Kreis Pinneberg . Bürger im Kreis Pinneberg würden von Radschnellwegen am meisten profitieren. Das ist das Ergebnis einer Potenzialanalyse.
Jetzt ist es amtlich. Radschnellwege würden nirgendwo sonst in der Metropolregion Hamburg ein so hohes Potenzial für Arbeits- oder Schulpendler entfalten wie im Kreis Pinneberg. Zu diesem Ergebnis kommt die aktuelle Studie der Technischen Universität (TU) Hamburg, die am Mittwoch in der Geschäftsstelle der Metropolregion in Hamburg erstmals öffentlich vorgestellt wurde. Demnach würden allein die sechs untersuchten Routen, die Radfahrer aus dem Kreis Pinneberg so schnell wie möglich mit der Hansestadt verbinden sollen, so viele Menschen erreichen und sie mobiler machen wie alle anderen 27 berechneten Radweg-Korridore in den anderen 16 Kreisen im Hamburger Umland zusammen.
So hat der Wissenschaftler Marcus Peter vom Institut für Verkehrsplanung und Logistik der TU Harburg erstmals konkrete Zahlen berechnet, wie viele Arbeitsplätze zusätzlich in den jeweiligen Regionen innerhalb von 15 Minuten mit dem Fahrrad in dreieinhalb Kilometern Reichweite zu erreichen wären, wenn eine Art Radautobahn entlang der S-Bahnstrecken (S1 und S3) gebaut werden würde. Insgesamt wären es etwa 85.000 Arbeitsplätze mehr. Zudem könnten etwa 200.000 Schüler mehr in dieser Zeit zu ihren weiterführenden Schulen radeln. Gut 100.000 Bürger des Kreises könnten einen Bahnhof in relativ kurzer Zeit erreichen. Zugrunde gelegt hat Wissenschaftler Peter diese Reichweite deshalb, weil im Durchschnitt ein Radfahrer in Deutschland für solche Strecken 17 Minuten zurückzulegen bereit sei.
Elmshorner wären eine halbe Stunde schneller in Hamburg
Für die gesamte Hauptstrecke von Elmshorn bis nach Hamburg, die 32 Kilometer lang wäre, betrüge die Zeitersparnis etwa eine halbe Stunde, erklärte Peter. Wobei er nicht davon ausgehe, dass jemand die ganze Strecke mit dem Fahrrad zurücklegt. Vielmehr gehe es darum, welche Etappenziele der Radfahrer innerhalb einer Viertelstunde erreichen könne, um dann von dort mit Bus und Bahn weiter zu seiner Arbeitsstätte oder Schule zu fahren.
Metropolregion
Bei den Arbeitnehmern würden die aus Schenefeld am meisten profitieren. Sie erreichten 24.509 Arbeitsplätze zusätzlich in dieser Viertelstunde. Danach folgten Wedel (22.325), Quickborn (20.679), Elmshorn (18.142) und Uetersen (867). Für Schulpendler wäre eine solche Radautobahn am attraktivsten in Quickborn (plus 66.793) vor Elmshorn (46.042), Wedel (36431), Schenefeld (30.771) und Uetersen (14.749). Innerhalb von 15 Minuten würden in Elmshorn weitere 34.917 Menschen den Bahnhof mit dem Rad erreichen können. Aus dem Raum Uetersen wäre plötzlich die gesamte Bevölkerung in Tornescher Bahnhofsnähe (plus 19.328). In Quickborn sind es nach Peters Analyse 13.357, in Wedel 13.051 und in Schenefeld 6503 Menschen, die dann zusätzlich den Bahnhof quasi „vor ihrer Haustür“ wähnten – auch wenn er natürlich tatsächlich genauso weit entfernt bleibt wie bisher.
Diese erste Erreichbarkeitsstudie bestätige die Annahmen der eigenen Verkehrsplaner, sagte der CDU-Kreistagsabgeordnete Manfred Kannenbäumer, der als stellvertretender Landrat mit Ulrich Rahnenführer (SPD) aus dem Verkehrsausschuss des Kreistages und mit dem Regionalplaner Hartmut Teichmann aus der Kreisverwaltung die Studie mit vorstellte, die der Kreis Pinneberg initiiert hatte. So habe der Pinneberger Kreistag einstimmig bereits 100.000 Euro bewilligt, um nun eine Machbarkeitsstudie in Auftrag zu geben. „Wir sind Vorreiter“, betonte Kannenbäumer.
Bis Mitte 2018 sollen nun für etwa eine Handvoll schneller Radrouten die konkrete Streckenplanung, die Kosten und mögliche Widerstände beschrieben und berechnet werden, kündigte Marion Köhler vom Büro der Metropolregion an. Die drei Strecken von Hamburg nach Wedel und Quickborn sowie über Halstenbek, Pinneberg, Appen bis nach Elmshorn dürften auf jeden Fall dazugehören, weil sie das größte Potenzial versprächen, mehr Pendler vom Auto auf Fahrräder, Busse und Bahnen umsteigen zu lassen und die Straßen zu entlasten.
„Wir wollen dann so schnell wie möglich damit anfangen“, kündigt der Kreisverkehrsplaner Teichmann an. Zurzeit führen etwa 60.000 Bürger aus dem Kreis Pinneberg täglich zur Arbeit nach Hamburg, 40.000 mit dem Auto und etwa 20.000 mit der Bahn. Eine schnelle Umsetzung würde auch die Chancen erhöhen, ein solches Bauprojekt finanzieren zu können. Denn erstmals hat der Bund für dieses und nächstes Jahr jeweils 25 Millionen Euro an Fördergeld für solche Radschnellwege bereitgestellt. Im Durchschnitt rechnen die Experten mit Kosten von etwa einer Viertelmillion Euro für einen Kilometer dieser vier Meter breiten Radautobahnen.
Aus Sicht des Kreises Pinneberg solle eine solche Radschnellstraße, die insbesondere für Pedelec- und E-Bike-Fahrer attraktiv sein dürfte und möglichst wenige Kreuzungspunkte mit dem Straßenverkehr haben soll, keine Einbahnstraße sein. Kannenbäumer: „Wir erwarten, dass viele Hamburger mit dem Rad in den Kreis Pinneberg kommen.“