Halstenbek. Martin Moschek aus Halstenbek ist 42 Jahre alt und erradelt sich die Welt. Chile und Argentinien waren nun seine Länder 48 und 49
Chile und Argentinien – für den Halstenbeker Martin Moschek sind es die Länder 48 und 49, die er per Fahrrad erkundet hat. Dreieinhalb Wochen war der 42-Jährige im Januar und Februar auf der Carretera Austral unterwegs. 1600 Kilometer – und das alles wegen eines Whisky on the Rocks!
„Ich habe mir damit einen Traum erfüllt, den ich mehr als 20 Jahre hatte“, sagt der Kommunikationsmanager. Damals las er einen Bericht über Patagonien, ein Gebiet im Süden Südamerikas. Darin beschrieb der Autor, wie während einer Schiffstour ein Brocken Eis aus einem Gletscher herausgeschlagen, zerkleinert und dann mit Whisky serviert wurde. „Das wollte ich auch einmal erleben“, sagt Moschek. Und schon damals sei ihm klar gewesen, dass er dieses Erlebnis mit seiner großen Leidenschaft verbinden muss – dem Fahrradfahren.
Schon seit seiner Kindheit, die der Halstenbeker in Leipzig verbrachte, ist er vom „Radfahr-Virus“ infiziert. In der DDR war er sechs Jahre im Rad-Leistungssport aktiv und begann nach der Grenzöffnung, im Fahrradsattel die Welt zu erkunden. Was mit Deutschlands Nachbarländern begann, führte bald in weiter entfernte Gegenden. 1994 hieß das Ziel Schottland, 1995 ging es ans Nordkap. 1996 kamen Israel, die Türkei, Syrien und Jordanien hinzu. 1998 ging es für Moschek über Tschechien, die Slowakei, Ukraine, Russland, Kasachstan, China und Nepal nach Indien.
2000 folgte eine Tour durch Westafrika, 2003 ging es für den Halstenbeker in die baltischen Länder. Norwegen, Marokko, Vietnam, Ruanda, Uganda, Island und Georgien – die Liste der Fahrradexkursionen lässt sich beliebig verlängern. Mit Patagonien hat er jetzt erstmals Südamerika erobert.
Am 12. Januar, seinem 42. Geburtstag, flog er los, gelangte über Paris nach Santiago de Chile. Beim Transport wurde das 2015 für 3800 Euro bei Norwid in Neuendorf bei Elmshorn angefertigte Fahrrad des Halstenbekers beschädigt. „Ich musste mir erst einmal einen Fahrradladen suchen.“ Das sei jedoch kein Problem gewesen, ebenso wenig wie die Reparatur, die er selbst vornahm.
Über die Panamericana gelangte Moschek auf die Carretera Austral, die den Süden Chiles durchquert und zum Großteil in den 70er-Jahren unter dem Pinochet-Regime gebaut worden ist. „Die Hälfte der Strecke ist nicht asphaltiert“, berichtet Moschek. Die Route sei eine „Mischung aus Flussbett und Gartenweg“ und daher auch für den geübten Radfahrer eine Herausforderung. „Es ist anstrengend für den Körper und für das Material.“ Und nicht ungefährlich, schließlich wird die Piste auch von vielen Autos befahren. „Häufig war auch Glück dabei“, sagt Moschek.
Und Glück hatte der Halstenbeker auch mit dem Wetter. Bis auf einen Abschnitt hielt sich der Wind in Grenzen, ebenso wie starke Regenfälle. „Das Temperaturniveau lag zwischen null und 30 Grad.“ Er übernachtete im Zelt und in günstigen Cabanas. Je weiter der Radfahrer zum Endpunkt der Carretera Austral, dem kleinen Ort Villa O’Higgins, kam, desto kälter wurde es. Dort befindet sich der O’Higgins-Gletscher, den der Halstenbeker auf einer Bootstour besuchte. Und auf diesem Gletschersee in den Anden gab es endlich Whisky on the Rocks. „Das war ein echtes Erlebnis“, sagt Moschek.
Für den Halstenbeker, der von seiner „landschaftlich schönsten Tour aller Zeiten“ spricht, ging es das Erlebnis dann noch weiter. Über einen abenteuerlichen Weg, der sich durch ein altes Flussbett schlängelte und auf dem auch ein Fluss durchquert werden musste, gelangte er nach einer Bootsüberfahrt nach Argentinien. „Dort beginnt eine völlig andere Landschaft.“ Während der Weg in Chile mitten durch einen dichten Urwald führte, begann auf argentinischer Seite eine wüstenartige Steppe.
„Auf einem Teil der Route kam der Wind direkt von vorn, da bin ich mit vier Kilometern pro Stunde dahingekrochen.“ Doch wenig später gab es für den 42-Jährigen wieder Wind von hinten, sodass er am 3. Februar seinen Zielort El Calafete im Süden Argentiniens erreichte. Die Kleinstadt in den Anden liegt in der Nähe des Perito-Moreno-Gletschers, den Moschek ebenfalls besuchte – und sie verfügt seit dem Jahr 2000 über einen Flughafen. Von dort aus gelangte der Globetrotter nach Buenos Aires und über Sao Paulo und Amsterdam zurück nach Hamburg. „40 Stunden war ich bis zu Hause unterwegs.“
Dort warteten die Ehefrau und die beiden sechs und neun Jahre alten Söhne auf die Rückkehr des Radtouristen. „Meine Familie hat ein Vetorecht, wenn ich mit der Idee für eine Tour komme“, so Moschek. Die Sicherheit stehe seit seiner Hochzeit immer an erster Stelle. Und natürlich habe die Familie auch ein Anrecht auf einen Urlaub mit Papa. „Der kommt nicht zu kurz.“ Und doch versucht der Halstenbeker, den „Rad-Virus“ auch auf seine Söhne zu übertragen. „Mit meinem älteren Sohn habe ich eine kleinere Tour gemacht.“ Sie radelten durch Schleswig-Holstein, wo Moschek ebenfalls häufig unterwegs ist. Von der Nord- zur Ostsee oder umgekehrt führt eine beliebte Strecke.
„Man muss nicht ins Ausland fahren, um tolle Routen auszuprobieren“, sagt Moschek. Als der Halstenbeker im vorigen Jahr zu einer Messe nach Berlin musste, reiste er mit dem Fahrrad an. Und auch zu seinem Büro am Hamburger Fischmarkt gelangt er meistens im Fahrradsattel. Voraussichtlich 2019 will Moschek sein 50. Land per Rad erobern. „Welches es sein wird, weiß ich noch nicht. Eventuell geht es in die Mongolei.“ In den 49 bisher bereisten Ländern hat der Halstenbeker mehr als 60.000 Kilometer mit seinem Fahrrad zurückgelegt.