Elmshorn. Noch vor einem Jahr die günstigste Tankstadt Deutschlands, jetzt kreisweit Spitze. Wütende Autofahrer rufen online zu Tankboykott auf.
Noch vor einem Jahr war Elmshorn laut einer Studie die günstigste Tankstadt Deutschlands. Das ist Vergangenheit. Seit Wochen liegt die Krückaustadt kreisweit vorn, was die Benzinpreise angeht. 10, 15, zum Teil sogar 20 Cent mehr pro Liter Kraftstoff sind je nach Tageszeit keine Seltenheit. Erste genervte Autofahrer reden in sozialen Netzwerken bereits von einem Tankboykott – und einige setzen ihn längst in die Tat um: Im nur wenige Kilometer entfernten Uetersen ist die Nachfrage deutlich angestiegen.
Einer, der gleichzeitig profitiert und verliert, ist Markus Christoph. Er ist Pächter der Nordoel-Station an der Hamburger Straße in Elmshorn – und betreibt auch die an der Reuterstraße in Uetersen ansässige Nordoel-Filiale. „In Uetersen geht der Umsatz rauf, in Elmshorn kräftig runter“, beschreibt er die Situation. Seit Ende der Weihnachtsferien am 9. Januar liege Elmshorn auf dem hohen Benzinpreis-Niveau. „Wir Pächter haben auf die Preise keinen Einfluss, sie werden von den Konzernen bestimmt“, sagt Christoph, der bereits seit zwei Jahrzehnten im Geschäft ist. Nordoel sei Markenpartner der französischen Total-Gruppe. „Die Zeiten, in denen wir die Preise händisch geändert haben, sind lange vorbei.“
Ein Cent pro verkauftem Liter Kraftstoff macht Markus Christoph nach eigenen Angaben Gewinn. Eine höhere Marge erzielt der Pächter aus den Verkäufen im Tankstellenshop. Während er derzeit deutlich weniger Kraftstoff absetzt, ist die Nachfrage im Shop-Segment kaum betroffen. „Zum Glück“, sagt Christoph, der Dutzende Male täglich auf die Preise angesprochen wird. „Die Person hinter der Kasse ist immer Schuld. Dabei können wir gar nichts dafür“, weiß auch Tanja Domanski. Sie ist Betreiberin der beiden Elmshorner Aral-Stationen – und räumt ebenfalls Umsatzeinbußen ein. „Wir merken die hohen Preise schon“, sagt sie. Besonders auffällig sei der Vergleich mit der dritten von ihr geführten Station. Sie liegt in Rellingen – und damit weit unterhalb des Elmshorner Preisniveaus.
Das sagen Autofahrer
„Es gibt elf Tankstellen in Elmshorn. Alle Pächter sind sauer“, sagt ein weiterer Tankstellenbetreiber, der seinen Namen nicht in der Zeitung lesen will. Auch er spricht von massiven Umsatzeinbußen. „Überall ist tote Hose, die Leute fahren Umwege, um woanders günstiger zu tanken.“ Wenn sich nicht bald etwas an der Situation ändern werde, „dann gehen wir Pächter kaputt“. Bereits durch den Mindestlohn seien die Betriebskosten für die Tankstellenbetreiber stark gestiegen. Er habe mehrfach in der Zentrale seines Konzerns angerufen und nach Gründen für das regionale Preishoch gefragt. „Eine Antwort habe ich nicht bekommen.“
Die Preispolitik – sie ist tatsächlich allein Sache der Mineralölkonzerne. Und die lassen sich nicht in die Karten gucken. Anrufe zu diesem Thema werden geblockt, oder wie im Fall des in Elmshorn ansässigen Orlen-Konzerns (Hauptmarke Star) werden Rückrufe erst für die kommenden Tage versprochen. „In der Regel nehmen die Mineralölkonzerne eine Mischkalkulation vor. Es soll das richtige Verhältnis von guter Absatzmenge und hoher Marge erzielt werden“, sagt Jürgen Albrecht vom Automobilclub ADAC. Bundesweit gäbe es sehr große Schwankungen bei den Benzinpreisen. „Dass es regional auf sehr begrenztem Raum zu größeren Preisunterschieden
kommt, ist eher selten“, so Albrecht. Dieses müsse lokale Ursachen haben.
Der ADAC-Experte empfiehlt den Autofahrern, ihre Marktmacht zu nutzen, Vergleiche im Internet oder auf den angebotenen Smartphone-Apps vorzunehmen und hohen Preisen auszuweichen. Aktuell sind die Preise in Elmshorn sowie auch in Barmstedt am höchsten. Etwas darunter liegen die Zapfsäulen in Horst/Elmshorn sowie in Bokholt-Hanredder. Viel günstiger ist es dagegen in Uetersen, Appen, Pinneberg, Halstenbek, Rellingen, Schenefeld sowie in Hamburg.
Preisvergleich
Albrechts Tipp: „Wenn sich die Nachfragemenge in einer Region stark verringert, führt dies unausweichlich zu einer Preisänderung.“ Auch sei es wichtig, sich „die richtige Tankstelle zur richtigen Uhrzeit auszusuchen“. So seien morgens, mittags sowie spätabends und nachts die Preise am höchsten. Wenn der Preis gerade einmal besonders niedrig ist, ruhig auch bei halbvollem Tank die Zapfsäule ansteuern, rät der Experte.