Kreis Pinneberg. Der Marderhund breitet sich auch im Kreis Pinneberg aus. Jäger und Naturschützer fordern eine Ausweitung der Jagd auf ihn mit Fallen
In Japan wird der Marderhund als Tanuki verehrt, hierzulande ist er ein unerwünschter Neubürger. Dabei hat er sich längst integriert und ist auch im Kreis Pinneberg auf dem Vormarsch. Laut Jagd- und Artenschutzbericht wurden hier 2015/16 insgesamt 208 tote Marderhunde registriert. Noch aussagekräftiger sind die landesweiten Zahlen: 1982 tauchte der Marderhund erstmals in der Jagdstatistik des Landes auf. Während in Schleswig-Holstein 2005 noch 203 getötete Marderhunde gezählt wurden, waren es fünf Jahre später bereits 844. Jedes Jahr stieg die Anzahl um ein Vielfaches an. Im Jagdjahr 2015/2016 wurde mit 4369 Tieren bislang ein Höchststand an erlegten oder tot aufgefundenen Marderhunden erreicht.
Eine Ausrottung erscheint unmöglich, obwohl der Marderhund keiner Schonzeit unterliegt. Auf EU-Ebene wird die Eindämmung von Neozoen gefordert. Doch das Landesgesetz macht es den Jägern schwer. „Der Marderhund ist scheu und schwer zu bejagen“, sagt Sven Schwake, stellvertretender Vorsitzender der Kreisjägerschaft Pinneberg. Um ihm habhaft zu werden, sei eine Ausweitung der Fallenbejagung notwendig. Doch die wird in Schleswig-Holstein besonders streng reglementiert.
„Zum einen braucht es eine zusätzliche Fallenausbildung, zum anderen müssen Fallen zweimal am Tag kontrolliert werden“, sagt auch Kreisjägermeister und Präsident des Landesjagdverbandes Wolfgang Heins. Das sei zeitaufwendig, und dafür bräuchte es mehr Manpower. „Wir werden uns am 29. April auf dem Landesjägertag zu diesem Thema auch mit den Landespolitikern austauschen“, sagt Heins.
Vertreter des Naturschutzbundes (Nabu) sind gespalten in der Bewertung des Einwanderers. Größere Schäden seien wie auch beim Waschbären nicht belegt, heißt es auf der Homepage. „Bei einer Untersuchung toter Jungtiere fanden sich in 77 Prozent der Mägen Insekten und nur im geringem Umfang Säugetiere und Vogelreste“, sagt Uwe Helbing, Schutzbeauftragter des Nabu Haseldorfer Binnenelbe und Elbevorland. Gut gefüllte Mägen hätten vor allem Früchte enthalten. „Bei Alttieren war der Anteil kleiner Wirbeltiere deutlich höher.“ Neben Fröschen und Kröten seien insbesondere Mäuse und Maulwürfe in der Nahrung häufig vertreten. Der Anteil an Aas war hoch, und die Hälfte der Mägen enthielt Insekten.
Die Ergebnisse zeigten, dass der Marderhund gemächlich sammelnd wie ein Dachs durch sein Revier zieht. Klettern können die Tiere nicht. Die Beute suchen sie unter Sträuchern und oft auch an Ufern. „Damit ist der Marderhund auch eine Gefahr für Bodenbrüter und Wasservögel“, sagt Helbing.
Der Naturschutzexperte sieht aber in dem Marderhund nicht den alleinigen Grund für den Rückgang seltener Vögel. „Es ist eher die Vielfalt an Prädatoren, also Räubern.“ Neben dem Marderhund seien es vor allem der Fuchs und der eingeschleppte Mink, die Gelege ausräuberten. Dass Rotschenkel, Kiebitz, Uferschnepfe und Co. kaum noch vorkämen, sei aber auch auf intensive Landwirtschaft und trockengelegte Wiesen zurückzuführen, so Uwe Helbing.
Er selbst habe in der Hetlinger Schanze schon tagsüber ein Marderhund-Paar beobachtet. „Das Weibchen trug sein Junges im Maul und kam direkt auf mich zu“, sagt er. Als das scheue Tier ihn bemerkte, machte es rasch kehrt. Obwohl er dem Marderhund auch etwas Putziges abgewinnen kann, ist Helbing für die Ausweitung seiner Bejagung auch im Naturschutzgebiet. „Wir sind darüber mit der Jägerschaft im Gespräch.“ Doch zum einen sei das im Landesnaturschutzgesetz untersagt, zum anderen reagierten gejagte Tierarten mit mehr Nachwuchs auf die Dezimierung reagieren. Zudem müsste darauf geachtet werden, dass durch die Jagd auf den Marderhund nicht auch selten gewordene Seeadler verscheucht würden.
Auch auf Pagensand wird der Marderhund schon seit fünf Jahren bejagt. So wurden allein 2015/16 etwa 30 Marderhunde auf Wunsch der Naturschützer geschossen. Die gesamte Elbinsel steht unter Naturschutz und gehört als Natura 2000-Gebiet zu den europaweit wichtigsten Schutzflächen. Lange Zeit fanden Wiesenvögel auf der Insel ideale Lebensbedingungen, doch jetzt sind sie kaum noch anzutreffen.