Elmshorn. Bevor Angelika Hoch-Beig als Leiterin der Stadtbücherei Elmshorn aufhört, gibt sie den Abendblatt-Lesern zum Abschied Lese-Tipps.

Die langjährige Leiterin der Stadtbücherei Carl-von-Ossietzky, Angelika Hoch-Beig, geht in den Ruhestand. Nach 35 Jahren in der Elmshorner Stadtbücherei endet am 1. September ihr aktives Berufsleben. Angelika Hoch-Beig ist seit 1981 Mitarbeiterin der Stadt. Seit 1982 hat sie als Leiterin die Geschicke der Stadtbücherei maßgeblich beeinflusst und die Bücherei zu einer der meistbesuchten kulturellen Einrichtungen der Stadt Elmshorn mit einem modernen und umfassenden Medienangebot gemacht.

In Norderstedt baute sie die Fahrbücherei auf

Am Mittwoch wurde sie von Wegbegleitern innerhalb und außerhalb der Stadtverwaltung mit einer kleinen Feierstunde verabschiedet. Unter den Gästen waren Kollegen, Bürgermeister Volker Hatje, Stadtrat Dirk Moritz und Heinz-Jürgen Lorenzen, Direktor der Bücherei-Zentrale Schleswig-Holstein.

Der erinnerte sich daran, wie Angelika Hoch-Beig frisch vom Studium des Bibliothekswesens in Hamburg kam und nach einem kurzen Zwischenstopp in Rendsburg die Aufgabe erhielt, eine Fahrbücherei in Norderstedt aufzubauen. „Obwohl sie zwei Jahre später nach Elmshorn ging, blieb Angelika Hoch-Beig der Büchereizentrale sehr verbunden“, sagte er in seiner Abschiedsrede. Ihr großes Engagement lobte auch Stadtrat Dirk Moritz, der ein wenig in ihrer Personalakte geforscht hatte und dort auf den ersten dienstlichen Vermerk von 1983 stieß: Der bescheinigte, dass Angelika Hoch-Beig „ihre Aufgaben fest im Griff“ hatte. „Das ist doch was ganz erfreuliches“, bemerkte Dirk Moritz.

Was Sie lesen sollten

Juli Zeh: Unterleuten: Juli Zeh, „Unterleuten“: Manchmal kann die Idylle auch die Hölle sein. Wie das Dort „Unterleuten“ irgendwo in Brandenburg. Flüchtig betrachtet, ein Dorf mit schrulligen Originalen , die den Ort nach der Wende prägen, und unberührte Natur. Doch als eine Investmentfirma einen Windpark errichten will, brechen Streitigkeiten wieder auf, die lange unterdrückt wurden. Denn da ist der Gegensatz zwischen den neu zugezogenen Berliner Aussteigern, die mit großstädtischer Selbstgefälligkeit in sämtliche Fettnäpfchen der Provinz treten, und den Alteingesessenen, und zwischen Wendegewinnern und -verlierern. Kein Wunder, dass im Dorf bald die Hölle los ist. Ein packender Gesellschaftsroman.

Anthony Doerr, „Alles Licht, das wir nicht sehen“: 1944, nach der Invasion der Alliierten in der Normandie, treffen sich die Lebenswege einer jungen Französin und eines Deutschen. Marie-Laure, ein blindes Mädchen, ist mit ihrem Vater, der am „Museum National d’Histoire Naturelle“ arbeitet, aus dem besetzten Paris zu ihrem kauzigen Onkel nach Saint-Malo ans Meer geflohen. Werner, ein schmächtiger Waisenjunge aus dem Ruhrgebiet, wird wegen seiner technischen Begabung von den Nazis gefördert, und in eine Wehrmachtseinheit gesteckt, die feindliche Sender aufspürt. Einen solchen bedient Marie-Laures Onkel. Krieg und Poesie sind die Säulen des kunstvoll verwobenen Romans.

Vanessa Diffenbaugh, „Die verborgene Sprache der Blumen“: Victoria ist eine Außenseiterin, vorwiegend in Kinderheimen und Pflegefamilien aufgewachsen, bleibt sie am liebsten allein. Ihr Interesse gilt Blumen und deren verborgene Bedeutung. Mit 18 ist Victoria obdachlos, bis sie einen kleinen Job im Blumenladen annimmt. Sie ist erfolgreich, weil sie die Blumensträuße analog zu den Gefühlen der Kunden zusammenstellt. Bei ihrer Arbeit lernt sie Grant kennen, der die selbe Gabe besitzt und die Sprache der Blumen kennt. Zum ersten Mal seit langer Zeit hofft sie wieder auf Liebe. Die Autorin aus Boston hat selbst Pflegekinder betreut. Ihr Debüt leist sich flüssig, ist lehrreich und emotional berührend.

