Kreis Pinneberg . Nach der Affäre um Gehaltserhöhungen für früheren Klinikchef will die Kreispolitik Schadensersatz. Die Frage ist aber, wer klagen kann.
Die Kreispolitik sei sich einig, fasst Heike Beukelmann (CDU) das Ergebnis der Beratung von Mittwochabend zusammen: „Wenn es möglich wäre, wollen wir gegen Ex-Landrat Grimme Klage erheben.“ Doch die Rechtsabteilung der Kreisverwaltung hat dem Hauptausschuss in nichtöffentlicher Sitzung erläutert, dass nicht der Kreis, sondern die Regio Kliniken den Schaden davontrugen, als der frühere Landrat Wolfgang Grimme als Aufsichtsratschef des kreiseigenen Klinikbetriebes im Alleingang dem damaligen Klinikchef Alexander Schlick dreimal in den Jahren 2006 bis 2008 das Gehalt von zunächst 130.000 auf 192.000 Euro brutto im Jahr erhöhte. Dafür ist Grimme inzwischen vom Amtsgericht Elmshorn wegen Untreue zu einer elfmonatigen Freiheitsstrafe auf Bewährung verurteilt worden.
Darum hat der Hauptausschuss jetzt einmütig entschieden, die Geschäftsführung der Regio Kliniken aufzufordern, inständig zu prüfen, ob sie den veruntreuten Schaden von insgesamt 160.000 Euro von Grimme zivilrechtlich einfordern will.
Oberstaatsanwalt Henning Hadeler von der für Korruption zuständigen Staatsanwaltschaft Kiel, die Grimmes Verurteilung angestrebt hat, ist da anderer Auffassung als die Rechtsabteilung des Kreises. „Letztendlich war es der Kreis Pinneberg als Träger der Kliniken, der diesen Schaden zu tragen hatte.“ Daraus begründete sich auch die Bewährungsauflage, zu der Grimme zusätzlich verurteilt wurde. Denn er muss drei Jahre lang monatlich 600 Euro an den Kreis Pinneberg, nicht etwa an die Regio Kliniken zurückzahlen. Dies sei, wie bei Strafverfahren üblich, nicht der komplette entstandene Vermögensschaden. Ob er die restlichen rund 140.000 Euro im Rahmen einer Zivilklage von Grimme einfordern will, müsse der Kreis Pinneberg in seiner Zuständigkeit selbst entscheiden, so der Oberstaatsanwalt Hadeler am Donnerstag auf Abendblatt-Anfrage.
Als alleiniger Gesellschafter der Regio Kliniken musste der Kreis Pinneberg auch für den Betriebsverlust von 22,2 Millionen Euro allein in den beiden Jahren 2008/09 aufkommen. Zudem konnte Geschäftsführer Schlick nur im Jahr 2008 die Personalkosten um mehr als zehn Millionen Euro (16 Prozent) aufblähen.
Noch ein weiterer Punkt ist unklar. So könnte ein Teil des entstandenen Schadens bereits verjährt sein, stellte das Rechtsamt des Kreises dem Hauptausschuss dar. Das müsse eingehend geprüft werden, rät Oberstaatsanwalt Hadeler. „Das liegt allein in der Hand des Kreises.“ Zivilrechtliche Ansprüche verjährten nach drei und 30 Jahren. Sogenannte deliktische Ansprüche wie in diesem Fall lägen aber eher im Bereich der 30 Jahre. Dazu noch mal Hauptausschussvorsitzende Beukelmann: „Wenn es geht, müssen wir es machen.“ Die Frage laute nur, was machbar sei. „Schließlich arbeiten wir mit dem Geld des Steuerzahlers.“
Die Geschäftsführung der Regio Kliniken, die seit 2010 zu 75 Prozent dem Sana-Konzern gehören, wollte auf Nachfrage keine Stellungnahme dazu abgeben.