Kreis Pinneberg. Die Junge Union will einen regelmäßigen Tauglichkeits-Check für Autofahrer ab 65 Jahren. Doch die Senioren-Union widerspricht.
312 Unfälle im Straßenverkehr wurden 2015 im Kreis Pinneberg von Senioren verursacht. Für die CDU-Nachwuchsorganisation Junge Union (JU) sind das deutlich zu viele. Die Kreis-JU hat auf dem jüngsten Kreisverbandstag einen Antrag beschlossen, der auf Landes- und Bundesebene zum Thema gemacht werden soll. Er fordert, dass sich alle Autofahrer ab dem 65. Lebensjahr regelmäßig auf ihre Fahrtauglichkeit hin untersuchen lassen müssen. Gegenwind gibt es nun ausgerechnet von der Senioren-Union, dem Zusammenschluss der Parteimitglieder über 60 Jahre.
„Es besteht kein Anlass für obligatorische Führerscheintests“, sagt Josef Werner (75), der Kreisvorsitzende der Senioren-Union. Er verweist auf die Unfallbilanz des Statistischen Bundesamtes. Demnach gehörten mehr als doppelt so viele Unfallverursacher der Altersgruppe der 18- bis 24-Jährigen an, als der Gruppe der über 65-Jährigen.
Bundesweit mag das stimmen. Im Kreis Pinneberg weist der Verkehrssicherheitsbericht der Polizei für 2015 andere Zahlen aus. 292 Mal verursachten junge Fahrer im Alter von 18 bis unter 25 Jahren einen Verkehrsunfall. Senioren über 65 Jahre als Verursacher führt die Polizei 312 Mal auf, dabei starben drei Senioren. Dagegen ließ kein junger Fahrer im Straßenverkehr sein Leben. In den vergangenen drei Jahren lagen die Zahlen von Senioren als Unfallverursacher stets über denen der jungen Fahrer.
Untersuchungen sollen zur Unfallvermeidung beitragen
„Bei den jungen Autofahrern ist eine der häufigsten Unfallursachen Übermut. So etwas kann man bei Untersuchungen nicht feststellen lassen“, sagt Birte Glißmann (23) aus Seestermühe, die Kreisvorsitzende der JU. Die körperliche Leistungsfähigkeit im Alter könne dagegen sehr wohl ärztlich überprüft werden. „Wir sind dafür, dass sich die Autofahrer ab einem Alter von 65 Jahren regelmäßig verbindlich auf ihr Reaktionsvermögen testen lassen müssen“, so Glißmann.
Die 23-Jährige ist überzeugt, dass sich durch derartige verpflichtende Untersuchungen Dutzende Unfälle verhindern lassen – eben weil eine größere Zahl von Senioren ihre Fahrerlaubnis verlieren würde. Ein entsprechender Antrag wurde auf dem Kreisverbandstag einstimmig beschlossen. Und er nimmt nicht nur die älteren Fahrzeuglenker ins Visier. So fordert die JU, auch jüngere Autofahrer zur regelmäßigen Überprüfung ihrer Sehfähigkeit zu verpflichten. Bisher gilt so etwas nur für Lkw-Fahrer. „Die Sehfähigkeit wird mit zunehmendem Alter schlechter. Aber wenn bei der Ausstellung des Führerscheins keine Brille eingetragen ist, wird das nicht mehr überprüft“, kritisiert Glißmann.
Jung gegen Alt – diesen Streit innerhalb einer Partei will Senioren-Union-Chef Werner nicht vom Zaun brechen. Er hat daher die Junge Union für Montag, 31. Oktober, um 15 Uhr zu einer Podiumsdiskussion ins Hotel Rellinger Hof eingeladen, wo gemeinsam mit dem verkehrspolitischen Sprecher der CDU-Bundestagsfraktion Gero Storjohann über das Thema „Führerschein auf Zeit? Überprüfung der Fahrtauglichkeit bei Senioren“ diskutiert werden soll.
„Wir haben die Einladung bekommen. Das Problem ist die Uhrzeit, weil die meisten von uns dann arbeiten“, sagt Glißmann. Es sei aber vereinbart worden, dass JU-Vertreter demnächst eine Vorstandssitzung der Senioren-Union besuchen werden. Den Antrag werde die JU nicht zurückziehen, so die Kreisvorsitzende. „Wir werden ihn am 4. und 5. Oktober auf unserem Landesverbandstag einbringen und zur Abstimmung stellen.“
Unterstützung für die JU kommt von Hans-Detlef Engel. Der 79-Jährige ist CDU-Mitglied in Schenefeld, er betrieb mehr als fünf Jahrzehnte eine Fahrschule und war lange Zeit Chef des Fahrlehrerverbandes Hamburg. „Ich begrüße den Vorstoß der Jungen Union“, sagt er und verweist darauf, dass sich Lkw-Fahrer ab vollendetem 50. Lebensjahr alle fünf Jahre untersuchen lassen müssen, um die Fahrerlaubnis behalten zu können. „Pkw haben ein ähnlich hohes Gefährdungspotenzial wie Lkw.“ In Dänemark gebe es verpflichtende Untersuchungen für ältere Autofahrer. „In Deutschland wird das politisch nicht diskutiert, weil keine Partei ihre potenziellen Wähler vergraulen will“, sagt Engel. Deshalb glaubt er auch nicht an einen Erfolg der JU-Initiative. „Die Bundes-CDU wird die schon wieder zurückpfeifen.“