Barmstedt. Parship, Melitta, Persil: Immer mehr TV-Spots entstehen in einem alten Resthof, den eine Hamburgerin gekauft und umgebaut hat.

Sie hat die Häuser von Dortmunds Bundesligatrainer Thomas Tuchel und Nationalspieler André Schürrle komplett eingerichtet. Jetzt hat die Hamburgerin Regina Knobloch, die seit vielen Jahren international erfolgreiches Production-Design für Werbefilme macht, einen mehr als 100 Jahre alten Resthof in Barmstedt für mehrere Hunderttausend Euro aufwendig entkernt, saniert und auf drei Etagen in verschiedene Wohnwelten verwandelt. Sie bietet ihr 350 Quadratmeter großes, bis ins letzte Detail liebevoll gestaltetes Domizil unter dem Namen „Luk-Location“ als Drehort für Werbespots und Foto-Location an, und die Filmproduktionen geben sich hier an der Lutzhorner Landstraße die Klinke in die Hand.

In Barmstedt werden nun Werbefotos und Reklamespots für die Partnerbörse Parship, den Otto-Versand, für Persil-Waschmittel und einen Kaffee-Anbieter eingefangen. Auch die Lifestyle-Magazine „Living at Home“ und „Schöner Wohnen“ sind zu Gast, ebenso Katalogproduzenten, die für Depot, Impressionen und Mia Villa aus Wedel arbeiten. Für Aufnahmen in dem imposanten Gebäude auf dem 3000 Quadratmeter großen Gelände steht sogar eine 125-Ampere-Drehstrom-Anlage zur Verfügung, damit die Filmcrews alles bis aufs Kleinste ausleuchten können.

Viele Einrichtungsstile unter einem Dach

Das total verwinkelte Gebäude von 1902 mit mehreren kleinen Wohnungen hat Knobloch komplett aus- und umbauen lassen. Im Erdgeschoss mit großen, hellen Fenstern zum herrlichen Obstgarten ist jetzt eine große, nagelneu eingerichtete Wohnraumküche, wie sie heute modern ist und junge Leute in der Werbung anspricht. Auf der zur Straße gewandten Seite liegen noch der im Original erhaltene Dielenboden, und Fliesen sind im Schachbrettmuster verlegt, sodass dort plötzlich alles wie Altbau aussieht. In den ehemaligen Stallungen hat Knobloch extra die Decke höher einziehen lassen und ein Loftstudio eingerichtet, wie es in jeder großen Metropole sein könnte. Eine rustikale und auf alt gemachte Küchenzeile mit schicken Kupferlampen schließt sich an.

Der restaurierte Resthof in Barmstedt beim Außendreh
Der restaurierte Resthof in Barmstedt beim Außendreh © Regina Knobloch | Regina Knobloch

Diese Vielseitigkeit habe den Vorteil, dass die von der Werbebranche gewünschten Wohnstile schon da seien. Sonst sei es üblich, die vorhandenen Möbel raus- und die neuen Möbel für den Werbedreh reinzustellen. Das entfällt nun oft und spare erheblich viel Zeit, erklärt die erfahrene Inneneinrichterin ihre Marketingstrategie.

Sie hat an alles gedacht. Neben einem großen Garderobenraum steht den Darstellern und Models auch ein Schminkraum zur Verfügung. Über eine Art Balkon mit großem Fenster können, falls doch gewünscht, zusätzliche Möbel für den Dreh reingeschafft und notfalls in einer der fünf Garagen draußen untergestellt werden. Die Werbefilmer, die diese Location tageweise anmieten können, seien hellauf begeistert, freut sich die Hamburgerin, dass sich ihre Investition zu lohnen scheint.

© Regina Knobloch | Regina Knobloch

Auch die frühere Eigentümerfamilie, die ihr Ende 2015 die Immobilie unter Dutzenden von Bewerbern überließ, ist angetan. „Das sieht toll aus und ist unheimlich schön geworden“, sagt Brigitte Brömmer, eine der drei Frauen, deren Mutter hier noch bis 2007 lebte.

Auch den früheren Besitzern gefällt die Location

Auch wenn der Makler einen anderen Kaufinteressenten favorisierte - „wir haben uns eindeutig für Frau Knobloch entschieden, weil sie das schönste Konzept für uns hatte und uns am sympathischsten war – so, wie jemand sein muss, dem man am liebsten sein Elternhaus übergeben möchte.“

Sie habe sich extra bei Butterkuchen und Kaffee aus der Thermoskanne bei den drei Schwestern vorgestellt, erinnert sich Knobloch.

Die Küchenzeile im Studio-Loft, zu sehen in der Melitta-Werbung
Die Küchenzeile im Studio-Loft, zu sehen in der Melitta-Werbung © Burkhard Fuchs | Burkhard Fuchs

Der Begriff Luk-Location sei vielseitig interpretierbar, erklärt die Eigentümerin. Er könnte an die Englische Redewendung „Have a look“ erinnern und natürlich auf die Örtlichkeit der Lutzhorner Landstraße hinweisen. Sie habe das Areal durch Zufall im Internet entdeckt. Sie hatte konkret nach einem Ort gesucht, der innerhalb einer dreiviertel Stunde auch mit einem mittelgroßen Lastwagen von Hamburg aus zu erreichen ist.

Regina Knobloch hat schon an vielen Orten gelebt und gearbeitet. Drei Jahre wohnte sie in Los Angeles, wo sie mit Tennis-Ikone Steffi Graf und Popsänger Robby Williams drehte. Sie lebte in Paris und Berlin, bevor die gebürtige Kölnerin vor fünf Jahren nach Othmarschen zog. Auch ihre Geschwister, die sie zu Weihnachten in ihr schickes, neues Haus zum Gänsebraten nach Barmstedt einlud, waren begeistert. „Nur der Kamin fehlt jetzt noch“, sagt die Mutter eines kleinen Jungen.

Zweimal spielte der „Tatort“ in Barmstedt

Als Filmkulisse war Barmstedt schon früher beliebt. Dort wurden vor mehr als 40 Jahren zwei Folgen einer früheren Tatort-Reihe gedreht:

„Blechschaden“ von 1971 und 1975 „Kurzschluss“.

In beiden Filmen ermittelte der Kieler Kommissar Finke, gespielt von Klaus Schwarzkopf.

Regie führte Wolfgang Petersen, der später mit „Das Boot“ Weltruhm erlangte. Nur Insider wussten, dass in Barmstedt auch in der dortigen Polizeiwache gedreht wurde. Denn im Film hieß die Stadt einmal Sieverstedt, was es bei Flensburg gibt, und einmal Linden, was ein Fantasieort ist.

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Und wenn sie alt und grau sei, werde sie hier eine Alten-WG aufmachen, erzählt Regina Knobloch. Platz genug dürfte dafür da sein. „Dann müsste ich allerdings wieder ein paar Wände einziehen.“