Kreis Pinneberg. Regio Kliniken und Familienbildungsstätte arbeiten enger zusammen. Im Schnitt vier Entbindungen pro Tag deuten auf ein Rekordjahr hin.

Alle Geburtsvorbereitungskurse der Pinneberger Geburtsklinik im Regio Klinikum werden künftig in der Familienbildungsstätte in der Bahnhofstraße 18 angeboten. Beide Organisationen haben am Mittwoch in Pinneberg einen entsprechenden Kooperationsvertrag unterzeichnet. Damit haben werdende und junge Eltern jetzt eine Anlaufstelle für die Rundum-Versorgung von den Schwangerschaftskursen bis zur Stillberatung. Ein Grund dafür ist, dass die Regio Kliniken den steigenden Bedarf dieser Vorbereitungskurse wegen eines anhaltenden Babybooms nicht mehr allein bewältigen können.

So scheint die vor zwei Jahren als babyfreundlich zertifizierte Geburtsklinik bei jungen Familien voll im Trend zu liegen, wie die aktuellen Zahlen zeigen. Im Schnitt kommen jeden Tag vier Kinder in Pinneberg zur Welt. Von Januar bis Mai waren es genau 561 Neugeborene, fast 100 mehr als im gleichen Vorjahreszeitraum. Und 2015 war bereits mit knapp 1200 Geburten ein neues Rekordjahr. „Wir sind mit unseren Geburtsvorbereitungskursen an die räumlichen Grenzen gestoßen“, sagt Geburtsklinikchef Dr. Stefan Geist.

In den 1990er-Jahren sei die Geburtsvorbereitung immer mehr in die Krankenhäuser verlagert worden, während sich die Familienbildungsstätten (FBS) auf die Nachsorge und Mutter-Kind-Gruppen konzentriert hätten, sagt die Pinneberger FBS-Leiterin Gudrun Gaden. Nun werde diese Arbeitsteilung, die mancherorts sogar zu einem Konkurrenzdenken führte, zu einer geradezu idealen Zusammenarbeit im Interesse aller Beteiligten aufgelöst. „Dieses Rundum-Paket, das alles vor und nach der Geburt abdeckt, ist völlig neu, auch wenn es im Grunde die natürlichste Sache der Welt ist“, sagt Dr. Geist.

So könnten jetzt die Hebammen der Geburtsklinik – zurzeit 22 an der Zahl – in den Räumen der FBS die werdenden Eltern in aller Ruhe auf die Freuden und Leiden bei einer Geburt vorbereiten. Und die FBS kann schon frühzeitig auf ihre 350 Kurse aufmerksam machen, die sich um alle wichtigen Themen drehen – von der richtigen Ernährung der Kleinkinder bis zu der Frage, wie ein Baby besser schlafen kann. „Wir können jetzt auch mit den Hebammen eine professionelle Stillberatung anbieten“, sagt Maren Kohn von der FBS. „Bei dem Thema sind wir selbst keine Experten.“

Die Pinneberger Geburtsklinik habe seit ihrer Auszeichnung als babyfreundliche Klinik, die alle Ärzte, Hebammen und Kinderkrankenschwestern auf ein gemeinsames und nachhaltiges Konzept geschult hat, große Erfolge gerade beim Stillen erzielen können, berichtet die Leitende Hebamme Claudia Feldgen. „Die Stillquote der jungen Mütter hat sich seitdem auf 90 Prozent verdoppelt.“ Die intensive Beratung der Mütter und die Möglichkeiten der jungen Eltern, auch direkt nach der Geburt in aller Ruhe mit dem Kind das frische Glück gemeinsam in Familienzimmern genießen zu können, habe sich so ausgezahlt. Die jetzige Kooperation mit der Familienbildung sei praktisch ein weiterer Mosaikstein zu einer allumfassenden babyfreundlichen Geburtsklinik, betonen Claudia Feldgen und Dr. Geist.

„Dieser gegenseitige Austausch ist auch für unsere Hebammen eine tolle Bereicherung“, ist die Leitende Hebamme der Geburtsklinik überzeugt. Ein erstes gemeinsames Kursangebot manifestiert sich in dieser Kooperation. So wird es vom 13. Juli an jedem zweiten Mittwoch von 10 bis 11.30 Uhr in der FBS ein „Milchcafé“ für junge Mütter mit ihren Babys geben, in dem sie sich kennenlernen und gegenseitig Tipps geben können. „Wir haben es extra Milchcafé statt Stillcafé genannt, weil wir auch Mütter einladen wollen, die ihren Babys lieber die Flasche geben“, sagt Hebamme Maraike Gubernatis. Kaffee, Tee und Kuchen gebe es gratis dazu. Eine Anmeldung dafür ist nicht erforderlich.

Was in früheren Generationen die Großfamilien mit ihrem Erfahrungsschatz geregelt hätten, würde heute von den Kliniken, Hebammen und Familienbildungsstätten übernommen, sieht Dr. Geist einen gesellschaftlichen Wandel. Die Verunsicherung, die heute so manche junge Eltern dabei haben, ob sie ihre kleinen Kinder auch richtig versorgen, hätten früher die Großmütter in Wohlgefallen aufgelöst. Insofern sei diese Rundum-Betreuung jetzt die richtige Antwort auf diese Entwicklung.