Elmshorn/Kiel/Berlin. Als Bevollmächtigter des Landes beim Bund bereitet Ralph Müller-Beck die Regierung in Kiel auf die Sitzungen des Bundesrats vor.

Er ist in Elmshorn zur Welt gekommen und aufgewachsen, hat in der Kreisverwaltung in Pinneberg gelernt und im Elmshorner Kreiskrankenhaus seinen Zivildienst abgeleistet. Heute sitzt Ralph Müller-Beck an den Schalthebeln der Macht.

Der 47 Jahre alte Ex-Gewerkschaftssekretär und DGB-Chef von Kiel ist der Bevollmächtigte des Landes beim Bund. Seit zweieinhalb Jahren bereitet Müller-Beck, dessen Eltern noch in Elmshorn leben, zum Teil bis spät in die Nacht sämtliche Entscheidungen vor, die Ministerpräsident Torsten Albig (SPD) im Bundesrat trifft. „Das ist ein echter Traumjob“, sagt der Staatssekretär. „Mehr geht nicht. Man ist ganz nah dran an der Entscheidungsfindung der Bundesregierung und dem Gesetzgebungsverfahren, das das Leben aller Menschen in Deutschland tatsächlich beeinflusst.“

In Pinneberg lernte Müller-Beck die Verwaltungslehre in der Kreisverwaltung zu Zeiten von Landrat Jörn Alwes. Sein Ausbilder im Sozialamt war Nils Hammermann, der spätere Bürgermeister von Barmstedt. Danach engagierte sich Müller-Beck vor allem in der Gewerkschaftsarbeit. Er baute nach der Wiedervereinigung für die damalige Gewerkschaft ÖTV Jugendorganisationen in den neuen Bundesländern auf, wurde stellvertretender Landesgeschäftsführer der ÖTV und war schließlich sieben Jahre DGB-Chef in Kiel, bevor ihn Ministerpräsident Torsten Albig zum Staatssekretär im Wirtschaftsministerium berief.

Beide kannten sich gut aus Albigs Kieler Oberbürgermeister-Zeit, während Müller-Beck SPD-Fraktionschef in der Kieler Ratsversammlung und dort als Vorsitzender des Hauptausschusses der direkte Dienstvorgesetzte Albigs war. „Da habe ich immer seine Urlaubsanträge unterzeichnet“, erinnert sich Müller-Beck. Die Urkunde, dass Albig als Kieler Standesbeamter Ehen stiften durfte, trage noch seine Unterschrift, so Müller-Beck.

Vorgänger war Innenminister Stefan Studt

Den Karrieresprung an die Schalthebel der Macht hat dann ein Telefonat an einem Freitagvormittag Ende September 2014 ausgelöst, erzählt Müller-Beck. Albig rief ihn an und sagte: „Du wirst unser neuer Bevollmächtigter in Berlin.“ Der bisherige Amtsinhaber Stefan Studt war gerade Innenminister geworden. Wenige Stunden später hat Albig ihm die Ernennungsurkunde überreicht, und am Montag darauf hat Müller-Beck seine Wohnung in der Landesvertretung der Hauptstadt bezogen. Nun pendelt der zweifache Familienvater ständig zwischen Kiel und Berlin hin und her, um die Haltung und Position der Landesregierung zu allen Gesetzgebungsverfahren auf Bundesebene zu koordinieren, in Berlin durchzusetzen und dementsprechend zu handeln.

Wer dem Bundesrat angehört

Der Bundesrat ist das Parlament der Länderregierungen.

Nach Artikel 51 des Grundgesetzes müssen die Mitglieder in einer Landesregierung Sitz und Stimme haben.

Wie viele Vertreter ein Land entsendet, hängt von seiner Einwohnerzahl ab.

69 Personen gehören dem Bundesrat derzeit an.

Schleswig-Holstein als Bundesland mit mehr als zwei, aber weniger als sechs Millionen Einwohnern stehen vier Sitze zu – einer mehr als die Mindestzahl.

Ordentliche Mitglieder aus Schleswig-Holstein sind Ministerpräsident Torsten Albig (SPD), Robert Habeck (Grüne), Anke Spoorendonk (SSW) und Stefan Studt (SPD). Ihre Vertreter sind Britta Ernst (SPD), Monika Heinold (Grüne), Reinhard Meyer (SPD) und Kristin Alheit (SPD).

Der Bevollmächtigte des Landes beim Bund bereitet in enger Abstimmung mit der Landesregierung die Bundesratssitzungen i Berlin vor.

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Eine Aufgabe, die Müller-Beck unheimlich viel Spaß macht, wie er sagt. Aktuell werde gerade über die geplanten Auswirkungen des Sicherheitspakets nach dem Anschlag auf den Berliner Weihnachtsmarkt diskutiert, wobei es aus Müller-Becks Sicht eher auf eine bessere Kommunikation unter den Landesbehörden als auf populistische Forderungen wie der nach Abschiebegefängnissen ankomme. Auch die Umtauschpflicht für alte Führerscheine bis 2037 sei im Bundesrat lange vorbereitet worden. Um die Bundesdruckerei zu entlasten, hätten sich die Beamten in der Ministerialverwaltung eine komplizierte Fristenregelung für die verschiedenen Geburtsjahrgänge ausgedacht. Ein Verfahren, das dann aber so nicht beschlossen wurde, weil es den Bürgern kaum zu vermitteln gewesen wäre.

In 90 Prozent der Fälle gingen die Bundesratsentscheidungen der Vertreter aus den 16 Bundesländern, die zehnmal im Jahr freitags ab 9.30 Uhr in Berlin tagen, geräuschlos über die Bühne. Manchmal aber wie beim Asylpaket 1, das den Ländern Milliardenzuschüsse für die Unterbringung der Flüchtlinge garantieren sollte, klappte es nicht so auf Anhieb. Da sei Kanzleramtsminister Peter Altmeier (CDU) noch wenige Minuten vor Beginn der Sitzung zu einer Garantiererklärung der Bundesregierung aufgefordert worden, sonst wäre das Gesetz in letzter Minute noch gescheitert, erinnert sich Müller-Beck an diese historische Sitzung Ende 2015.

Auch die SPD-geführten Länder seien sich nicht immer einig. So scherte Schleswig-Holstein bei der Pkw-Maut aus und unterstützte plötzlich das Lieblingsprojekt von Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU). Im Gegenzug erhielt das Land finanzielle Zusagen für die marode A-7-Brücke in Rendsburg, erklärt Müller-Beck den Entscheidungsfindungsprozess. Anschließend trafen sich die SPD-Landeschefs bei der obligatorischen „Kraft-Runde“ am Vorabend der Bundesratssitzung in der Landesvertretung Nordrhein-Westfalens bei Ministerpräsidentin Hannelore Kraft. Müller-Beck vertrat Albig und bereitete sich schon auf ein gehöriges Donnerwetter aus den anderen Bundesländern vor, die allesamt gegen die Pkw-Maut waren. Doch das blieb aus, wundert sich Ralph Müller-Beck immer noch.