Kreis Pinneberg. Zum Welttag des Buches empfehlen hiesige Buchhändler, was Sie lesen sollten. Der Pinneberger Bücherwurm feiert 70. Geburtstag.
Bundesweit feiern Buchhandlungen, Verlage, Bibliotheken, Schulen und Lesebegeisterte am UNESCO-Welttag des Buches am 23. April ein Lesefest – auch im Kreis Pinneberg. Mit dem Tag soll für das Lesen, für Bücher und für die Rechte ihrer Autoren geworben werben.
Einen weiteren Grund zum Feiern hat das Team vom Bücherwurm in Pinneberg. Das Traditionsgeschäft an der Dingstätte feiert seinen 70. Geburtstag – mit zahlreichen Aktionen. Der Höhepunkt ist die Lesung von Feridun Zaimoglu aus seinem Luther-Roman „Evangelio“. „Passend zum Lutherjahr und 500 Jahre Reformation haben wir uns anlässlich dieser Jubiläen einen besonderen Autoren eingeladen“, sagt Buchhändlerin Lena Rahlf. Für sie ist Zaimoglu einer der besten Schriftsteller Schleswig-Holsteins.
Auf eine lange Tradition blicken Antje Schirmer und Anke Marckmann, die Geschäftsführerinnen des Bücherwurm, zurück. „Traute Roder, die in den letzten Kriegsjahren aus Danzig nach Pinneberg geflüchtet war, gründete 1947 den Bücherwurm zunächst als Leihbücherei“, sagt Anke Marckmann. „Im Tausch gegen Gemüsesaat erhielt sie Buchspenden von Pinneberger Einwohnern.“ Zusammen mit ihren eigenen Büchern hatte Roder einen Grundbestand von 500 Titeln, die sie in der Dingstätte 17 auf 13 Quadratmetern anbot. Mehrere Male zog das Geschäft innerhalb der Dingstätte um.
Empfehlungen der Buchhändler aus der Region
Abenteuerroman: „Dieser Abenteuerroman ist eine moderne Robinsonade und schildert ein junges Paar – Louise und Ludovic – auf einer Segeltour, das bei Sturm vor Kap Horn auf einer einsamen Insel strandet. Das Segelschiff reißt sich vom Anker los, und nun sind beide auf sich allein gestellt. Es beginnt der Überlebenskampf bei eisiger Kälte... Die Autorin nimmt uns mit bei den Fragen: Wer ist schuld an der Situation? Wie überleben wir? Wann und wie können wir mit Hilfe rechnen? Was wird aus der Liebe in dieser Extremsituation? Fragen, die jeder Leser vielleicht für sich selbst beantworten sollte. Die Autorin weiß, worüber sie schreibt, sie hat 1991 als erste Frau allein im Rahmen einer Regatta die Welt umsegelt. Ein wirkliches Ausnahmebuch!“
Isabelle Autissier: Herz auf Eis, mare Verlag, 22 Euro
Kriminalroman: „Diese meisterhaft gewobene Spurensuche nach den Ursachen der Tragödie um die Zwillinge Remo und Romulo zieht den Leser Seite um Seite tiefer in die Fänge dieser unglaublich hypnotischen mexikanischen Geschichte. Hier lässt Sie ein faszinierend talentierter Autor einfach nicht mehr vom Haken. Ich empfehle, dieses Buch in den frühen Morgenstunden zu beginnen, um bei Sonnenuntergang, wie ich, berauscht und begeistert das Buch wieder zu schließen. Zum Inhalt: Torréon, die Stadt in Mexiko, ist im Ausnahmezustand. In der Bar ,Zum Letzten Schluck‘ geschieht ein Mord, und der Verdacht fällt auf die Ayala-Zwillinge. Auf beide, denn Remo von Romulo zu unterscheiden ist schwierig. “
Vicente Alfonso: Die Tränen von San Lornezo, Unionsverlag, 20 Euro
Jugendbuch: „Alex ist elf Jahre alt, und sein großes Interesse gilt dem Raketenbau. Er möchte an einem Treffen von Hobby-Raketenbauern teilnehmen. Dort will er seine selbst gebaute Rakete ins All schießen. Alex trägt immer einen iPod bei sich, den er als Diktiergerät benutzt. Er spricht da alles drauf, was ihm wichtig ist. Seine Idee: Er will den iPod mit ins All schießen. Falls Außerirdische ihn finden, wissen sie dann, wie sich das Leben auf der Erde abspielt. Gesagt, getan: Alex macht sich mit seinem Hund auf den Weg, und er trifft eine Menge Leute. Früher oder später erobert Alex ihre Herzen. Bei mir hat das auch wunderbar geklappt, ich habe selten ein so warmherziges, kluges und lebensbejahendes Jugendbuch gelesen. Wenn man es zuklappt, hat man ein Lächeln im Gesicht.“
