Uetersen. Die Stadt Uetersen wollte mit einer Satzung marode Häuser loswerden. Doch die Bilanz fällt nach rund fünf Jahren ernüchternd aus
Es ist ein kleines Juwel, das Haus an der Kirchenstraße in Uetersen. Eine Stadtvilla aus dem 19. Jahrhundert, umsäumt von Grün, zu viel Grün. Das Haus wächst zu, verfällt. Uetersens Stadtplaner Henning Trepkau bedauert das. „Ich glaube, wir können das allmählich auf die Liste der Schrottimmobilien setzen.“
Die Stadtverwaltung wollte eigentlich Zustände wie an der Kirchenstraße verhindern. 2012 hat die Stadt extra dafür eine Satzung verabschiedet, mit der sie ein Vorkaufsrecht bei sogenannten Schrottimmobilien ausüben kann. Ziel war es, diese nach und nach aufzukaufen, abzureißen oder zu sanieren und dort entstehende neue Wohnungen auf dem Markt anzubieten. Oder die Grundstücke einem Investor anzubieten. Denn die Häuser, die dem Stadtbild schaden, sind nicht nur Trepkau ein Dorn im Auge. Bürger, Kaufleute und Touristen stoßen sich an den an prominenter Stelle stehenden maroden Häusern.
Sechs Schrottimmobilien wurden 2012 notiert: Je eines an der Marktstraße und der Töpferstraße, drei an der Meßtorffstraße und eine am Großen Wulfhagen. „Die an der Töpferstraße ist Geschichte. Die Ruine wurde abgerissen“, sagt Trepkau. Dafür komme die Kirchenstraße als neues Sorgenkind hinzu. Es bleibt also alles beim Alten. Aus städtebaulicher Sicht, so Bürgermeisterin Andrea Hansen und Trepkau, sei die Entwicklung ärgerlich. Als 2012 die Satzung von der Stadt verabschiedet worden ist, hatte die Stadt geglaubt, gegen die Hausbesitzer ein Mittel in der Hand zu haben. „Wir hatten uns mehr erhofft. Doch die Sache hat sich komplizierter als wir alle dachten, dargestellt“, sagt Hansen.
Uetersen ergeht es nicht als einziger Stadt so. Bundesweit sind Schrottimmobilien nach wie vor ein Problem für Städte, Gemeinden und Länder, denn immer mehr Erbschaften werden ausgeschlagen, weil der Unterhalt von sanierungsbedürftigen Immobilien für Familien nicht finanzierbar ist.
Eine „heißes Eisen“ für die Politiker der Stadt?
Rund 10.000 Schrottimmobilien haben die Bundesländer bis dato „erben dürfen“. Viele Schrottimmobilien, die noch nicht an die Länder gefallen sind wie jene in Uetersen, sind jedoch keine ausgeschlagenen Erbschaften, sondern vornehmlich Steuerabschreibungsobjekte – von Uetersener Bürgern oder Hamburger Firmen. „Das macht es schwer, hier etwas zu bewegen. Die Gebäude werden hin- und her verkauft. Mit dem Vorkaufsrecht wollten wir eine Zugriffsmöglichkeit haben“, sagt Trepkau. Doch wenn eine Immobilie innerhalb der Familie weitergereicht wird, könne die Stadt nicht aufkaufen.
„Wir können nur dann agieren, wenn ein Besitzerwechsel außerhalb einer Familie erfolgt“, sagt Trepkau. Das war zuletzt nicht der Fall. Eigentlich müsse, so Trepkau, vom Land das Baugesetzbuch modifiziert werden, damit die Kommunen handeln können. Denn bis „Gefahr im Verzug“ ist und die Stadt aus Gründen der Sicherheit oder Hygiene einschreiten kann, das dauere lange. Eine Enteignung sei nicht ohne weiteres möglich und nur dann umsetzbar, wenn ein besonderes öffentliches Interesse vorhanden sei, etwa beim Bau von Straßen oder Flughäfen. Privatbesitz bleibt vorerst fast unantastbar.
Es gibt aber Auswege: ein Sanierungsgebiet könnte festgelegt werden. Dann gebe es eine Grundlage, auf der eine Sanierung einzufordern oder der Verkauf der Grundstücke schmackhaft zu machen sei. In anderen Städten, etwa in Niedersachsen, hat dieses Prinzip geholfen. „Das muss aber von Seiten der Politik initiiert werden, es ist an den Parteien. Die Politik muss mehr Druck machen“, sagt Hansen. Sie glaubt, dass angesichts des anstehenden Wahlkampfes keine Partei diesen Schritt machen werde. Es sei für Uetersens Parteien vermutlich ein zu „heißes Eisen“.