Uetersen . Kongsbak entwickelt Gepäckstücke für weltweit bekannte Firmen – und für die Schweizer Garde. Die Exemplare sind allesamt Spezialkoffer.

Ich packe in meinen Koffer… Dieses Spiel kennt wahrscheinlich fast jeder. Was man alles in einen Koffer hineinpacken kann, das weiß kaum jemand besser als Torsten Haritz. Haritz ist Geschäftsführer des in Uetersen ansässigen Kofferbauers C. J. Kongsbak. Und er baut nicht irgendwelche Koffer. Die Exemplare, die in der Uetersener Werkstatt entstehen, sind allesamt Spezialkoffer, Individualanfertigungen. Sogar die Schweizer Garde schwört auf die Koffer von Kongsbak und kauft sie.

Ein Marimbafon
Ein Marimbafon © HA | Kongsbak

„Die Schweizer Garde ist seit etwas mehr als zehn Jahren unser Kunde“, sagt Haritz. Einmal pro Jahr werden von Uetersen aus spezielle Aktenkoffer nach Rom geliefert, die den genauen Anforderungen der Garde an Aktensicherheit entsprechen. Doch es sind nicht nur kleinere Aktenkoffer, die Kongsbak herstellt. Für Kunstgalerien werden mehrere Meter große Spezialkoffer gefertigt, in denen teure Gemälde transportiert werden können, für den Norddeutschen Rundfunk hat das Uetersener Unternehmen die Transportkoffer für alle Teile des mobilen Wahlstudios der ARD hergestellt. „Alles, was im Fernsehen nachher zu sehen ist, ist in unseren Koffern transportiert worden“, sagt Torsten Haritz, und da klingt ganz schön viel Stolz mit.

Ganz besonders interessant findet Haritz auch Aufträge, die aus der Medizinbranche kommen. „Olympus und Pentax bestellen regelmäßig bei uns sehr ausgeklügelte Kofferlösungen“, sagt der Geschäftsführer. Etwa für mobile Röntgengeräte, die Tierärzte einsetzen, oder aber für Operationssimulatoren. Das Prinzip ist genial. Eine Hälfte des Koffers enthält den Monitor, der ausgebaut werden kann, sowie medizinische Komponenten. Die andere Hälfte des Koffers dient als OP-Tisch. Eine künstliche Hautmembran ist aufgespannt, zwei kleine Löcher für die Einführung des OP-Werkzeugs sind vorhanden. Unten im Koffer ist eine Kamera, die alles auf den Monitor überträgt, was unter der Membran geschieht. Angehende Ärzte können so etwa minimalinvasive Eingriffe üben, ohne ein lebendes Objekt oder einen großen OP-Raum dafür nutzen zu müssen. Das spart enorme Kosten in den Kliniken und hält die OP-Räume für wichtige Operationen frei. Auch auf Messen sind solche Präsentationskoffer gefragt.

1868 von einem Dänen gegründet

1868 gründete der Däne Christen Jacobsen Kongsbak nach Kriegsgefangenschaft die Kofferfabrik C. J. Kongsbak in Altona. Sie stellte zunächst Ledertaschen her. Sein Sohn Bernhard erweiterte die Produktion auf Export- und Autokoffer, Sättel und Pferdegeschirr.

1929 übernahm John Max Conrad Degelow die Firma. Maschinen ergänzten von diesem Zeitpunkt an die Handarbeit. 1933 wurde das Firmengebäude erweitert, zehn Jahre später, 1943, wurde das Unternehmen ausgebombt, danach begann der Wiederaufbau.

1958 plante Hamburg seine Infrastruktur neu, Kongsbak musste daher seine Werkstätten in Altona aufgeben.

1964 zog die Firma nach Uetersen um. Hans-Heinrich Testorf übernahm die Firmenleitung. Kongsbak entwarf von diesem Zeitpunkt an auch Koffer für Nähmaschinen und Filmrollen.

