Elmshorn. Gegen den Fachkräftemangel: Der Wettbewerb „Formel 1 in der Schule“ in Elmshorn soll Lust auf technische Berufe machen.

Michael Körber (15) bekennt, dass er vor dem großen Ereignis gar nicht geschlafen hat. Und Teamkollege Kevin Maassen (14) hat am Morgen nur ein bisschen Obstsalat und Joghurt gefrühstückt. Die Anspannung, aber auch die Vorfreude sind beiden Schülern der Elmshorner Leibniz Privatschule auf die leicht geröteten Wangen geschrieben, ebenso ihren drei Mitschülern Johann Wudtke, Benedict Ahrens und Tjalv Franke. Als Team Elbracing nehmen sie am Nordmetall-Cup „Formel 1 in der Schule“ teil. Rennstrecke ist das Gelände der Nordakademie in Elmshorn. Gleich geht’s los.

Knapp Zweiter

Hauchdünn verpasste das Team Elbracing von der Leibniz Privatschule die Titelverteidigung in der Senior-Klasse und musste sich nur den Pioneers vom Gymnasium Kronshagen geschlagen geben.

In Elmshorn wächst schon eine neue Formel 1-Generation heran. Beim Junior-Wettbewerb der Siebt- und Achtklässler erreichten die SilverHawks von der Leibniz Schule den 2. Platz.

1/2

Es geht bei diesem Wettbewerb darum, einen selbst gebauten Minirennwagen, bis zu 80 Kilometer pro Stunde schnell, rasen zu lassen. Und es geht darum, die eigene Konstruktion, das eigene Team gut zu präsentieren. Das macht Spaß, das ist aber vor allem als Vorbereitung aufs Berufsleben gedacht. „Wir wollen Schüler für naturwissenschaftliche und technische Berufe begeistern“, sagt Rolf Werner, Projektleiter bei „Formel 1 in der Schule“. „Das ist hier in einem Projekt zusammengefasst.“

Kevin Maassen (l.) tritt gegen Tobias Steinke (de Blitzen) an
Kevin Maassen (l.) tritt gegen Tobias Steinke (de Blitzen) an © HA | Thomas Pöhlsen

Der Hintergrund ist ernst. „Ende November 2016 – neuere Zahlen liegen leider nicht vor – gab es mehr als 16.000 offene Stellen in der norddeutschen Metall- und Elektroindustrie“, sagt Daniel Jakubowski, stellvertretender Pressesprecher des Unternehmensverbands Nordmetall. „Für die Unternehmen wird es immer schwieriger, ihre offenen Stellen besetzen zu können.“ In den Mitgliedsunternehmen seien einer aktuellen Umfrage zufolge sechs Prozent der Ausbildungsplätze frei geblieben.

Jeder Schüler bringt seine Stärken ins Team ein

Das Rennwagen-Projekt soll helfen, die Ingenieure von morgen zu rekrutieren. Im Team Elbracing hat jeder seine Aufgabe. Tjalv Franke (14) strahlt Ruhe aus und kann das Team gut koordinieren. Kevin Maassen ist der junge Mann mit der besten Reaktionszeit, also startet er das Renngefährt. Das Konstruktionstalent hat Michael Körber vom Vater mitgekommen. Benedict Ahrens (14) ist gleichermaßen mit künstlerischem Talent und PC-Fähigkeiten gesegnet, kümmert sich also um das Grafikdesign. Und Johann Wuttke hat das Ressourcen-Management übernommen, unter anderem die Suche von Sponsoren. Einheitliche Bekleidung, ein Messestand und eine Informationsbroschüre müssen schließlich finanziert werden. Während der Arbeit an ihren Mini-Flitzern hätten sie erkannt, wo ihre Stärken liegen, sagen die fünf Schüler unisono. Das wollen sie bei der Berufswahl nutzen.

Genau so soll es sein. Projektleiter Werner: „Die Teilnehmer arbeiten wie in einem kleinen Unternehmen zusammen. Sie haben etwas angefangen, und sie müssen es erfolgreich zu Ende bringen.“ Auch in der Wirtschaft arbeite nicht jeder, der einen technischen Beruf hat, in der Grundlagenforschung.

Der Elmshorner Sieger-Rennwagen 2016
Der Elmshorner Sieger-Rennwagen 2016 © HA | Thomas Pöhlsen

Die Wagen aller Teilnehmer sind komplett selbst entwickelt. Alles, was zu beachten ist, steht in einem 20-seitigen Regelwerk geschrieben. Werner: „Regeln zu lesen und zu verstehen ist das A und O.“ Lücken darin zu finden ebenso.

Mehrere Stunden pro Woche haben die Elmshorner an den Modellen gearbeitet. Heidi Liebenberg, die an der Leibniz-Schule Naturwissenschaften unterrichtet, hat sie unterstützt. Luca Pflugradt (18), der in die elfte Klasse der Privatschule geht, hat sich als Betreuer engagiert. Nun hoffen sie auf den ersten Platz. 16 Teams sind am Start. Die besten fahren im Mai zu den Deutschen Meisterschaften nach Neckarsulm. Die Weltmeisterschaft mit Teilnehmern aus etwa 30 Nationen ist diesmal voraussichtlich in Singapur oder Malaysia.

Gewinnen, das heißt hier nicht nur, dass die aus einem etwa 20 Zentimeter langen Kunststoffblock gefrästen Wagen die 20 Meter lange Rennstrecke am schnellsten zurücklegen. Die Jury bewertet auch Design, Fertigung, Marketing und den Businessplan.

Seit neun Jahren gibt es den Wettbewerb nun schon. Projektleiter Rolf Werner schätzt, dass in dieser Zeit rund 1000 Schüler aus Schleswig-Holstein bei der Aktion mitgemacht haben. Nach einer so langen Zeit ist der Erfolg durchaus messbar, Werner hat manche Karriere verfolgt. „Viele haben einen technischen Beruf ergriffen. Und einer der Teilnehmer der ersten Stunde ist heute Entwicklungsingenieur bei Daimler.“