Kreis Pinneberg. Spielwaren werden zwar immer gekauft, doch immer häufiger im Internet. Zwei Läden im Kreis Pinneberg stehen nun vor dem Aus.

Zwischen den Brettspielen klafft schon so manche Lücke. Im Kellergeschoss fristet ein riesiger Weihnachtsmann sein einsames Dasein. Die schon legendäre Ritterburg von Playmobil gibt’s derweil zum Schnäppchenpreis. Ausverkauf in einem der letzten Fachgeschäfte für Spielwaren in der Region. Im Hause Zobawa an der Rellinger Hauptstraße gehen nach knapp 40 Jahren die Lichter aus. Kurz vor Ostern ist Schluss. „Spätestens“, wie Betreiberin Birgit Nowak betont. „Das Internet hat uns kaputt gemacht, die dort aufgerufenen Preise können wir nicht halten“, sagt die 52-Jährige. Sie spricht von massiven Einbußen beim Geschäft vor Ort. So sei der Jahresumsatz von 240.000 Euro im Jahr 2010 auf nunmehr 185.000 Euro zurückgegangen.

Nowak, die den 120 Quadratmeter großen Laden im Rellinger Ortskern vor achteinhalb Jahren von den Zobawas übernommen hat, macht aus ihrem Frust kein Hehl. „Vorletztes Jahr lief es schon nicht gut, 2016 war dann ganz schlimm.“ Die Notbremse ziehe sie gerade noch rechtzeitig, Schulden drohten nicht: „Wir kommen gut aus der Sache raus, aber ein weiteres Jahr wäre das nicht gegangen.“ Das Einsteigen ins Onlinesegment – für die 52-Jährige keine Option. Der Aufwand sei zu groß, sagt Nowak. Um Fassung ringt sie, wenn sie von besonders abgebrühten Besuchern ihres kleinen Ladens berichtet. „Die lassen sich beraten, fotografieren die Produkte und verlassen das Geschäft, um im Netz einzukaufen.“

Eine Erfahrung, die Sabine Körner nur zu gut kennt. „Viele wissen gar nicht, dass sie im Laden eigentlich gar keine Fotos machen dürfen“, sagt sie. Körners Spielwarenladen ist im benachbarten Pinneberg eine Institution. Wer sich in der Kreisstadt umhört, bekommt immer wieder Lobeshymnen zu hören. Exquisites Sortiment fernab von Beliebigkeit, prima Beratung, immer tolle Geheimtipps, so heißt es. Doch auch Körners Geschäft „Lesen und Spielen als Erlebnis“ hat wohl keine Zukunft. Der Mietvertrag im Erdgeschoss des Einkaufszentrums Piz am Lindenplatz läuft 2018 aus. Sabine Körner, die das Rentenalter erreicht hat, wird diese Gelegenheit nutzen, um nach vielen Jahren hinter der Kasse auszusteigen. Dass sie ihr Wissen und ihre Kontakte gern weitergeben würde, daraus macht sie kein Geheimnis. Doch von Nachfolgern fehlt bislang jede Spur: „Es wurden Gespräche geführt, aber niemand wollte nach Pinneberg“, sagt die gelernte Buchhändlerin.

Nicht billiger?

Ulrike Schelling ist Sprecherin des Verbands idee+spiel, dem 700 Einzelhändler angehören. Das Geschäft sei wegen des Onlinehandels schwieriger geworden.

„Aber es gibt immer noch gute Chancen, Geld zu verdienen“, so Schelling. „Die Menschen geben heute nicht weniger für Spielwaren aus.“ Kunden rät sie, genau hinzuschauen: „Häufig sind Spielwaren im Internet nicht billiger als im Fachhandel.“

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Dabei sieht Körner trotz des Onlinehandels durchaus gute Chancen für engagierte Unternehmer. „Man muss viel Herzblut und Zeit mitbringen und darf nicht zu viel Gewinn erwarten“, sagt sie. Reich werde man mit einem Spielwarengeschäft nun mal nicht. Aber von den Menschen komme viel zurück: „Ja, es gibt Kunden, die bereit sind, im Fachhandel auch mal drei Euro mehr auszugeben.“

Stand jetzt werden es Kunden im südlichen Gebiet des Kreises Pinneberg künftig schwer haben, wenn sie spontan ein Geschenk für ihre Kleinen suchen. Im Norden sieht es noch etwas besser aus. Olaf Lang ist Inhaber von zwei Geschäften in Elmshorn und Barmstedt, die unter dem Namen Max Bieberstein firmieren. Er beschäftigt derzeit 13 Verkäufer, setzt ebenfalls auf kompetente Beratung – auch auf den Versand übers Internet.

„Man muss mit der Zeit gehen“, sagt Lang. In seinem Hause gebe es jedenfalls keine Überlegungen, einen der beiden Läden zu schließen. Vielmehr habe man 2015 sogar überlegt, ein mittlerweile geschlossenes Spielwarengeschäft in Uetersen zu übernehmen. „Aber die Verhandlungen mit dem Gebäudebesitzer sind letztlich gescheitert.“

Gescheitert ist auch Birgit Nowaks Versuch, einen Nachfolger für Spielwaren Zobawa in Rellingen zu finden. „Das tut schon weh, auch den Kunden“, sagt die 52-Jährige. „Schade ist hier das meistgehörte Wort.“ In Kürze wird es in dem Laden zum letzten Mal zu hören sein. Dann geht das Licht aus.