Eugen Ruge, „In Zeiten des abnehmenden Lichts“: 1952 kehren Charlotte und Wilhelm aus dem mexikanischen Exil zurück, um als überzeugte Kommunisten beim Aufbau der DDR mitzuhelfen. Charlottes Sohn Kurt wird nach Moskau gehen, zehn Jahre in einem sibirischen Gulag überleben und Jahre später mit seiner russischen Frau Irena nach Neuendorf zurückkehren, um fortan unauffällig und angepasst zu leben. Der gemeinsame Sohn Alexander fühlt sich vom Sozialismus abgestoßen und geht 1989 in den Westen, hinterlässt eine verwirrte, in den Grundfesten erschütterte Familie. Ein vielschichtiger Deutschlandroman, der seine widersprüchlichen, zerrissenen Figuren lebendig werden lässt.

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Angelika Hoch-Beig habe die tiefgreifenden Veränderungen der Bibliothek maßgeblich mitgestaltet. Dazu zählte der Umzug vom Torhaus in die jetzigen Räume an der Königstraße und dort der Anbau ab 1989. Denn für die damals 35.000 Medien reichte der Platz hinten und vorne nicht. Der Ausbau erfolgte während des laufenden Betriebs, was die eigentliche Herausforderung war, so Moritz. Ein weiterer großer Schritt sei die Umstellung 1993 von Karteikarten auf digital gewesen. Die Einführung der EDV dauerte immerhin drei Jahre, verlief aber reibungslos. Als weiteren Meilenstein erwähnte er die Eröffnung der Stadtteilbücherei im Stadtteil Hainholz an der Erich Kästner Gemeinschaftschule (KGSE).

In den vergangenen Jahren habe sich ein steter Wandel vollzogen. „Die Bedürfnisse und Ansprüche der Kunden haben sich verändert“, sagte Dirk Moritz. Online-Leihe, eBooks, ein verändertes Freizeitverhalten... Angelika Hoch-Beig und ihre Mitarbeiter seien dem Wandel und der zunehmenden Abkehr vom Lesen stets kreativ und ideenreich begegnet. Aus dem stillen Lesesaal wurde immer mehr Begegnungsstätte und Veranstaltungsraum.

Der Abschied erfolgt aus gesundheitlichen Gründen

Der Abschied fällt der 60-Jährigen nicht leicht. „Mir hat die Arbeit viel Freude gemacht“, sagt die Elmshornerin. „Ich hatte Glück, viele spannende Veränderungen mitmachen zu können.“ Sie geht aus gesundheitlichen Gründen. Der Krebs ist zurück, sechs Jahre nachdem erstmals Brustkrebs diagnostiziert wurde. Im Juni nun der zweite Schock. Doch Angelika Hoch-Beig gibt sich zuversichtlich: „Das wird schon.“ Der Tumor konnte operativ entfernt werden, eine Bestrahlung ist nicht erforderlich.

Den Ruhestand will die Bibliothekarin zum Lesen nutzen. Sport findet sie „furchtbar“, und die Gartenarbeit überlässt sie lieber ihrem Mann, der gelernter Gärtner ist. Vielleicht sucht sie sich dann eine ehrenamtliche Aufgabe im Tierschutz, aber sie habe „keinen Plan jetzt schon“. Nur soviel steht fest: „Ich werde viel lesen.“ Denn dafür blieb neben der Arbeit gar nicht so viel Zeit. Von einer Kollegin hat sie eine Liste mit Titeln von Büchern bekommen, die sie unbedingt lesen soll. Mit den Lesern von Hamburger Abendblatt teilt sie das Insiderwissen aber gern (siehe unten).

Stadtbücherei Carl von Ossietzky,
Königstraße 56, in Elmshorn, 04121/29 39 30, info@stadtbuecherei-elmshorn.de,
Öffnungszeiten: Montag, Mittwoch, Donnerstag, Freitag 10 - 18 Uhr, Dienstag geschlossen, Sonnabend 9 - 13 Uhr. Stadtteilbücherei Hainholz in der KGSE, Hainholzer Damm 15, in Elmshorn, 04121/475 13 33, buecherei@kgse.de, Öffnungszeiten: Montag, Dienstag, Mittwoch 8 - 16 Uhr, Donnerstag 8 - 17 Uhr, Freitag 8 - 13 Uhr, Sonnabend und während der Schulferien geschlossen.