Wedel. Auch in Wedel muss nach nur knapp einem Jahr schon wieder der Spülbagger MS „Akke“ anrücken, um das Hafenbecken auszubaggern.

Kaum ein Schiff hat bislang den Weg in Wedels neuen Stadthafen gefunden. Eines allerdings kommt bald schon zum wiederholten Male vorbei, und zwar vom 20. Februar an für vier Tage. Es deutet einiges darauf hin, dass dies auch nicht der letzte Besuch sein dürfte von MS „Akke“. Einem Spülbagger, im Fachjargon auch Wasserinjektionsgerät genannt, einer Maschine für den Kampf gegen den Schlick. Denn der ist nur knapp zehn Monate nach dem letzten Einsatz der MS „Akke“ in Wedel wieder da.

„Wir haben ja gehofft, dass wir den Hafen nicht jedes Jahr entschlicken müssen“, sagt Peter Krause, der sich im Wedeler Bauamt des Themas angenommen hat. Das sei wohl, räumt er inzwischen ein, ein Trugschluss gewesen. „Wir haben jetzt wieder ungefähr 15.000 Kubikmeter Schlick im Hafenbecken.“ Der müsse raus. „Wir wollen das Becken ja als Sportboothafen nutzen und suchen derzeit auch einen Betreiber. Da muss der Hafen betriebsfähig sein.“

Markus Palleschen hat im Frühjahr 2016 als Kapitän der MS „Akke“ den Spüleinsatz in Wedel geleitet
Markus Palleschen hat im Frühjahr 2016 als Kapitän der MS „Akke“ den Spüleinsatz in Wedel geleitet © HA | Alexander Sulanke

Im Vergleich zum Vorjahr ist die in den vergangenen Monaten angefallene Menge geringer. Im April 2016 spülte die MS „Akke“ etwa 27.000 Kubikmeter Sedimentablagerungen – das sind organische Stoffe, also abgestorbene Lebewesen – wieder hinaus in den Strom. Der Rückgang hänge wohl vor allem mit dem Bau der neuen Quermole zusammen, die nun gleich einer Barriere zwischen dem Hafenbecken und der Elbe liegt, heißt es aus dem Wedeler Rathaus.

Die Quermole als Bollwerk gegen Einträge. Grundsätzlich allerdings fällt zurzeit besonders viel Schlick an, und das ist keine Besonderheit des neuen Stadthafens, das ist auch kein Wedeler Problem. „Es betrifft auch den Hamburger Hafen und alle Sportboothäfen in der Region“, sagt einer, der ein echter Schlickexperte ist: Boris Hochfeld, promovierter Geograf in der Abteilung für Wassertiefeninstandhaltung bei der Hamburg Port Authority (HPA). Er untermauert das mit Zahlen, gegen die die im Wedeler Stadthafen angefallene Menge verschwindend gering erscheint: „2011 haben wir ungefähr zwei Millionen Kubikmeter Schlick gebaggert, 2015 sind es mehr als zehn Millionen Kubikmeter gewesen.“ Zurzeit hat die HPA sieben Baggerschiffe unterschiedlicher Größe und Bauart rund um die Uhr im Einsatz.

1943 als Flugzeugbergungskran gebaut

Die MS „Akke“ ist schon 74 Jahre alt. Das Schiff wurde unter den Nazis als Flugzeugbergungskran der Kriegsmarine gebaut.

Nach dem Krieg wurde es zum Tonnenleger umfunktioniert, fuhr unter dem Namen „Brokdorf“ in Diensten der Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes.

Seit 1984 gehört die MS „Akke“ der Meyer & van der Kamp GmbH, die sie zum Spülbagger umgebaut hat. Die heutige Kommandobrücke ist nachträglich auf den früheren Steuerstand aufgebaut worden.

Angetrieben wird die MS „Akke“ von zwei 221-PS-Dieselmotoren. Die Länge des Schiffes beträgt 45,54 Meter, es ist 11,8 Meter breit und hat einen Tiefgang von 1,45 Metern.

Die Bezeichnung des Spülbaggers lautet offiziell Wasserinjektionsgerät. Das Prinzip: Wasser wird angesaugt und in einem scharfen Strahl wieder herausgedrückt.

1/5

Was die Schlickmenge betrifft, spricht Hochfeld von Schwankungen, die auf natürliche Prozesse zurückzuführen seien. Um die momentane Lage zu beschreiben, zieht er das Beispiel einer Toilettenspülung heran. „Wenn viel Wasser von der Quelle die Elbe hinabfließt, wird der Schlick in Richtung Nordsee gespült. Seit etwa drei Jahren kommt aber weniger Wasser.“ Konkret: Etwa 800 bis 900 Kubikmeter Wasser, gemessen bei Geesthacht, seien normal. Zurzeit seien es aber nur etwa 500: Starke Regenfälle und Schneeschmelze seien ausgeblieben. „Und es ist keine Änderung in Sicht.“ Die Flutströmung sei deshalb zurzeit stärker als der Elbstrom, weshalb Schwebstoffe tendenziell flussaufwärts transportiert werden.

Der HPA-Experte findet das aber nicht ungewöhnlich. „Sedimentablagerungen gehören zum Leben am Fluss einfach dazu“, sagt er. „Dort, wo es ruhiger ist, setzen sie sich ab.“ Das sei wie mit dem Tee in einer Tasse, der umgerührt wird. „In der Mitte ist es ruhiger, also setzt sich dort der Zucker ab.“

Willkomm-Höft auf Reisen: Ebenfalls im Frühjahr 2016 wurde der Ponton erstmals weggeschleppt
Willkomm-Höft auf Reisen: Ebenfalls im Frühjahr 2016 wurde der Ponton erstmals weggeschleppt © HA | Katy Krause

Die Mitte der Teetasse – an der Elbe sind es die Hafenbecken. In Wedel wird nicht nur der Stadthafen entschlickt. Schon zuvor wird der Hamburger Yachthafen von Ablagerungen befreit. Und auch am Willkomm-Höft muss die Stadt handeln. Der Ponton droht, wie schon vor einem Jahr, wieder aufzusitzen. „Dort werden wir in der zehnten Kalenderwoche, also ab dem 6. März, entschlicken“, sagt Bauamtsmitarbeiter Peter Krause. Das Ponton werde dafür wieder in den Tonnenhafen geschleppt. Die Fähre nach Lühe verkehrt in dieser Zeit nicht. Krause: „Das Schiff muss ohnehin in die Werft. Das passt also sehr gut.“

Von den zahlreichen Methoden der Entschlickung – es gibt auch Saugbagger und Seilgreifbagger, mit denen Schlick tatsächlich aus dem Wasser herausgeholt wird – hat sich Wedel mit dem Wasserinjektionsgerät für die nach den Worten von HPA-Mann Hochfeld günstigste und unkomplizierteste Lösung entschieden. Hayung Poppe, Geschäftsführer beim „Akke“-Eigner Meyer & van der Kamp GmbH im niedersächsischen Varel, erklärt das Prinzip seines Spülbaggers: „Das funktioniert so, als wenn ich mit einem Gartenschlauch den Sand von meiner Terrasse wegspüle.“ Das Schiff pumpe Wasser an und drücke es durch zwei Rohre unter der Wasseroberfläche wieder hinaus. Dieses Wasser dringe dann in den Schlick ein, wirbele ihn dadurch auf und spüle ihn durch die Hafenzufahrt wieder hinaus in den Strom.