Klein Offenseth-Sparrieshoop. In unserer Serie stellen wir das jeweils älteste Haus der Kommunen vor. Heute: Die alte Bauernkate, die eine neue Heimat in Iowa fand.

Was hat Klein Offenseth-Sparrieshoop mit dem weit entfernten Staat Iowa in Amerika gemeinsam? Nichts? Doch, und zwar ein 294 Quadratmeter großes schleswig-holsteinisches Bauernhaus. Denn das älteste, noch überwiegend im ursprünglichen Zustand erhaltene Gebäude steht nicht etwa im Ortskern der kleinen Gemeinde im Norden des Kreises Pinneberg – sondern 7200 Kilometer entfernt, mitten in der Kleinstadt Manning in Iowa. Wer die Baukultur des alten Acht-Ständer-Niedersachsenhauses von 1660 bewundern möchte, muss also zuerst mit Flugzeug oder Schiff den Atlantik überqueren.

Doch was steckt hinter dieser kuriosen Geschichte, wie kommt ein komplettes Bauernhaus von Schleswig-Holstein in die USA? Claus Hachmann, der ehemalige Eigentümer des jetzt in Übersee stehenden Hauses, kann sich noch gut daran erinnern, wie es zu dem ungewöhnlichen Umzug kam.

Seit 1833 ist das alte Bauernhaus, auch Wappen-Kate der Gemeinde genannt, im Besitz der Familie Hachmann. Claus Hachmann selbst erbte das historische Gebäude 1983 nach dem Tod seines Vaters. Zuletzt befand sich das Haus baulich in einem schlechten Zustand. „Die Sanierung hätte viel zu viel Geld gekostet“, sagt Hachmann. „Das hätte sich für mich nicht gelohnt.“ Der
66-Jährige bot daraufhin das historische Gebäude der Gemeinde an. Das Dorf wollte es aufgrund der beträchtlichen Sanierungskosten jedoch nicht haben. Claus Hachmann bekam eine Abrissgenehmigung.

Doch bevor der Bagger anrollte, kam unerwartet eine Botschaft aus Amerika. Hachmann bekam die Information, dass ein Heimatverein aus Manning auf der Suche nach einem alten schleswig-holsteinischen Bauernhaus für seine überwiegend aus Norddeutschland abstammende Bevölkerung war. Die sogenannte Manning Heritage Foundation hatte eine Anfrage beim Freilichtmuseum Molfsee in der Nähe von Kiel gestellt.

Zufällig passte Hachmanns Haus genau in das Anforderungsprofil: Das ehemalige Bauernhaus war 14 mal 21 Meter groß und hatte eine Dachfläche von rund 600 Quadratmetern. „Ich war fasziniert von der Idee, das Haus abzubauen und in Manning wieder aufzubauen“, sagt Hachmann. „Die Nachricht kam wie gerufen, ich war zuvor schon mehrfach in Iowa gewesen.“

1996 wurde das alte Fachwerkhaus der Gemeinde in Klein Offenseth-Sparrieshoop abgebaut und in Manning, Iowa wieder aufgebaut
1996 wurde das alte Fachwerkhaus der Gemeinde in Klein Offenseth-Sparrieshoop abgebaut und in Manning, Iowa wieder aufgebaut © Claus Hachmann | privat

Zwischen der Anfrage und dem tatsächlichen Umzug vergingen sechs Jahre. 1996 begannen Facharbeiter des Museums Molfsee und Arbeitskräfte der kommunalen Beschäftigungsgesellschaft mit dem Abbau. Nach vier Wochen Arbeit wurden die uralten, noch brauchbaren Balken, Türen, Möbel, Arbeitsgeräte und alte Backsteine in die Umzugskisten gepackt – in diesem Fall in zwei Container à sechs und zwölf Meter Länge. Am 27. August 1996 endlich ging das Fachwerkhaus aus Klein Offenseth-Sparrieshoop auf die Reise nach Manning. Startpunkt war in Bremen, von dort aus ging es über den Seeweg nach Chicago und mit Bahn und Lkw weiter zum Zielort.

Innerhalb eines Jahres wurde das alte Bauernhaus in Manning wieder aufgebaut. Für das Mauerwerk wurden die Steine eines 100 Jahre alten Ziegelhauses aus Chicago verwendet, für das neue Dach wurden extra 7000 Reet-Bündel aus Fehmarn importiert. Hachmann selbst war während der Bauarbeiten drei Mal in Amerika. „Ich habe das Projekt als meine Baustelle betrachtet und mich darum gekümmert“, so der ehemalige Besitzer. „Auch wenn es juristisch nicht meine Angelegenheit war.“

Vom Ergebnis und dem Engagement der Bürger von Manning war und ist Hachmann begeistert. „Die ganze Community hat nach ihren Möglichkeiten mitgeholfen. Bezahlte Arbeit gab es sehr wenig.“ Für den Ab- und Aufbau hat die Manning Heritage Foundation rund 100.000 Dollar aufgebracht. Das Haus selbst verschenkte Hachmann an die Stiftung.

Im Jahr 2000 wurde das Niedersachsenhaus als Heimat- und Museumshaus, oder wie die Amerikaner es liebevoll nennen, als German Hausbarn eingeweiht. „Die ganz alten Herrschaften sprechen noch Plattdeutsch“, so Hachmann. „Das haben sie von ihren eingewanderten Großeltern gelernt. Hochdeutsch spricht dort fast niemand.“

Günther Korff, Bürgermeister von Klein Offenseth-Sparrieshoop, freut sich über die besondere Verbindung zu Iowa. „Die Leute kehren zu ihrer deutschen Identität zurück“, so Korff. „Es ist schön, dass die Menschen die Kultur unserer Gemeinde verfolgen.“

Heute ist Hachmann Ehrenbürger von Manning. Das German Hausbarn ist ein Anziehungspunkt geworden, auch für Touristen aus Schleswig-Holstein.