Kreis Pinneberg. Waschbär, Nilgans, Wollhandkrabbe und Co. haben längst den Kreis Pinneberg erobert. Sie bereiten den heimischen Arten Probleme.

In Elmshorn ging einer vom Waschbär geplagten Hausbesitzerin kürzlich ein ebensolches Exemplar in die Falle. Sie hatte Apfelkuchen als Köder ausgelegt, um den nächtlichen Ruhestörer zu überlisten. Die Chinesische Wollhandkrabbe, die ursprünglich aus Ostchina stammt, wurde auch schon in Tornesch auf dem Kunstrasen des Torneums gesichtet. Ganz in der Nähe befinden sich ein Wassergraben und ein Rückhaltebecken.

Die Jägerschaft im Kreis Pinneberg befürchtet den Rückgang des Niederwildes wie Hase, Fasan und Rebhuhn sowie der Bodenbrüter wie Kiebitz und Lerche durch die Ausbreitung des Marderhundes. Der Räuber aus Sibirien hat längst die Marsch erobert. Drei Beispiele, die zeigen, dass auch im Kreis Pinneberg die tierische Invasion nicht aufzuhalten ist.

Mit der „Unionsliste“ invasiver Arten hat die EU 2016 erstmals 37 zu bekämpfende Tier- und Pflanzenarten benannt, die mit ihrer Ausbreitung Lebensräume, Arten oder Ökosysteme beeinträchtigen und daher der biologischen Vielfalt schaden können. Aus Sicht des Naturschutzbundes (Nabu) deutlich zu wenig. So findet sich auf der Liste zwar der auch im Kreis Pinneberg bereits weit verbreitete Waschbär, nicht aber der ätzende Riesenbärenklau oder das Drüsige Springkraut.

„In der Biologie sprechen wir bei den tierischen Einwanderern von Neozoen“, erläutert Uwe Langrock vom Nabu Pinneberg, mit 800 Mitgliedern der drittgrößte Ortsverband in Schleswig-Holstein. „Der Begriff kommt aus dem Altgriechischen und bedeutet übersetzt neue Lebewesen“. Unterschieden würden vier Zeitabschnitte der Invasion: Das Zeitalter der Entdeckungen (16. Jh.), des Kolonialismus’ (17. und 18. Jh.), der industriellen Revolution (1830–1950) sowie der menschlichen Mobilität (ab 1950).

„Oft kamen die neuen Arten als blinde Passagiere auf Schiffen oder in Flugzeugen nach Europa wie etwa die Bohrmuschel“, sagt Uwe Langrock. Andere Tiere wurden als Haus- oder Nutztiere eingeführt. Später sind sie ausgebrochen oder wurden ausgesetzt. Wiederum andere Neozoen wurden in Deutschland absichtlich eingeführt. Fast immer hat man dies später bereut, weil sie heimische Tierarten verdrängen können.

Auch die Folgen des Klimawandels spielen eine Rolle, so der Experte. So können warme Strömungen und milde Temperaturen das Überleben mancher exotischer Neubürger sichern. „Doch was ist, wenn wir wieder mehrere kalte Winter haben?“, gibt der Naturschützer zu bedenken. Das könnte schnell auch wieder das Ende einer neuen Art bedeuten.