Wedel. Umweltbehörde legt ein Gutachten zum Partikelregen aus dem Kraftwerk vor. Wedeler Bürgerinitiative kritisiert die Expertise jedoch.

Der Partikelregen aus dem Schornstein des Wedeler Kraftwerks hat nun Niederschlag in einem vom Landesamt für Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume (LLUR) in Flintbek in Auftrag gegebenen Gutachten gefunden. In der Expertise, die dieser Zeitung vorliegt, geht es um die Frage, ob und inwieweit der Ende Juli über den Wohngebieten rund um den Tinsdaler Weg niedergegangene Auswurf schädlich für die menschliche Gesundheit war. Das Kraftwerk hat in der Vergangenheit schon oft Teilchen gespuckt. Wie berichtet, hatten sie nun aber erstmals eine grünliche und gelbliche Färbung. Die Anwohner waren noch besorgter als ohnehin schon.

Das 15-seitige Papier aus der Feder des Krefelder Sachverständigen Joachim Haselbach von der Firma ATC – Angewandte Tox-Consult kommt zu einer unmissverständlichen Einschätzung. Zusammenfassend heißt es: „Abschließend ergibt die durchgeführte humantoxikologische Bewertung, (...) dass vom Partikelniederschlag aus dem Kamin (...) auf die Umgebung (einschließlich von Wohngebieten) aus humantoxikologischer Sicht kein relevantes Risiko für adverse Effekte auf die menschliche Gesundheit ausgeht. Diese Bewertung schließt die mögliche Exposition von Kindern ausdrücklich mit ein.“ Heißt: Der Partikelregen mache nicht krank.

Das Gutachten ist gestern auch der Wedeler Verwaltung und etlichen Bürgern aus der Nachbarschaft des Kraftwerks zugestellt worden. Hier wie dort fällt eine Bewertung unterschiedlich aus. Bürgermeister Niels Schmidt sagt, das Gutachten zeige, dass sorgfältig mit dem Thema umgegangen werde, Kerstin Lueckow, Kraftwerks-Nachbarin von der Initiative „Kein Mega-Kraftwerk in Wedel“, ist hingegen gar nicht zufrieden.

Zunächst einmal missfällt ihr, dass es 13 Tage gedauert habe, das LLUR dazu zu bewegen, Proben einzuholen. Lueckow blättert im Kalender und erinnert sich: Am 27. Juli, einem Mittwoch, gingen die Partikel nieder. „Einen Tag später haben wir das gemeldet, noch einen Tag später war ein LLUR-Mitarbeiter hier“, sagt sie. „Er hat aber keine Proben mitgenommen.“ Am 8. August habe die Behörde nach Proben gefragt, am 9. August sei ein Mitarbeiter bei ihr gewesen. Inhaltlich fällt ihr insbesondere auf, dass die in den Partikeln gemessenen Chrom- und Nickelwerte deutlich über den Richtwerten der Bundes-Bodenschutz- und Altlastenverordnung (BBodSchV) liegen. Und nicht nur das. Im Gutachten heißt es: „Der pH-Wert von 1,5 zeigt, dass das Eluat (der herausgelöste Stoff, Anm. d. Red.) aus dem untersuchten Partikelniederschlag relativ sauer ist, dementsprechend ist auch etwa die Hälfte des gemessenen Chroms und Nickels in Wasser löslich.“

Vor dem Hintergrund, dass die Säureskala von einem pH-Wert von sieben (neutral) bis null (extrem sauer) reicht, hält Kerstin Lueckow die Formulierung „relativ sauer“ für falsch. Es müsse vielmehr „sehr sauer“ heißen. „Außerdem ist nicht untersucht worden, wie sich die Partikel im wochenlangen Dauerregen verhalten haben“, kritisiert sie. Und berichtet von Verätzungen auf dem Lack etlicher Autos im Viertel, die nicht sofort gewaschen wurden.