Kummerfeld. In unserer Serie Steinalt stellen wir die ältesten Gebäude der Kommunen vor. Heute geht es um zwei Kummerfelder Häuser.

Helmut Kuhlmann blättert in der Dorfchronik, schlägt die Seite 312 auf. Zu sehen ist das Schwarzweißfoto einer alten Schulkate. „Das müsste es sein“, sagt Kuhlmann, „das älteste Gebäude im Ort.“ Der ehemalige Wehrführer der Freiwilligen Feuerwehr in Kummerfeld hat an der Chronik mitgeschrieben. Das alte Gebäude, das heute an der Prisdorfer Straße 10 steht, stammt vermutlich aus dem Jahr 1831.

Woher er das weiß? Der jetzige Hausbesitzer Karl Hahn kennt die Antwort. „Bei Renovierungsarbeiten in dem Haus wurde ein beschrifteter Holzpfosten gefunden. Darauf stand in alter deutscher Schrift mit Bleistift geschrieben: ‚Körner aus Wedel 1831’.“ Schlussfolgernd müsse das Gebäude seit mindestens 1831 stehen. Doch Chronikautor Kuhlmann ist sicher, dass die alte Kate schon stand, bevor die Inschrift getätigt worden ist. Ein genaues Baujahr gebe es aber nicht, so Hauseigentümer Hahn.

Das zweite alte Gebäude des Dorfes wurde fast zerstört

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Damit ist die Debatte um das älteste Haus von Kummerfeld jedoch noch nicht abgeschlossen. Kuhlmann kennt ein weiteres Haus, das im selben Zeitraum gebaut worden ist wie die alte Schulkate. Er nennt das Gebäude „die Puppenstube“. Es ist eine alte, von außen weiß gestrichene Kate an der Dorfstraße. Das ungefähre Baujahr: Anfang bis Mitte des 19. Jahrhunderts.

Die ehemalige Schulkate des Dorfes allerdings sei ein ortsbildprägendes Gebäude. „Es trägt zur Dorferhaltung bei“, findet auch Eigentümer Hahn.

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Ab 1836 war J. Petersen der erste am Seminar ausgebildete Kummerfelder Lehrer. Bei seinem Dienstantritt wurde die Fläche des Dienstgrundstückes auf mehr als fünf Hektar vergrößert. So groß, dass der Lehrer Korn und Kartoffeln anbauen konnte. „Mit dem sogenannten Schulland konnte der Lehrer für sich und sein Tier aufkommen und sich selbst versorgen“, sagt Helmut Kuhlmann. „Noch heute gibt es in Kummerfeld einen Weg mit dem Namen Schulkoppelweg.“ 27 Jahre später wurde der Lehrer Petersen krank. Er musste von anderen Lehrkräften vertreten werden. Zwei Jahre später verstarb Petersen. Ab 1870 wurde das Bild des ackerbauenden Lehrers abgeschafft, so steht es in der Dorfchronik.

Bis 1890 unterrichteten Lehrer die anwesenden Kinder in der alten Schulkate von Karl Hahn. Der Klassenraum wurde jedoch zu klein und der steigenden Schülerzahl nicht mehr gerecht. Ein neues Schulgebäude an der Elmshorner Chaussee, heute Bundesstraße, wurde gebaut.

Aus einer Verkaufsanzeige im „Pinneberger Wochenblatt“ geht hervor, dass die alte Schulkate in einem baulich guten Zustand war. „Mein Vater hat 1934 das Gebäude für 4000 Reichsmark von Familie Uhl gekauft“, sagt der Eigentümer Hahn. „Seitdem ist es im Besitz meiner Familie.“

Die „Puppenstube“ von Bernd Fiedler wurde vermutlich Anfang bis Mitte des 19. Jahrhunderts gebaut
Die „Puppenstube“ von Bernd Fiedler wurde vermutlich Anfang bis Mitte des 19. Jahrhunderts gebaut © Sarah Stolten | Sarah Stolten

Die Geschichte der alten „Puppenstube“ kann Eigentümer Bernd Fiedler erzählen. Dass es das zweite älteste Gebäude von Kummerfeld heute noch gibt, gleicht einem Wunder. Fiedler erinnert sich: Es ist das Jahr 2004, als morgens ein starker Wind über Kummerfeld fegt. „Es war ein Sturm, wie ich ihn noch nie erlebt habe“, sagt Bernd Fiedler. „Ein echter Tornado ist durch die Dorfstraße gezogen.“ Der Eigentümer hatte zu der Zeit zwei alte Eschen im Garten stehen. Durch den Sturm brach ein Stamm und fiel auf das Reetdach der alten Kate, wo ein großes Loch entstand. Fiedler hatte das Drama zuerst gar nicht wahrgenommen. „Ich habe einen festen Schlaf“, sagt der Hauseigentümer. „Meine Frau war schon wach und sah, wie der Baum auf das Dach fiel. Dann bin ich geweckt worden.“

Unsere Serie

Bauernhäuser, Kirchen oder auch ein Schloss , das eigentlich gar keines ist. Unsere Serie „Steinalt“, in der wir das jeweils älteste Gebäude einer Kommune vorstellen, bringt immer wieder spannende Details aus der Geschichte der Region zutage.

Bereits erschienen sind 36 Folgen.

So haben wir über Appen, Barmstedt, Bilsen, Bönningstedt, Bokel, Bokholt-Hanredder, Borstel-Hohenraden, Brande-Hörnerkirchen, Bullenkuhlen, Haselau, Ellerhoop, Groß Nordende, Haseldorf, Hasloh, Heede, Heist, Holm, Klein Offenseth-Sparrieshoop, Lutzhorn, Moorrege, Neuendeich, Osterhorn, Pinneberg, Prisdorf, Quickborn, Raa-Besenbek, Rellingen, Schenefeld, Seester, Seestermühe, Seeth-Ekholt, Tangstedt, Tornesch, Uetersen, Wedel und Westerhorn und berichtet.

Heute kommt der Serienteil aus Kummerfeld dazu. In der nächsten Woche stellen wir Ihnen das älteste Gebäude in Hemdingen vor.

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Feuerwehr und THW waren schnell vor Ort und versuchten zu retten, was zu retten war. Das Mauerwerk blieb verschont. „Wäre es kein Reetdach gewesen, wäre wohl viel mehr zerstört worden.“ Der Schaden belief sich auf rund 50.000 Euro. Die Versicherung übernahm die hohen Kosten komplett. Nach drei Wochen Reparaturarbeiten war das Dach wieder neu gedeckt. Die eine alte Esche wurde hingegen zerstört. „Ich bin sehr traurig darüber, das bedauere ich heute noch“, sagt Fiedler. Die andere Esche ist heute ein Naturdenkmal und gehört zu den ältesten um Kreis Pinneberg, so Fiedler.