Pinneberg/Elmshorn. Eine Einladung für Menschen in prekären Verhältnissen vom 11. bis 13. November zum Festival der Barmherzigkeit in Rom.

Gerd Reßke hat auf der Straße gelebt, er war obdachlos. Sein Stammplatz war direkt neben dem Elmshorner Rathaus. Manchmal schlief er auf dem Bahnsteig. Eineinhalb Jahre ist das her, nun reist er kommende Woche nach Rom – zu Papst Franziskus. Das Oberhaupt der Katholiken hat Menschen, die sich in prekären Lebensverhältnissen befinden, vom 11. bis 13. November zum Europäischen Festival der Freude und Barmherzigkeit eingeladen. Reßke ist einer von 4000 Menschen, die dieser Einladung folgen.

Vor zehn Wochen hat Peter Diekmann von der sozialen Wohnraumhilfe Reßke, Roumen Hardt und Derk Bieler angesprochen, ob sie Interesse hätten. Zwei weitere Wohnungslose vom Schäferhof in Appen werden ebenfalls mitreisen. Der Diözesancaritasverband organisiert mit der Hamburger Caritas, der katholischen Akademie Hamburg und dem Malteser Hilfsdienst die Wallfahrt von etwa 100 Wohnungs- und Obdachlosen.

Die drei Männer sind nicht katholisch, sie sind nicht einmal in der Kirche. Dennoch sagten sie zu. „Das ist eine einmalige Gelegenheit, den Papst zu sehen und den Vatikan zu besuchen“, sagt Derk Bieler. Bevor er wohnungslos wurde, hat er 30 Jahre lang bei der Bahn gearbeitet. Er selbst habe vor der Not der Menschen, denen er begegnet ist, die Augen verschlossen. „Das macht der Papst nicht, er schaut hin. Das finde ich gut. Denn wie ich selbst mittlerweile weiß, passiert einem so etwas schneller, als man denkt.“

Richtig nah werden die drei dem Papst nicht kommen, dazu sind es zu viele Pilger. Stellvertretend für alle werden einige ihre Geschichte erzählen dürfen. Diekmann weiß, wie unterschiedlich diese sein können. Er selbst erfährt über seine Schützlinge täglich etwas Neues. Wie über Roumen Hardt, der in Bulgarien geboren wurde, auf Mallorca aufwuchs und über mehrere Zwischenstationen nach Pinneberg kam. Diekmann hat dem 46-Jährigen geholfen, eine Wohnung zu finden, schon bald kann Hardt dort einziehen.

„Der Papst schreibt, er will Menschen begegnen, die in ihrer Existenznot zeigen, was Leben auch heißen kann“, sagt Diekmann. Die Einladung solle zeigen, dass auch die Menschen an den Rändern der Gesellschaft wahr- und ernstgenommen werden.

Den Papst sehen, ihm zuhören, Rom besichtigen und die Gemeinschaft zu erleben mit Menschen aus anderen Ländern und denen aus der Umgebung, das ist den Pinneberger Pilgern wichtig. Bieler und Hardt hatten sich bereits vorher in der Unterkunft am Thesdorfer Weg kennengelernt. Reßke sind sie erst beim Treffen für die Pilgerreise begegnet. Der 60-Jährige lebt dank der Wohnraumhilfe wieder in einer eigenen Wohnung in Elmshorn. Er hatte als Koch gearbeitet, bekam dann ein Burnout. „Ich wollte nicht mehr. Ich habe die Tür zur Wohnung hinter mir zugemacht und bin gegangen, ich habe einfach alles zurückgelassen.“ Er kämpfte mit Depressionen und Alkohol, heute hat er beides im Griff, arbeitet mittlerweile ehrenamtlich in der Bahnhofsmission Elmshorn – zusammen mit den Menschen, die ihn im Winter von der Straße geholt haben.

Bieler hat nie auf der Straße gelebt, doch auch er wurde wohnungslos. Für den 44-Jährigen ging es nach seiner Scheidung bergab, auch psychisch. Weil er keine Wohnung fand, landete er letztlich in der Unterkunft in Pinneberg. Von den drei Pilgern ist er als einziger noch auf der Suche, doch er wirkt zuversichtlich. Alle drei hadern nicht mit ihrem Schicksal. Roumen Hardt sieht die Reise als Geschenk, das er gern annimmt: „Der Papst wirkt sehr sympathisch.“