Wedel/Hamburg. Streit um Gefahr durch Partikelaus Wedeler Kraftwerk geht weiter. Kiel sieht keinen Bedarf für weitere Erhebungen. Anwohner sind sauer.
Die Fronten sind und bleiben verhärtet. Auf der einen Seite fürchten Anwohner des Wedeler Kraftwerkes um ihre Gesundheit und zweifeln das einzige angefertigte Gutachten zum Partikelregen und die darin aufgeführten Messergebnisse an. Auf der anderen Seite machen die Landesvertreter deutlich, dass man in Kiel keinen Bedarf für weitere Messungen und weitere Gutachten in dem Fall sieht.
Der Hamburger Energiebeirat hatte sich zur Aufgabe gemacht, dass Thema zu beleuchten und für mehr Transparenz zu sorgen. Zur Sitzung am Donnerstagabend in der Hamburger Umweltbehörde waren dann auch alle da. Aus Kiel waren Vertreter des Umweltministeriums sowie der Aufsichtsbehörde des Kraftwerks entsandt worden. Zahlreiche Anwohner sowie Ratsmitglieder aus Wedel waren ebenfalls gekommen. Für den Kraftwerksbetreiber Vattenfall saß Geschäftsführer Pieter Wasmuth am Tisch. Zudem war Hamburgs Umweltminister Jens Kerstan anwesend.
Zur Debatte stand der seit Sommer auftretende Ascheregen, der sich aus dem Wedeler Steinkohlekraftwerk über die Nachbarschaft verteilt. Es ging um die lange Ursachenforschung, die Maßnahmen und vor allem um die gesundheitlichen Gefahren, die je nach Betrachter von den Partikeln ausgehen oder nicht. Gerade um Letzteres wird gestritten.
Umweltministerium sieht keinen Grund zur Sorge
Aus Sicht des Kieler Umweltministeriums besteht für die Anwohner kein Grund zur Sorge. Das wurde am Donnerstagabend bekräftigt. Die in den genommenen Probepartikeln gefundenen Stoffe seien in einem unbedenklichen Maße festgestellt worden. Ein Gesundheitsrisiko werde deshalb ausgeschlossen. Dabei berufe man sich auf das Ergebnis des in Auftrag gegebenen Gutachtens. Das steht allerdings stark in der Kritik.
Das ist geplant
Christian Tebert vom Institut für Ökologie und Politik (Ökopol) war ebenfalls eingeladen und trug dem Energiebeirat seine eigene Einschätzung vor. Und die sieht so ganz anders aus. Tebert hatte sich im Auftrag der Bürgerinitiative mit dem toxikologischen Gutachten befasst und in einer fachlichen Stellungnahme im November schwere Vorwürfe erhoben, die er am Donnerstag wiederholte. Tebert zweifelt die Untersuchungsmethode an, hält die genommenen Probemengen für zu gering, die zugrundegelegten Grenzwerte für zu niedrig und letztlich das „Risiko heruntergerechnet“. „Das Kraftwerk funktioniert derzeit nicht. Es ist nicht Stand der Technik“, so Tebert, der neue Messungen fordert und zügige Abhilfe gegen den Ascheregen.
Landesamt weist Kritik an Gutachten zurück
Das Kieler Umweltministerium und die Aufsichtsbehörde wiesen die Vorwürfe entschieden zurück. Letztere bezog erstmals Stellung zu den konkreten Vorwürfen und kam zum Ergebnis: „Die von Ökopol im Einzelnen vorgebrachten Kritikpunkte sind nach eingehender Prüfung nicht stichhaltig. Die toxikologische Bewertung hat Bestand“, wie es in einer Stellungnahme des Landesamtes für Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume (LLUR) heißt. In einem Schreiben teilt Umweltminister Robert Habeck Wedels Bürgermeister Niels Schmidt dazu noch Folgendes mit: „Nach unserer Einschätzung lassen weitere Gutachten keinen Erkenntnisgewinn hinsichtlich der toxikologischen Relevanz der ausgeworfenen Partikel erwarten, der zu einer abweichenden Bewertung führen würde.“
Allerdings blieben am Donnerstag einige Fragen der Beiratsmitglieder unbeantwortet. Warum wird die Belastung durch Luftschadstoffe nicht gemessen? Was würde so etwas kosten? Ist auszuschließen, dass die Partikel zerfallen und durch die Luft wirbeln? Einige Bedenken hinsichtlich des Ascheregens konnten so auch nicht zerstreut werden.
Für Kerstin Lueckow als Sprecherin der Bürgerinitiative „Stopp! Kein Mega-Kraftwerk in Wedel“ ist nun klar: „Wir kommen so nicht weiter. Es geht uns um die Gesundheit der Bevölkerung von Wedel und Rissen. Wenn man partout nicht messen will, dann müssen wir diese Luftschadstoffmessungen eben beauftragen und bezahlen.“ Die BI hat Tebert mit einem Messkonzept beauftragt.