Kreis Pinneberg. Ein neues Gastschulabkommen zwischen Schleswig-Holstein und Hamburg soll die Situation am Rand der Metropole verbessern.

Tricksen, täuschen, tarnen: Für viele Eltern ist Schummeln an der Tagesordnung, wenn es um die Schulwahl für ihre Kinder geht. Das Ende 2016 auslaufende Gastschulabkommen zwischen Schleswig-Holstein und Hamburg lässt eine freie Schulwahl über Landesgrenzen hinweg nur für Härtefalle zu. Dennoch lernen viele Kinder etwa aus Halstenbek, Schenefeld, Rellingen und Wedel in Hamburg – und vermutlich nur eine Minderheit ist offiziell angemeldet.

Für die „schwarzen Schafe“ gibt es Hoffnung: Die beiden Länder verhandeln derzeit intensiv über ein neues Gastschulabkommen. Und sowohl die Kieler Bildungsministerin Britta Ernst als auch Hamburgs Schulsenator Ties Rabe (beide SPD) versprechen mehr Freizügigkeit, was Schulbesuche über Landesgrenzen hinweg angeht. Spätestens bis zu den Herbstferien, so hat es Rabe angekündigt, soll der neue Vertrag unterschriftsreif sein.

Lauf offiziellen Zahlen besuchen 4800 Schleswig-Holsteiner Hamburger Schulen, umgekehrt kommen 1000 Kinder aus Hamburg zum Schulbesuch über die Landesgrenze. Für diesen Schüleraustausch haben beide Länder eine finanzielle Erstattung vereinbart. Pro Grundschüler werden 1139 Euro pro Schuljahr gezahlt, für Stadtteilschulen/Gemeinschaftsschulen 998 Euro und für Gymnasien 761 Euro.

Beispiel: Rellingen. Aus der Kommune fahren 43 Kinder täglich zum Unterricht nach Hamburg, dafür zahlt die Gemeinde 41.248 Euro pro Jahr. Acht Gastschüler aus Hamburg machen sich täglich auf den Weg nach Rellingen, sie bringen wiederum 8548 Euro Einnahmen. Eine freie Schulwahl über Landesgrenzen hinaus, die von den Eltern gewünscht wird, „würde uns als Schulträger vor Herausforderungen im Bereich der Schulentwicklungsplanung stellen“, sagt Rellingens zuständige Fachbereichsleiterin Silke Mannstaedt.

So würden derzeit viele Rellinger Kinder an weiterführende Schulen nach Hamburg wechseln, weil in der Gemeinde keine gymnasiale Oberstufe angeboten werden kann. Um dem entgegenzuwirken, hat Rellingen einen entsprechenden Antrag für die Caspar-Voght-Gemeinschaftsschule gestellt und vor Kurzem bewilligt bekommen. „Ab dem Schuljahr 2017/2018 bietet die neue Oberstufe an der Caspar-Voght-Schule eine attraktive Alternative für ein G 9-Abitur“, so Mannstaedt.

Wedel ermöglichst 46 Kindern den Schulbesuch in der Hansestadt. 15 Hamburger besuchen im Gegenzug Wedeler Schulen. Unter dem Strich bleiben 28.703 Euro, die Wedel an Hamburg zahlen muss.

In Schenefeld genießen 26 Hamburger Schüler Gastrecht, dafür erhält die Stadt eine Erstattung von 23.815 Euro. 68 Kinder aus Schenefeld sind offiziell als Härtefälle an Hamburger Schulen gemeldet. Das kostet die Stadt wiederum 62.356 Euro. „Wir müssen also 38.541 Euro für Gastschulverhältnisse zahlen“, sagt Schenefelds Bürgermeisterin Christiane Küchenhof. Sie wünsche sich für ein neues Gastschulabkommen im Sinne der Eltern eine Legalisierung aller Gastschulverhältnisse. „Das Tricksen und Täuschen in dieser Sache muss aufhören.“

Halstenbek wiederum kommt im länderübergreifenden Schüleraustausch verhältnismäßig günstig davon, was öffentliche Schulen angeht. 39 Hamburger Kinder werden in Halstenbek unterrichtet, davon 21 am neu gebauten Wolfgang-Borchert-Gymnasium. Daraus ergeben sich Erstattungen in Höhe von 35.355 Euro. Gegengerechnet werden müssen 45 Halstenbeker Kinder, die in Hamburg beschult werden. Sie kosten die Kommune 43.578 Euro, sodass unter dem Strich ein Minus von 8223 Euro bleibt.

Ines Strehlau, Landtagsabgeordnete der Grünen aus Halstenbek, kennt als Mutter dreier Kinder und langjährige Lehrerin im Kreisgebiet die für viele Familien unverständliche Lage an der Landesgrenze sehr gut, wo manchmal der Weg von zu Hause zur Hamburger Schule kürzer ist als zur Bildungseinrichtung im Kreis Pinneberg „Wir haben im Koalitionsvertrag das Ziel einer gemeinsamen Bildungsplanung mit Hamburg verankert. Ich bin zuversichtlich, dass wir in einem neuen Abkommen diesem Ziel ein großes Stück näher kommen und uns mit Hamburg auf einen finanziellen Ausgleich einigen werden.“

Ziel bleibe eine gemeinsame Schulentwicklungsplanung mit Hamburg. So könnten über die Landesgrenzen hinaus die Bedarfe von der Grund- bis zur Berufsschule festgestellt und die Versorgung mit Lehrkräften und Räumen gemeinsam geplant werden.