Kreis Pinneberg. In ganz Schleswig-Holstein herrschen Stallpflicht und strenge Hygienevorschriften. Das Weihnachtsgeschäft ist in Gefahr

Normalerweise würden sich Hunderte von weißen Gänsen draußen tummeln. Doch nun ist die Wiese des Hofs Hachmann in Bevern verwaist. Stattdessen drängen sich die Tiere im Stall. Grund ist der Erreger H5N8. Nachdem Fälle von Geflügelpest bei Wildvögeln festgestellt worden sind, gilt seit dem 10. November landesweit eine Aufstallungspflicht. Aufgrund von Krankheitsfällen in einer Geflügelhaltung im Kreis Schleswig-Flensburg wurden am 17. November die Sicherheitsvorkehrungen noch einmal verstärkt und strenge Hygienevorschriften erlassen. Im Kreis Pinneberg treffen die Maßnahmen etwa 700 Privathaltungen und Betriebe.

So auch den Hof von Nils und Anja Hachmann in Bevern. Während ihre 1000 Hähnchen ohnehin im Stall untergebracht sind, mussten die Gänse extra einquartiert werden. „Wir haben zum Martinstag mehr Gänse als sonst geschlachtet, weil es so viele Anfragen gab. Zum Glück, muss man sagen, denn sonst hätten wir ein großes Platzproblem bekommen“, erklärt Nils Hachmann. Statt 350 musste die Familie so nur etwa 200 Gänse unterbringen. Dennoch kein ganz einfaches Unterfangen: „Auf der Wiese können sich die Tiere aus dem Weg gehen, sie brauchen viel Platz, weil sie verspielt sind. Im Stall ist das jetzt deutlich schwieriger“, sagt Anja Hachmann.

Die Hygienevorkehrungen bedeuten eine zusätzliche Belastung. Schutzanzüge, Handschuhe, Wannen mit Desinfektionsmitteln – in den Stall dürfen nur noch Mitarbeiter, und das auch nur, wenn sie entsprechend präpariert sind. Selbst Sohn Ben darf sich seinen Zwerghühnern und Wachteln nur in entsprechender Bekleidung nähern. „Sollte im Kreis Pinneberg ein bestätigter Fund auftauchen, weiß noch keiner, welche Auflagen dann noch hinzukommen“, sagt Nils Hachmann. Klar ist nur: Dann würde ein Sperr- und Beobachtungsbezirk eingerichtet werden. Das bestätigt auch Kreissprecher Oliver Carstens. Bis gestern habe es keinen Fall von Geflügelpest im Kreis gegeben. „Es gibt täglich Verdachtsfälle bei Wildvögeln, aber das war bislang alles harmlos“, sagt Carstens.

Die Sicherheitsvorkehrungen treffen die Geflügelhalter zur ungünstigsten Zeit im Jahr, das Weihnachtsgeschäft steht an. Hachmanns befürchten, dass sie im Falle eines Sperrbezirks kein Geflügel mehr ausliefern könnten, sie bieten ihren Kunden daher an, die Weihnachtsgans schon jetzt zu holen und einzufrieren. „Es gibt viele Kunden, die das Angebot annehmen“, sagt Anja Hachmann.

Vorzuschlachten, darüber wurde auf dem Geflügelhof Neumann in Tornesch-Ahrenlohe auch schon nachgedacht. Von wenigen Ausnahmefällen abgesehen wird dort aber darauf verzichtet. „Für uns ist die Frische am wichtigsten, und auch unsere Kunden wollen ihre Puten frisch“, sagt Geschäftsinhaberin Stefanie Przibylla. Sie blickt mit Sorge auf das Weihnachtsgeschäft. An den Marktständen und im Hofladen fragten viele, ob sie noch bedenkenlos Geflügel essen dürften, einige seien auch schon ganz weggeblieben. „Wir sind froh um jeden, der fragt und dann trotzdem kauft“, so Przibylla. 7000 Puten sind derzeit in den Ställen in Tornesch-Ahrenlohe. Sollte das Weihnachtsgeschäft ausfallen, könnte es die Existenz des Betriebes bedrohen.

Hachmanns in Bevern sind ebenfalls in Sorge, auch wenn der Betrieb nicht allein auf die Geflügelhaltung angewiesen ist. Sie ist neben den Milchkühen und dem Getreideanbau eines von drei Standbeinen, wenn auch ein sehr großes. Der finanzielle Ausfall wäre eine Sache. Sollte es den Betrieb tatsächlich direkt treffen, würden Nils Hachmann aber vor allem die sinnlosen Tötungen der Tiere zu schaffen machen. „Wir kümmern uns liebevoll um unsere Tiere und schlachten auch selbst. Sollte bei uns auf dem Hof die Geflügelpest ausbrechen, würden alle Tiere einfach getötet und entsorgt werden“, so Hachmann.

Die Familie Hachmann macht sich viele Gedanken um ihre Tiere und um die Produktion. Gerade erst wurde es in der Milchkrise etwas besser, nun dreht sich seit eineinhalb Wochen alles um die Geflügelpest. „Eine Sorge löst die andere ab. Das ist alles sehr kräftezehrend“, sagt Nils Hachmann. Es gibt aber auch einen Lichtblick: Abbestellungen oder Umsatzeinbußen hat er auf seinem Hof bislang nicht.

Wie lange die Stallpflicht andauern wird, kann noch keiner sagen. Das betont auch Kreissprecher Oliver Carstens. Bis auf weiteres bleiben die Wiesen leer -- und die rund 47.000 Hühner, Enten, Gänse, Puten und Tauben, die beim Kreis registriert sind, im Stall.