Hasloh. Seit Kurzem regnet es Dreck auf das Haus von Familie Hillebrands – weil die Flugzeuge anders fliegen, sagt er. Gemeinde ist alarmiert.

Dieter Hillebrand wischt mit einem weißen Tuch über die Wäscheleine, die im Garten hinter seinem Haus gespannt ist. Als er fertig ist – ist das weiße Tuch nicht mehr weiß. Sondern voll „schwarzer Schmiere“, wie Hillebrand es bezeichnet. Er wohnt seit 40 Jahren hier, ist vom Fluglärm der startenden und landenden Jets geplagt. Aber dieses Problem – das ist auch für ihn neu. Verantwortlich dafür macht der Rentner den Flughafen.

Inzwischen führt Dieter Hillebrand fast wöchentlich Buch über die Rückstände. „Seit die von der nördlichen Startbahn abhebenden Flugzeuge nach dem Start in einer engen Kurve um Hasloh herumfliegen, hat sich unsere Situation massiv verschlechtert“, stellt Hillebrand fest. Er fordert Gemeinde und Flughafenverantwortliche auf, sich dieses Problems endlich anzunehmen.

Haslohs Bürgermeister Bernhard Brummund (SPD) kündigt an, dass sich der Umweltausschuss auf seiner nächsten Sitzung damit beschäftigen werde. Flughafensprecherin Janet Niemeyer dementiert, dass sich an den Flugrouten in jüngster Zeit etwas geändert habe. Gleichwohl zeigen die von ihr verschickten Flugrouten mehrerer Tage in diesem März, dass etwa die Hälfte der täglich 130 Starts in nördlicher Richtung (61 Prozent aller Starts) tatsächlich im Steigflug in einem engen Bogen östlich und nördlich an Hasloh vorbei fliegen, manche sogar direkt übers Dorf. Hillebrand: „Früher hatten wir die Belastung nur bei Ostwind, heute sind wir diesem Dreck ständig ausgesetzt.“

Nach dem Wochenende ist Leine wieder schwarz

Vor allem morgens und abends nerve es, wenn die Flieger fast im Minutentakt starteten, klagt er. Dann sei der Ton vom Fernseher nicht mehr zu verstehen. Und: „Da kann ich die Wäsche nicht aufhängen“, sagt seine Lebensgefährtin Christel Umlauf. „Das geht nur tagsüber und wenn ich die Leine vorher frisch abgewischt habe.“

Verspätungszuschlag soll steigen

Der Flughafen unternimmt etwas gegen Lärmbelastung in den Abend- und Nachtstunden. Durch gezielte Ansprache jener Fluglinien, die besonders unangenehm auffielen, seien seit November die Verspätungen um 13 Prozent gesunken im Vergleich zum Vorjahreszeitraum, sagt Flughafensprecherin Janet Niemeyer.

„Außerdem haben wir bei der Wirtschaftsbehörde beantragt, den Verspätungszuschlag deutlich zu erhöhen.“ Für zu späte Flieger sind zurzeit 150 Prozent der Landeentgelte nach 22 Uhr und 300 Prozent nach 23 Uhr fällig. Wie hoch die Gebühr künftig ausfallen soll, entscheide die Behörde bis zum Sommer.

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Die „schwarze Schmiere“ auf dem zuvor weißen Tuch – das seien nur die Rückstände eines Flugwochenendes, sagt Hillebrand. „Früher sind die Flugzeuge nach dem Start lange entlang der A7 über das Holmmoor geflogen und dann erst nach Westen abgebogen.“ Das sei inzwischen anders.

Auch auf dem Glasdach der Veranda seines Hauses zeichneten sich regelmäßig die Rückstände der Kerosinabgase als schwarze Streifen ab, klagt Hillebrand. Im Internet hat er sich kundig gemacht, welche Gifte darin enthalten seien, die von Atembeschwerden über Depressionen bis hin zu Tumoren alle mögliche Krankheiten auslösen könnten, wenn man ihnen längere Zeit ausgesetzt sei. „Das ist alarmierend“, sagt er und erwähnt eine US-Studie, wonach weltweit 8000 Menschen jährlich an der Luftverschmutzung durch den Flugverkehr sterben würden. „Warum baut Hasloh noch die Neue Mitte, wenn die Zukunft düster aussieht?“, fragt er sich. „Ist ein Bauverbot für künftige Wohnungen nicht angebrachter?“

Dieter Hillebrand und Christel Umlauf aus Hasloh müssen ihre Wäscheleine immer vom Dreck der Flugzeugabgase reinigen, bevor sie die Wäsche aufhängen können
Dieter Hillebrand und Christel Umlauf aus Hasloh müssen ihre Wäscheleine immer vom Dreck der Flugzeugabgase reinigen, bevor sie die Wäsche aufhängen können © Burkhard Fuchs | Burkhard Fuchs

So weit will Bürgermeister Brummund nicht gehen. Das Neubaugebiet liege viel weiter in der Ortsmitte. „Wir können ja nicht das ganze Dorf evakuieren oder es stilllegen.“ Aber die Gemeinde müsse die Problematik ernst nehmen und überprüfen, ob die Rückstände tatsächlich vom Flugverkehr ausgelöst werden.

Fest stehe aber schon, dass die Fluglärmbelastung für die Orte Norderstedt, Hasloh und Quickborn im vorigen Jahr wieder gestiegen ist, sagt Brummund, der auch der Fluglärmschutzkommission angehört. Fast 70.000 Starts und Landungen seien es in Richtung Norden gewesen. So viele wie seit 2008 nicht mehr. Das waren 44,5 Prozent aller Flugbewegungen.

Vor allem die Flieger nach 22 Uhr, die die Nachtruhe stören, träten vermehrt auf, ärgert sich Brummund. Dies waren 2016 mit 2845 verspäteten Fliegern nach 22 Uhr 286 mehr als 2015 und nach 23 Uhr mit 408 sogar 20 Prozent mehr als im Jahr davor. „Das muss deutlich reduziert werden“, fordert Brummund. Darin seien sich die Vertreter in der Fluglärmkommission auch einig. Für Februar hatte der Flughafen zuletzt eine gesunkene Anzahl von späten Flügen vermeldet.