Jack Cheng: Hallo Leben, hörst Du mich ?, cbj, 2017 ab 12 Jahre, 14,99 Euro
Roman: „Zwei Brüder, Konstantin und Hubert, genannt Koja und Hub. Sie entstammen der baltendeutschen Familie Solm und wachsen in den Wirren um das Baltikum auf. Mit der Adoptivschwester der beiden, Ev, entwickelt sich im Laufe der Jahre ein auch amouröses Dreiergestirn. Hub, Technokrat und Theologe, und Koja, Schöngeist und Künstler, landen bereits zu Beginn der Nazizeit zunächst bei der SA, später bei der SS. Hub, weil der überzeugter Nationalsozialist ist, und Koja, weil der alles tut, was sein Bruder ihm sagt. Gemeinsam werden sie zu Tätern und müssen die jüdische Herkunft ihrer Adoptivschwester vertuschen. Ein Roman, der versucht zu erklären, warum Menschen Dinge tun, die sie eigentlich verabscheuen. Großartig erzählt vom Regisseur Chris Kraus.“
Chris Kraus: Das kalte Blut, Diogenes Verlag, 32 Euro
Kinderbuch: „Der Frühling ist die beste Zeit für verrückte Ideen. Das weiß doch jeder! Macht nichts, wenn es noch einmal schneit. Schon gar nicht, wenn man ein Mumpf ist, gerade aus dem Winterschlaf erwacht, und eine Schneeeule zum allerbesten Freund hat. Dann ist jedes Abenteuer doppelt spannend und der Tanz auf dem Frühlingsfest viel, viel schöner.Aber was ist eigentlich ein Mumpf?? Hier ist jetzt die Fantasie gefragt, die man immer braucht, wenn es gute Geschichten zu entdecken gibt. Nur Mut, die witzigen Illustrationen in diesem originellen Vor- und Selbstlesebuch helfen auch mit.“
Annette Herzog: Frühling mit Freund, Ingrid & Dieter Schubert Illustrationen, 14,95 Euro, Moritz Verlag zum Vorlesen ab 5, Selberlesen ab 8 Jahren
Kanadischer Roman: „Drei Stunden war ich weg, entführt in die Natur der kanadischen Wälder. Mit ihren Tücken und dramatischen Naturgewalten. Eine Fotografin macht sich auf, um Überlebende der letzten kanadischen Waldbrände zu finden. Diese sind heute über 80 Jahre alt. Sie trifft auf so geheimnisvolle, leidvolle, spannende, traurige, einsame, glückliche, ängstliche und starke Charaktere, die alle eine Entscheidung getroffen haben oder treffen werden. Jeder auf seine eigene Weise. Jedes dieser Adjektive steckt in jeder einzelnen Person. Obwohl ich nicht im Entferntesten eines dieser Leben lebe, hat es mich sehr zum Nachdenken angeregt, aber auch Sehnsucht entfacht. Frei zu leben. Was heißt das? Ein selbstbestimmtes Leben leben zu dürfen, auch in der zweiten Lebenshälfte.“
Jocelyne Saucier: Ein Leben mehr, Insel Verlag, 10 Euro
Antikriegsliteratur: „Der dänische Autor Carsten Jensen hat einen unfassbar intensiven Roman geschrieben, der kein Erbarmen kennt. Auf 640 Seiten übersetzt Jensen das aktuelle politische Zeitgeschehen in Literatur: Als dänische Soldaten mit dem Ziel, gegen den Terror zu kämpfen, im Militärcamp in Afghanistan eintreffen, wissen sie, dass es ernst wird. Sie ahnen aber nicht, dass sie am Ende hoffnungslos verloren ,jenseits von Gut und Böse‘ dastehen, in einer Situation, in der jegliches moralisches Koordinatensystem zerfallen ist. Harter Tobak für uns, die das Kriegsgeschehen nur aus Zeitung und Fernsehen kennen. Das Buch steht in einer Reihe mit ,Im Westen nichts Neues‘, ,Herz der Finsternis‘ und ,Apocalypse now‘. Es hat das Zeug zum Standardwerk der Antikriegsliteratur.“
Carsten Jensen: Der erste Stein, Knaus Verlag, 26 Euro
