Kreis Pinneberg. Sondereinheit des Landeskriminalamtes versucht, Täter nach Jahren zu überführen. Welche Fälle im Kreis Pinneberg offen sind
Mord verjährt nie. Und deswegen werden in solchen Fällen die Akten auch nicht geschlossen. Dank der modernen Technik können Verbrechen auch Jahrzehnte später aufgeklärt werden. Damit das noch häufiger vorkommt, ist vor kurzem beim Landeskriminalamt in Kiel eine Spezialeinheit gegründet worden. Die Cold Case Unit (CCU), was frei übersetzt Einheit für ungelöste Fälle heißt.
180 Fälle liegen jetzt auf den Schreibtischen der beiden Ermittler, die das LKA extra dafür abgestellt hat. Die Fälle stammen aus allen vier Mordkommissionen des Landes – und damit auch aus dem Kreis Pinneberg. Die Zahl ungelöster Morde sei höher als 180, sagt LKA-Sprecherin Carola Jeschke. Ausgewählt worden seien von der CCU die Fälle, wo ein Einsatz neuer DNA-Techniken und Analysemethoden möglich und erfolgversprechend ist.
Welche Fälle das sind, wird nicht verraten. Der älteste stammt aus dem Jahr 1946, der jüngste aus 2015. Bislang haben die Ermittler der vier Mordkommissionen im Land alte Fälle bearbeitet, sobald sie dafür Zeit hatten. Die Itzehoer Mordkommission, die für die Kreise Pinneberg, Steinburg und Dithmarschen zuständig ist, hat beispielsweise 2013 nochmals versucht, zwei längere Zeit zurückliegende Morde aufzuklären. Jedoch ohne Erfolg.
Beide Taten ereigneten sich im Hochhaus am Holstenplatz 6 in Elmshorn – in einem Abstand von 24 Jahren, 1986 und 2010. Und beide ähneln sich, es geht jeweils um Raubmord. 1986 traf es Frederike Walther, eine 84 Jahre alte Witwe. Ihr Mann war ein Jahr zuvor verstorben, seitdem wohnte sie allein in der kleinen Wohnung im fünften Stock. Am 30. September, einem Dienstag, versuchten Verwandte sie gegen 21 Uhr anzurufen. Jedoch erfolglos. Am Morgen des darauffolgenden Tages öffneten sie mit einem Schlüssel die Wohnung. Alle Räume waren durchwühlt. Frederike Walther saß tot in ihrem Sessel. An ihrem Hals fanden sich Würgemale. Es fehlte eine größere Geldsumme.
Gleiches Haus, zweites Opfer: Am 12. Februar 2010 klingelten um 10 Uhr zwei Frauen an der Tür von Ilse Baetcke und gaben sich als Paketboten aus. Als die 89-Jährige, gestützt auf ihren Rollator, die Tür öffnete, stießen die Täterinnen sie zu Boden. Sie durchwühlten die Wohnung, packten Schmuck und Geld ein. Dann erpressten sie von ihrem Opfer die Pin-Nummer der EC-Karte.
Während eine Frau in der Wohnung blieb, ging die andere über die Straße zur Sparkasse. Auf der Kameraaufzeichnung ist zu sehen, wie die Täterin in Paketboten-Kleidung 1000 Euro abhebt. Sie trägt Handschuhe, eine dunkle Mütze mit Schirm, eine große Sonnenbrille und eine auffällige Umhängetasche mit großen Einzugsösen über der rechten Schulter. In einer Einstellung ist das Gesicht schemenhaft zu sehen. Und dennoch ist bis heute weder die Frau noch ihre Komplizin enttarnt. Eine Tatverdächtige, die ins Visier der Ermittler geriet, wurde vom Gericht mangels Beweisen freigesprochen.
Im Dunkeln tappen die Ermittler auch im Mordfall Wilfried Weber. Der alleinstehende Bundesbahnbeamte war am Morgen des 17. Mai 1980 erwürgt in seiner Wohnung an der Gerhardstraße 6 in Elmshorn entdeckt worden. Aus den Räumen fehlten 300 Mark in Scheinen plus eine größere Menge Münzen, eine silberne Digitaluhr und ein goldener Herrenring mit einem schwarzen Stein.
1974 schlug ein Sexualtäter in der Nähe von Bahnhöfen zu. Ihm fiel die 68 Jahre alte Elisabeth Gohlke zum Opfer, die am 15. Mai gegen 22 Uhr in Pinneberg mit einem schweren Gegenstand niedergeschlagen und vergewaltigt wurde. Sie wachte noch einmal kurz aus der Bewusstlosigkeit auf, starb jedoch dreieinhalb Wochen nach der Attacke.