Seit 2010 ist Torsten Haritz Geschäftsführer. Das Unternehmen wurde erneut modernisiert, CNC-Fräsen wurden unter anderem angeschafft, um weitere neue Produkte für den Markt anbieten zu können.

Mehr als 40 renommierte Unternehmen zählen derzeit zum Kundenstamm des Uetersener Unternehmens.

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„Es wird hier nie langweilig, weil jeder Koffer, den wir entwickeln, neue Herausforderungen an uns stellt“, sagt Torsten Haritz. Mit dem Kunden wird besprochen, was er möchte, dann werden Ideen entwickelt, wie das Gewünschte sinnvoll umgesetzt werden kann. Die Mitarbeiter hätten vieles in Eigenverantwortung zu entscheiden. „Niemand weiß besser, wie so ein Koffer funktionierten muss, als meine Mitarbeiter, die jahrelange Erfahrung darin gesammelt haben“, sagt der Chef.

Zwölf Mitarbeiter hat das Unternehmen. Es ist eines von gerade einmal einer Handvoll Firmen in Deutschland, die Spezialkoffer nach Kundenwunsch bauen. Die Liste der Unternehmen, die auf die Uetersener Wertarbeit setzen, ist beeindruckend.

Das Who’s who europäischer Firmen nutzt die Koffer

Vom Flugzeugbauer Airbus über den TÜV, den NDR, Olympus, Pentax, Samsonite, Delsey, L’Oreal und Bosch bis hin zu Porsche, Hellermann Tyton, Thyssen Krupp und eben der Schweizer Garde ist alles vertreten. Das Who’s who europäischer und außereuropäischer Unternehmen und Organisationen vertraut auf Kongsbak. Der Grund dafür, so Haritz, liege in der Qualitätsarbeit. „Unser Kapital ist unser guter Ruf, unsere gute Qualität“, sagt er. Reklamationen gebe es so gut wie nie. Auch bei den Materialien setzt der Kofferbauer auf hochwertige Komponenten. Billige Verschlüsse, schlechte Rollen, unsauberes Fräsen – undenkbar. Es würde sofort den Ruf beschädigen. „Wir sind daher nicht gerade der günstigste Anbieter, aber unsere Kunden wissen zu schätzen, was wir ihnen bieten“, sagt Haritz.

Koffer für endoskopisches Gerät
Koffer für endoskopisches Gerät © HA | Kongsbak

Etwa vier Wochen dauert die Entwicklung eines Spezialkoffers von der Ideenfindung bis zum Bau. Ein Spezialkoffer aus Uetersen kostet schnell zwischen 300 und 3000 Euro. Spezialaufträge, so erzählt der Geschäftsführer, seien eine kleine Marktnische, die aber gut bezahlt werde. Mehr als 2000 Koffer werden pro Jahr gefertigt. Der Umsatz liege jährlich bereits im siebenstelligen Euro-Bereich.

Trotz des großen Erfolges will Kongsbak nicht wachsen. „Wir sind zufrieden mit dem, was wir haben und anbieten können“, sagt Haritz. Ein zu starkes Wachstum könnte dazu führen, dass es schwerer wird, Qualitätsstandards zu halten. Das kleine Team kenne einander, und jeder wisse, worauf es ankommt. Je größer ein Betrieb werde, desto unpersönlicher werde er.

„Wir vertrauen auf die Erfahrung unserer Mitarbeiter, sie ist Gold wert“, sagt Haritz. Viele Mitarbeiter sind 30 Jahre und länger dabei. Aber auch die müssen irgendwann in Rente. Dann braucht Haritz Nachfolger. Was muss also ein angehender Kofferbauer für Fähigkeiten mitbringen? Torsten Haritz: „Er muss handwerklich begabt sein. Und Spaß am Basteln für Fortgeschrittene haben.“ Er muss eben ein richtiger Tüftler sein.