Jahrhundert-Triologie: „Manchmal schlägt man ein Buch auf und taucht sofort ein in eine Welt, die so ergreifend und aufregend ist, dass man nicht aufhören möchte zu lesen. Danke, Carmen Korn, für die ,Töchter einer neuen Zeit‘! Das sind Käthe, Lina, Ida und Henny, alle 1900 geboren, junge Frauen aus verschiedenen Schichten mit unterschiedlichen Träumen. Die Vier verbindet nicht nur eine tiefe Freundschaft, sondern auch Schicksalsschläge, die sie während der beiden Kriege durchleben. Gleichzeitig erfährt man viel über die Geschichte Hamburgs in den Zwanzigern. Die Trilogie verbindet die Geschichte einer Generation mit der Geschichte Deutschlands. Achtung! Der erste Band endet so plötzlich, dass man meint, man könne nicht mehr bis Juni warten – dann erscheint der zweite Band.“
Carmen Korn: Töchter einer neuen Zeit, Rowohlt, 19,95 Euro
Traurig-schöner Roman: „Der traurig-schöne Roman erzählt die Geschichte von Ingrid, Studentin, und Gil, ihrem Literaturprofessor. Sie heiraten und bekommen zwei Kinder. Doch die Idylle trügt. Gil liebt seine Frau, dennoch betrügt er sie und lässt sie oft allein. Ingrid beginnt ihre Gefühle in Briefen an ihren Mann aufzuschreiben. Die versteckt sie in Gils Büchern und verschwindet danach auf mysteriöse Weise. Zwölf Jahre später glaubt Gil, sie wieder gesehen zu haben. Eine Geschichte mit rätselhafter Spannung, die wortgewandt überzeugt und tief berührt.“
Claire Fuller: Eine englische Ehe, Piper Verlag, 22 Euro
Der vorerst letzte Umzug erfolgte 1995. Am 11. Mai wurden die Buchhandlung an der Dingstätte 24 neu eröffnet. Auf 300 Quadratmeter bietet der Bücherwurm seither ein umfassendes Sortiment mit dem Schwerpunkt auf Belletristik im Hardcover und Taschenbuch, Kinder- und Jugendliteratur und Ratgebern an. Aktuell besteht das Bücherwurm-Team aus neun Mitarbeiterinnen und wird seit 2009 von Antje Schirmer und Anke Marckmann geführt.
In 70 Jahren hat sich viel verändert. Online-Handel und E-Books sind da nur zwei Aspekte, die in den vergangenen Jahren immer mehr an Bedeutung gewonnen haben. Viele Kunden würden online bestellen und die Ware dann im Laden abholen. Die Ware wird aber auch kostenfrei nach Hause geliefert. So sei der Onlinehandel Ergänzung und nicht Konkurrenz. Schwieriger sei hingegen der Einbruch des Geschäfts während der Bauphasen an der VR-Bank vor zwei Jahren gewesen.
„Sozial engagiert waren wir aber schon immer“, sagt Anke Marckmann. So steht für das Team außer Frage, ob es sich am Putztag oder dem Parkgroschen der Stadt Pinneberg beteiligt. Und auch wenn es darum geht, das Straßenfestival Comedy und Arts zu retten, sind sie bereit zu spenden. Neben Schulpraktikanten verstärkten kürzlich auch zwei junge Flüchtlinge das Team. „Sie wurden von der Diakonie Pinneberg vermittelt und haben zwei Wochen lang bei uns ein Praktikum gemacht“, so Marckmann. „Sie sollten unsere Arbeitswelt kennenlernen und ihre Deutschkenntnisse anwenden.“
Der Welttag des Buches ist ein wunderbarer Anlass, die Lust am Lesen zu wecken. Hier ein paar Anregungen von den Buchhändlern im Kreis Pinneberg.
Im Bücherwurm, Dingstätte 24, in Pinneberg liest Feridun Zaimoglu aus „Evangelio“, am 16. Mai von 19.30 Uhr an, die Karte kostet zwölf Euro.Weiter geht es am 22. Juni mit Gerhild Stoltenberg. Die Autorin liest aus ihrem Debütroman „Überall bist du“.
Zum Welttag des Buches laden Karin Wiskandt und Andreas Lenz von der Buchhandlung Lenz, Reichenstr. 8, in Barmstedt am Montag, 24. April, von 9-18 Uhr zum „Bücherpflücken“ ein. Kunden und Passanten dürfen sich ein Buchpaket mit gut erhaltenen, gelesenen Exemplaren pflücken.