Pinneberg. In der Serie stellen wir das jeweils älteste Haus in den Kommunen vor. Heute: Die Drostei in Pinneberg, die bald 250 Jahre alt wird.

Wer die Geschäftsführerin des Kreiskulturzentrums besucht, findet in ihrem Büro eine große Stellwand vor. Darauf sind Termine im Herbst 2017 notiert, die von großer Bedeutung für das Haus sind. Ein wichtiges Jubiläum soll gebührend gefeiert werden, und Stefanie Fricke steckt mitten in den Vorbereitungen. Im Herbst kommenden Jahres ist die Drostei im Pinneberger Zentrum 250 Jahre alt. Es ist das älteste Gebäude der Stadt, zudem das bedeutendste Baudenkmal im Kreis und gilt als eines der Hauptwerke des norddeutschen Backsteinbarock mit leichten Rokokoanklängen.

Bereits vor dem Bau des Stadtpalais in den Jahren 1765 bis 1767 stand auf der Fläche ein Schloss, erbaut in den Jahren 1470 bis 1474, und davor eine hochmittelalterliche Burg. Das Schloss brannte 1658 im dänisch-schwedischen Krieg nieder und wurde 1720 abgerissen. Das Anwesen mit heutiger Adresse Dingstätte 23 ist also schon über Jahrhunderte der Ort gewesen, von dem aus die Herrschaft Pinneberg verwaltet wurde.

Landdrost wurde 1764 strafversetzt

Ein Bild aus der Zeit der Sanierung, die bis Anfang der 1990er-Jahre dauerte
Ein Bild aus der Zeit der Sanierung, die bis Anfang der 1990er-Jahre dauerte © HA | privat

Ein Jahr vor Baubeginn war der Geheime Konferenzrat Hans von Ahlefeldt-Seestermühe als neuer Landdrost nach Pinneberg gekommen, um für die dänische Krone die Grafschaft Pinneberg zu verwalten. Für den 55-Jährigen kam die Versetzung einer Degradierung gleich, hatte er doch zuvor höchste Staatsämter innegehabt. Der Grund für die Versetzung: Hans von Ahlefeldt-Seestermühe hatte sich mit dem Dänenkönig Friedrich V. überworfen. Nach seinem Bauherren wurde das Haus lange Ahlefeldt-Schloss genannt. Nicht eindeutig geklärt ist der Architekt des Prachtbaus. Aufgrund vergleichbarer Bauten wird jedoch davon ausgegangen, dass mit dem Hamburger Ernst Georg Sonnin (1713-1794) ein bedeutender Ingenieur und Architekt im Zeitalter der Aufklärung verantwortlich war.

1863 endete die Herrschaft der Dänen. Die Drostei wurde zum Sitz des preußischen Landrates und ab 1919 Landrat des Kreises Pinneberg. 1929 bezog das Pinneberger Katasteramt einen Teil des Gebäudes.

Das historische Ensemble hat auch eine braune Vergangenheit. Am 19. November 1933 wurde aus der Landdrostei das Standartenhaus der SA in Pinneberg. In der Eingangshalle befand sich eine Horst-Wessel-Gedenkstätte. 1938 benötigte das Katasteramt mehr Platz, und die SA musste ausziehen. Es existieren Fotos aus der Zeit der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft mit überdimensionalen Hakenkreuzfahnen an dem Gebäude.

Nach dem Krieg wurde das Land Schleswig-Holstein als Rechtsnachfolger des Preußischen Staates Besitzer der Drostei. 1984 schenkte das Land dem Kreis Bau und Drosteipark. Das Katasteramt bezog neue Räume an der Friedenstraße. Es bestand weitgehende Einigkeit unter Politikern und Pinneberger Bürgern, dass aus dem Gebäude ein Kreiskulturzentrum werden sollte. Eine Sanierung begann, die sich bis 1991 hinzog. Die war so gründlich, dass selbst ein Vierteljahrhundert danach noch kein Reparatur- und Sanierungsbedarf festzustellen ist.

Stefanie Fricke, Künstlerische Leiterin der Drostei, plant das Jubiläum
Stefanie Fricke, Künstlerische Leiterin der Drostei, plant das Jubiläum © HA | Thomas Pöhlsen

Das Kreiskulturzentrum wurde in eine Stiftung eingebettet. Das Stiftungskapital beträgt 360.000 Euro. Stefanie Fricke gibt rund 220.000 Euro pro Jahr aus. Auf der Einnahmenseite stehen Zuwendungen des Kreises, Spenden und Einnahmen bei den Veranstaltungen.

Als „super spannend“ empfindet sie die Aufgabe, das Programm des Kulturzentrums einer Kreisstadt in unmittelbarer Nähe zur Metropole Hamburg zu gestalten. „Wir müssen uns immer messen.“ Es gelte, die Menschen zu überzeugen. Hauptsächlich arbeite sie für die Menschen im Kreis, hat aber auch nichts dagegen, wenn die Hamburger kommen.

Mit dem Barockfestival hat die Drostei ein Alleinstellungsmerkmal entwickelt. Wo finden Sie so etwas sonst noch?“, lautet ihre rhetorische Frage.

Von dem Motto „Haus des Barock und der Moderne“ hat sich die Drostei wieder verabschiedet. Es wurde von den Programmmachern als zu einengend und auch als nicht passend empfunden. Stefanie Fricke beackert ein weiteres Feld der Kultur. Als kleinen Ritterschlag dürfen die Drostei-Macher die Ernennung zum Kulturknotenpunkt durch das Land empfinden. Zusammenarbeit mit anderen Kulturzentren wie dem Burg-Kino und dem Museum Langes Tannen in Uetersen oder dem Elmshorner Kranhaus gab es bisher schon. Die Vernetzung mit Kulturvereinen aus dem Kreis soll aber intensiviert werden, etwa über einen Veranstaltungskalender auf der Drostei-Website.

Zum Jubiläum im nächsten Jahr plant Stefanie Fricke vier große Veranstaltungen. Mit ihnen möchte sie „Schwellenängste abbauen“ und auch die Menschen in das Kulturzenturm locken, die bisher nicht oder selten den Weg in die Drostei gefunden haben. Es gibt etwa eine Open-Air-Festwoche und Ausstellungen, mit denen unter anderem die deutsch-dänische Vergangenheit des Hauses thematisiert wird.

2007 zum 240-jährigen Bestehen hatte der langjährige Vorsitzende des Kreis-Heimatverbandes, Dieter Beig, die Geschichte der Drostei in Buchform aufgearbeitet. Titel: „Kultur – ein langer Weg“. Zum Jubiläum 2017 soll eine erweiterte Ausgabe erscheinen.