Hemdingen. In unserer Serie Steinalt stellen wir die ältesten Gebäude der Kommunen im Kreis vor. Heute: die Wickhorst-Kate in Hemdingen.

Es war ihr Traum. Egal ob ein altes Fachwerkhaus oder eine historische Mühle – das Haus von Reiner Stahl und Iris Beckmann sollte alt sein, eine Geschichte und Charakter haben. Nach eineinhalb Jahren suchen und Häuser besichtigen, fand Beckmann schließlich ein interessantes Inserat im Internet. Mit dem ältesten noch original erhaltenden Gebäude von Hemdingen hatte das Ehepaar ihre gewünschte Immobilie endlich gefunden. „Es ist ein absolutes Unikat“, sagt Iris Beckmann. „In einem Neubau würden wir uns nicht wohlfühlen.“

Im September 2007 sahen die gebürtigen Hamburger ihr zukünftiges Zuhause zum ersten Mal. Es war Liebe auf den ersten Blick. Obwohl das Gebäude, auch bekannt unter dem Namen Wickhorst-Kate, von außen an einigen Stellen zugewachsen und von innen dunkel und zugestellt war, hatten die heutigen Eigentümer eine Vision.

Die neue weiße Decke wurde geöffnet, damit ein Stück der uralten Eichendecke zu sehen bleibt
Die neue weiße Decke wurde geöffnet, damit ein Stück der uralten Eichendecke zu sehen bleibt © Sarah Stolten | Sarah Stolten

„Wir hatten das Gefühl, dass es so werden kann, wie wir es haben wollten“, sagt Reiner Stahl. Nach der ersten Besichtigung kam das Ehepaar einen Monat später noch einmal nach Hemdingen und nahm Maß. Denn Stahl und Beckmann sind Experten, sie Architektin und er Bauingenieur. Die Kate sollte ihr Meisterwerk werden. Sie fertigten Skizzen an und erstellten einen finalen Entwurf. „Wir haben sofort Kontakt zum Denkmalschutz aufgenommen“, sagt Beckmann. „Voraussetzung für den Hauskauf war, dass wir es von innen verändern durften.“ Den Zuständigen von der Denkmalschutzbehörde gefielen die Pläne des Ehepaars. „Wir haben nichts ohne Absprache gemacht, das war uns von Anfang an sehr wichtig“, so die Architektin.

Die Wickhorst-Kate stand schon kurz vor dem Abbruch

Im Eiltempo ließen die Hamburger ihr neues altes Haus umbauen. Nach dreieinhalb Monaten war alles so weit fertig, dass die beiden ihre Kartons packen und nach Hemdingen ziehen konnten. Durch die Baumaßnahmen wurde das Haus zur architektonischen Kostbarkeit. Die jetzige Raumaufteilung spiegelt den Zeitgeist von damals wider. „Uns war es wichtig, alte Dinge mit modernen homogen zu kombinieren“, sagt Beckmann. „Es wurde sozusagen ein modernes mittelalterliches Zweizimmer-Loft.“ Vieles ist aus früheren Zeiten an dem Haus erhalten geblieben. Das Ständerwerk ist noch original, genauso wie das Dach und die jahrhundertalte dunkle Eichendecke.

Die heutigen Eigentümer kombinieren alte und neue Möbelstücke im Haus miteinander
Die heutigen Eigentümer kombinieren alte und neue Möbelstücke im Haus miteinander © Sarah Stolten | Sarah Stolten

„Wir wollten das Alte schützen und nicht verstecken. Es gehört zum Haus dazu“, so die Eigentümerin. Spontan kam der Architektin die Idee, eine weiße Gipsdecke unter die alte zu setzen und an den drei historischen Schwibbögen zu öffnen, sodass diese betont werden. „Wir haben die neue Decke geöffnet, damit das Historische sichtbar bleibt.“ Die Eigentümer davor hätten zehn Jahre lang nicht viel an der Kate gearbeitet, so Beckmann. „Es ist erst durch unseren Innenausbau ein großer lebendiger Raum geworden.“

Das Ehepaar ist bis heute von der Geschichte ihres Hauses beeindruckt. „Wenn man überlegt, dass schon vor über 300 Jahren hier Menschen gelebt haben“, sagt sie. „Und dann auch noch unter schweren Bedingungen. Ohne fließend Wasser, nur mit Kerzen und einen Brunnen“, ergänzt Ehemann Stahl.

Das Haus wurde vermutlich im 17. Jahrhundert gebaut

Nach der Bauart zu beurteilen, wurde die alte Kate kurz nach dem Dreißigjährigen Krieg gebaut. Die alte Räucherkate ist ein Fachhallenhaus mit einer ehemaligen Diele in der Mitte und Viehständen an den beiden Seiten. Kälber, Schweine und Pferde wurden in dem Haus mit untergebracht.

Die Bauernfamilie konnte sich selbst versorgen. Links vom Viehstall befand sich die Kammer der Knechte. Die sogenannte „Blangendöör“ hatten einen Zugang zum Brunnen und in den Garten. Die „Grootdöns“ mit Wandbetten war das Schmuckstück des Hauses und wurde vom Ofen in der Küche aus beheizt.

Unsere Serie

Bauernhäuser, Kirchen oder auch ein Schloss , das eigentlich gar keines ist. Unsere Serie „Steinalt“, in der wir das jeweils älteste Gebäude einer Kommune vorstellen, bringt immer wieder spannende Details aus der Geschichte der Region zutage.

Bereits erschienen sind 37 Folgen. So haben wir über Appen, Barmstedt, Bilsen, Bönningstedt, Bokel, Bokholt-Hanredder, Borstel-Hohenraden, Brande-Hörnerkirchen, Bullenkuhlen, Haselau, Ellerhoop, Groß Nordende, Haseldorf, Hasloh, Heede, Heist, Holm, Klein Offenseth-Sparrieshoop, Kummerfeld, Lutzhorn, Moorrege, Neuendeich, Osterhorn, Pinneberg, Prisdorf, Quickborn, Raa-Besenbek, Rellingen, Schenefeld, Seester, Seestermühe, Seeth-Ekholt, Tangstedt, Tornesch, Uetersen, Wedel und Westerhorn berichtet. Heute kommt der Serienteil aus Hemdingen dazu.

In der nächsten Woche pausiert unsere Serie wegen des Maifeiertags. Die nächste Folge lesen Sie am Montag, 8. Mai. Dann stellen wir die das älteste Haus in Halstenbek vor

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Das Haus befand sich bereits in einem verfallen Zustand, als der Gebäuderetter Jan Wallraf Ende des 20. Jahrhunderts auf die Kate aufmerksam wurde. Der ehemalige Besitzer setzte sein Können als Restaurator ein, um aus dem verkommenen historischen Gebäude wieder eines mit Zukunft zu machen. Auch ihm ist es somit zu verdanken, dass in der Gemeinde Hemdingen heute noch solch ein Denkmal aus damaliger Zeit steht.