Elmshorn/Itzehoe. Elmshorns Kripo-Chef sagt gegen suspendierten Ermittler aus, der es mit den Vorschriften nicht so genau genommen haben soll.

Zwei Welten prallten am Mittwoch vor dem Landgericht Itzehoe aufeinander. Auf der Anklagebank Michael G. (59), Kriminalhauptkommissar und langjähriger Leiter der Ermittlungsgruppe Rauschgift der Kripo Elmshorn. Der Prototyp eines eher unorthodoxen, unkonventionellen Ermittlers, wie man sie aus Fernsehserien oder Büchern kennt. Als Zeuge geladen: Dietmar Engelhorn (56), Leiter der Kripo Elmshorn, ein Sinnbild für Ordnungsliebe mit Hang zur Pedanterie.

Seit Februar 2013, als Engelhorn den Chefposten der Kripo-Außenstelle Elmshorn übernahm, trafen beide täglich zusammen -- und das ging nicht lange gut. Seit 2014 ist Michael G. vom Dienst suspendiert und muss sich nun im Berufungsverfahren wegen angeblich schlampigen Umgangs mit Beweismaterial vor Gericht verantworten. Auch illegalen Drogenbesitz wirft die Staatsanwaltschaft dem 59-Jährigen vor, weil geringe Mengen Heroin und Marihuana in seinem Büroschrank entdeckt wurden, die man keinem aktuellen Fall zuordnen konnte.

"Unordnung im Büro des Ermittlers"

Die Ermittlungen gegen den Untergebenen hatte Engelhorn ins Rollen gebracht. Der zitierte vor Gericht Erlässe und Leitfäden der Ermittlungsarbeit, erläuterte Dokumentationspflichten und wie Standardabläufe aussehen. Alles Dinge, die G. nicht so genau genommen hben soll. „In seinem Büro herrschten Unordnung und Durcheinander“, so Engelhorn. Er sei schnell zum Eindruck gelangt, dass „Herr G. bei der sachgerechten Aufgabenwahrnehmung erhebliche Defizite“ aufweise. „Bei ihm herrschte ein Schlendrian, ein Laisser-faire-Verhalten dienstlichen Bedingungen gegenüber.“

Asservate hätten lose im Büro des Untergebenen herumgelegen, statt sich sachgerecht verpackt und katalogisiert im Asservatenraum zu befinden. „Nach meiner Bewertung lagen Gegenstände lange Zeit unbearbeitet rum.“ G. habe einen Berg Überstunden angehäuft, ohne sie zu begründen und zu dokumentieren. Engelhorn: „Ich erwarte, darüber Bericht erstattet zu bekommen. So konnte ich nicht nachvollziehen, wie die Überstunden entstanden sind.“

Beweismittel und Akten verschwunden?

Eine Überlastung seines Untergebenen, wie dieser es vor Gericht anführte, habe er nicht feststellen können. G. habe sich an Ermittlungsverfahren festgeklammert, die „viel früher taktisch hätten beendet werden müssen“, so der Kripo-Chef. Er habe bis spät abends in der Dienststelle gesessen und versucht, Vorgänge der Ermittlungsgruppe Rauschgift nachzuvollziehen. „Mir sind viele Umstände aufgefallen, die ich an die Staatsanwaltschaft weitergeleitet habe“, so Engelhorn weiter. Er habe das Verhalten seines Untergebenen in mehreren Fällen als Strafvereitelung im Amt bewertet.

Von diesem Anklagepunkt war G. freigesprochen worden. Im Berufungsprozess wird ihm vorgeworfen, Joggingkleidung einer Frau, die Opfer eines Sexualdeliktes geworden war, nicht zur kriminaltechnischen Untersuchung weitergeleitet zu haben. „Später ergab sich, dass die Bekleidung verschwunden ist“, so Engelhorn. In einem anderen Fall verschwand die komplette Akte eines Raubdeliktes. Zudem soll G. den Vorgang im elektronischen System als erledigt ausgetragen haben, obwohl die Staatsanwaltschaft noch nicht über die Verfahrenseinstellung entschieden hatte. Dort kam die Akte nie an. Engelhorn: „Wenn nicht später ein Schreiben der Versicherung eingegangen wäre, wäre der Vorgang nie wieder aufgetaucht.“

Der Angeklagte rechtfertigt sich

G. hatte behauptet, die Bekleidung sei während eines Umzugs seines Büro abhanden gekommen, die Kollegen in seiner Abwesenheit erledigt hätten. Die Akte des Raubdelikts habe er in der Geschäftsstelle abgegeben, die sie an die Staatsanwaltschaft schicken sollte. Die Austragung aus dem System sei versehentlich erfolgt. Der Prozess wird am 7. Juni fortgesetzt.