unter dem Namen Mein Herzschlag.de einen Online-Shop für bayerische Geschenkideen. Kleiner Schönheitsfehler: Der 34-Jährige wohnt in Pinneberg und versendet seine weiß-blauen Artikel von Schenefeld aus.

Wie es dazu kommen konnte? „Natürlich einer Frau zuliebe“, sagt Wildfeuer. Die heißt Annika – und ist als Hamburgerin waschechte Norddeutsche. Bereits vor 18 Jahren lernte sich das Paar, das damals mehr als 800 Kilometer trennte, über das Internet kennen. „Ich hatte mit meinen Eltern häufiger in der Nähe seines Wohnortes Urlaub gemacht, sodass gleich eine Verbindung da war“, erzählt Annika Wildfeuer. Vier Jahre später, beide waren 20 Jahre alt, trafen sie sich erstmals persönlich. „Ich war gleich hin und weg“, sagt die heute 34-Jährige. Das beruhte auf Gegenseitigkeit – und so begann eine Nord-Süd-Beziehung, bei der inzwischen der Norden dominiert.

Der bayerische Nachwuchs bekommt sein erstes Brotzeitbrettl
Der bayerische Nachwuchs bekommt sein erstes Brotzeitbrettl © HA | Arne Kolarczyk

Das war nicht immer so. „Zuerst haben wir eine Fernbeziehung geführt, dann habe ich sieben Jahre bei ihm in Bayern gewohnt“, sagt Annika Wildfeuer. Im Bayerischen Wald wurde geheiratet – und 2011 auch Sohn Fabian geboren. Das Leben auf dem Dorf, wo jeder jeden kennt und es keine Geheimnisse gibt – für die 34-Jährige war das nichts. „Ich hatte Sehnsucht nach meiner Familie, wollte zurück.“ Und so landeten die Wildfeuers Ende 2013 im Norden. „Ich bin auf dem Dorf aufgewachsen, in die Stadt wäre ich nie gezogen“, so Daniel Wildfeuer. Als Wohnort-Kompromiss einigte man sich auf Pinneberg.

Mit umgezogen von Süd nach Nord ist der Online-Shop. Das passt irgendwie – denn die Geschichte des kleinen Unternehmens hat 2012 auch in Hamburg begonnen. „Ich hatte damals eine Facebookseite namens ,Mei Herz schlogt boarisch’ eingerichtet“, erzählt der gelernte Fachinformatiker.

Alles begann mit einem begehrten Aufkleber

Weil die Seite immer mehr Fans gewann, sei er auf die Idee gekommen, diesen Spruch auf einen Aufkleber zu drucken und zu verkaufen. 250 Stück wurden bestellt und mit in den Urlaub zu den Schwiegereltern nach Hamburg genommen. „Ich hab’ gedacht, ein paar Bestellungen werden wohl kommen. Stattdessen habe ich zwei Wochen lang am Esstisch gesessen und Aufkleber eingetütet.“ Schon in der ersten Woche gingen 1000 Bestellungen ein. Der Urlaub war ruiniert, aber eine Geschäftsidee geboren. Im August 2012 schaltete Wildfeuer den selbst programmierten Shop online. Was mit einem Mini-Sortiment im heimischen Wohnzimmer begann, belegt heute am Schenefelder Osterbrooksweg 700 Quadratmeter. Und die mehr als 45.000 Pakete, die im Jahr anfallen, können die Wildfeuers nicht mehr selber packen und zur Post bringen. Der Online-Shop beschäftigt – das Gründerehepaar mitgerechnet – zehn Mitarbeiter. Der einzige Bayer ist der Chef.

Dieses Leberkäse-Brötchen ist nicht zum reinbeißen, sondern eine Seife
Dieses Leberkäse-Brötchen ist nicht zum reinbeißen, sondern eine Seife © HA | Arne Kolarczyk

Aus den 40 Euro, die der 34-Jährige in den Kauf der ersten Aufkleber investierte, ist heute ein jährlicher Umsatz jenseits der Millionengrenze geworden. 600 Produkte umfasst das Sortiment des Online-Shops, der nach eigene Angaben deutschlandweit Marktführer ist. Vom Kaffeebecher mit bayerischem Aufdruck wie „Bratzn weg! Des is mei Kafää! (Finger weg, das ist mein Kaffee) über Luftmatratzen in Brezel- oder Weißwurstform und Babystramplern mit bayerischen Motiven bis hin zu einer Quietsch-Leberkäs-Semmel für Hunde ist alles dabei. Die Leberkässemmel gibt es übrigens auch als Seife. „Ich war auf einer Geschenkartikelmesse, habe den Seifenhersteller kennengelernt und ihn fragt, ob er eine Leberkässemmel als Seife hinkriegt“, so Wildfeuer. 90 Prozent seiner Produkte seien Eigenkreationen. „Wir handeln nicht mit typischen Souvenirs für Touristen, sondern mit ausgefallenen Geschenkideen.“

Die lagern in Appen sowie in der Schenefelder Zentrale in großen Regalen – und werden von den norddeutschen Mitarbeitern verschickt. „Anfangs war ich in Sorge, ob das klappt. Die Bayern sind da sehr eigen, da kann schnell der Eindruck entstehen, dass ein Preuße auf Bayern macht.“ Um das zu verhindern, hat Wildfeuer seine Lebensgeschichte auf der Webseite offengelegt und seine Firma Exilbayer GmbH getauft. „Mittlerweile ist das zu unserem Erkennungsmerkmal geworden.“

Und mittlerweile hat sich auch der Ur-Bayer im Norden eingelebt. „Mit den Schiffen und dem vielen Wasser ist das sehr schön hier. Was mir natürlich fehlt, sind die Berge.“ Und auch die bayerische Küche vermisst der 34-Jährige. Immerhin hat sich der Imbiss neben dem Firmengebäude auf den ungewöhnlichen Kunden eingestellt und Leberkäse auf den Speiseplan genommen.

Fehlgeschlagen ist der Versuch, norddeutsches Flair in den Schenefelder Bayern-Shop zu bringen. „Wir haben einmal einen bayerischen T-Shirt-Spruch auf Norddeutsch umgedichtet.“ Das Produkt erwies sich als Ladenhüter – und brachte Wildfeuer zur Einsicht: „Ich weiß einfach nicht, was Norddeutschen gefällt.“ Und so konzentriert sich der 34-Jährige lieber auf neue, erfolgreiche Produkte für seine „Bazis“, fährt mit der Familie mindestens zweimal im Jahr nach Bayern in den Urlaub und gibt seine Liebe für den deutschen Fußball-Rekordmeister an den Sohnemann weiter.