Pinneberg. In Pinneberg geht mit Henning Fuchs der landesweit dienstälteste Chef eines Versorgers. Scheidender Geschäftsführer findet klare Worte.
Henning Fuchs trägt Sakko und Hemd. Auf die Krawatte hat er verzichtet. „Ungewöhnlich“, wie der 65-Jährige betont. In den vergangenen Jahrzehnten habe fast jeder Arbeitstag mit dem Knoten des Schlipses begonnen. Ungewöhnlich wird auch das Gespräch, das wir in den kommenden anderthalb Stunden führen. Zum einen, weil es das letzte sein wird, das der Lokaljournalist mit Fuchs als Geschäftsführer der Pinneberger Stadtwerke führt. Vor allem aber, weil der gebürtige Flensburger, der in seiner Funktion stets sehr genau überlegte, was er öffentlich von sich gab, die neue Freiheit nutzt. Fuchs lässt es kurz vor seinem Ruhestand nicht an Kritik fehlen. Pinnebergs Kommunalpolitiker hätten in den zurückliegenden Jahrzehnten viele Fehler gemacht.
„1988 war die Stadt gesund, jetzt ist sie schwach und krank“, lautet die Diagnose des 65-Jährigen. Die Krise sei zweifellos „ein Kollektivergebnis“. Nur auf Bürgermeistern herumzuhacken – für Fuchs zu kurz gedacht. Vor allem auf dem Sektor der Gewerbeansiedlung sei einiges versäumt worden. „Die Politik schiebt eine erhebliche Bringschuld vor sich her.“
Rückblick: Als Henning Fuchs, der als Sohn eines Korrespondenten einen Teil seiner Kindheit in Kopenhagen verlebte, am 1. April 1988 als 37-Jähriger seinen Dienst bei den Stadtwerken Pinneberg antritt, sind die noch am Rathaus beheimatet. Die Werkhallen stehen an der Müssentwiete im Norden der Kreisstadt. „Damals habe ich gedacht, ich bleibe nur zwei Jahre“, erinnert sich Mister Stadtwerke, der in Tübingen studiert und vor der Station Pinneberg als stellvertretender Kurdirektor in Timmendorf gewirkt hat. Falsch gedacht. Fuchs findet schnell Gefallen an den Herausforderungen, die ihn in der Kreisstadt erwarten. Und bewältigt sie. Die Zusammenlegung der Abteilungen auf einem Gelände am Hafen etwa ist sein Werk. Für 7,5 Millionen Mark entsteht 1997 eine neue Heimat – ein Generalunternehmer verwirklicht das Projekt. „Wir haben den Umzug damals ohne Einschränkungen für die Kunden hinbekommen“, erinnert sich der 65-Jährige nicht ohne Stolz.
Auch wenn es um die Optimierung des Betriebs geht, kann Fuchs einiges vorweisen: Von 1988 bis 2010 seien 45 Prozent Personal abgebaut worden. „Ausschließlich über normale Fluktuation, wir haben niemanden rauswerfen müssen.“
Für Pinneberg sind die Stadtwerke ein Goldesel. Um den städtischen Etat stünde es noch desaströser, gäbe es nicht alljährlich eine Gewinnabführung des Tochterunternehmens. 2,6 Millionen Euro erwirtschaftete der Versorger im vergangenen Jahr. War zwischenzeitlich auch mal eine Verkauf der Werke im Gespräch, ist das mittlerweile vom Tisch. „Die Stadtwerke werden so lange geliebt, wie sie Geld ins Rathaus schleppen“, sagt Fuchs mit einem Augenzwinkern. Der jährlich Schluck aus der Pulle sei für die Stadt wertvoller als ein einmaliger Verkaufserlös.
Fuchs’ Nachfolger steht bereit. Sven Hanson hat sich in einem aufwendigen Auswahlverfahren gegen 70 Mitbewerber durchgesetzt. Für sein Engagement in der Kreisstadt verlässt der 48-Jährige, der eigentlich aus dem Rheinland stammt, eine Insel. In den vergangenen sechs Jahren hatte der Diplomingenieur für Wirtschaft die Stadtwerke auf Norderney geleitet. Ein Job mit besonderen Herausforderungen. Schließlich wächst auf dem Fleckchen Erde in der Nordsee im Sommer die Zahl der zu versorgenden Menschen von gerade mal 6000 auf dann 50.000 an. Fuchs hat sich aus der Auswahl seines Nachfolgers übrigens bewusst herausgehalten.
Seinen Dienst an der Pinnau wird Hanson, der verheiratet ist und eine 19-jährige Tochter hat, am 1. Juli antreten. Dann trifft er auf seinen Vorgänger, der sich noch einige Wochen Zeit nehmen kann, seinen Nachfolger einzuarbeiten. Der dienstälteste Stadtwerke-Geschäftsführer in ganz Schleswig-Holstein hinterlässt ein Unternehmen, das mit seiner Tochter pinnau.com in den vergangenen Jahren massiv in die Breitbandversorgung investiert hat. Ein Feld, auf dem noch geackert werden muss, wie Fuchs einräumt: „Wir haben 17 Millionen Euro investiert, haben 90 Prozent des Stadtgebiets erschlossen und müssen jetzt strampeln.“ Langfristige Verträge zwischen Wohnungsunternehmen und Internet-Anbietern erschweren die Vermarktung. Die strategische Entscheidung, auf schnelles Internet zu setzen, sei jedoch richtig. „Ich bin vom Erfolg überzeugt“, so Fuchs. Ziel bleibe, bis 2025 in die Gewinnzone vorzustoßen. Ein Erfolg, den dann sein Nachfolger auskosten könnte. Fuchs, der am Wochenende gern am Millertor mit dem FC St. Pauli mitfiebert, wird sich womöglich ehrenamtlich engagieren. „Irgendwas muss man machen“, sagt er. Den Gang in die Politik schließt er annähernd aus.