Rellingen. Porschke Menümanufaktur versorgt Kitas und Schulen. Essen soll gesund, schmackhaft und preiswert sein. Was ist das Erfolgsrezept?
Die Schneebesen messen einen Meter. Der Pürierstab ist armdick und gebogen wie eine Straßenlaterne. Und um frische Möhren und Gurken zu raspeln, nutzen Küchenchef Olaf Brau und sein Team ein mannshohes Schnitzelgerät, dessen kreisrunde Edelstahleinsätze gut und gern einen halben Meter Durchmesser haben. In den 200-Liter-Pfannen und 120-Liter-Töpfen dieser turnhallengroßen Küche an der Rellinger Siemensstraße, deren Ausstattung für Riesen gemacht zu sein scheint, wird für die Kleinen und Kleinsten in halb Hamburg und weiten Teilen des Kreises Pinneberg konventionell gekocht. Und zwar in beeindruckenden Dimensionen. Die Menümanufaktur Porschke versorgt die Kinder in mehr als 400 Schulen und Kindertagesstätten Tag für Tag mit mehr als 12.000 Portionen frisch zubereiteter, vollwertiger Drei-Gang-Menüs.
Das Unternehmen, 1982 als vegetarischer Imbiss auf Hamburger Wochenmärkten gegründet und seit Februar 2014 von der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) zertifiziert, zählt zu den Marktführern in der Metropolregion Hamburg. Und zu den Gewinnern grundlegend veränderter Betreuungsstrukturen. Mehr als zwei Millionen Kinder essen heute in Deutschlands Kitas, fast doppelt so viele wie 2006. Durch den Ausbau der Ganztagsschulen kommen Millionen von Schülern hinzu.
Anders als viele Mitbewerber, die auch im Kreis Pinneberg mit Mensa-Projekten gescheitert sind oder durch Lebensmittelskandale wie mit Noroviren verseuchte chinesische Erdbeeren bundesweit die Branche in Verruf brachten, sind die Rellinger mit dem Trend gewachsen. Trotz des Preisdrucks.
In Hamburg etwa darf ein Menü maximal 3,50 Euro kosten, inklusive Anlieferung, Ausgabe, Reinigung des Geschirrs und Mehrwertsteuer. In Schleswig-Holstein wird mit den Trägern individuell verhandelt. Da zählt jeder Cent. Und schmecken soll das Essen schließlich auch noch.
Wie gelingt diese Quadratur des Kreises? „Man braucht eine gewisse Größe, eine ausgeklügelte Logistik, erstklassige Qualität, und man muss seine Betriebsabläufe optimieren“, sagt Geschäftsführer Matthias Horn. Herzstück der Unternehmensphilosophie ist aber nach wie vor die Grundidee des Gründers Joachim Porschke. Die Mahlzeiten werden täglich aus vollwertigen, möglichst regionalen und saisonalen Zutaten konventionell auf Gasflammen frisch gekocht und heiß angeliefert. Instantpulver und –soßen, künstliche Aromen, Farbstoffe und Stabilisatoren sind ebenso tabu wie Industriekessel und automatisierte Garprozesse. „Wir rühren jede Soße selbst an und schmecken alles individuell ab“, sagt Horn. Das gelte auch für Ketchup.
Für das Kartoffelpüree beispielsweise kochen die Mitarbeiter ganz klassisch zunächst Kartoffeln und Milch in getrennten Töpfen, um beides schließlich mit dem erwähnten Mega-Pürierstab zu einer geschmeidigen Masse zu verarbeiten. Schweinefleisch, angesichts einer wachsenden Zahl muslimischer Schüler und eines veränderten Gesundheitsbewusstseins vieler Eltern in einigen Bundesländern ein Speiseplan-Reizthema, war ohnehin nie ein Problem für Porschke. „Wir haben es nie verwendet“, sagt Ökotrophologin und Qualitätsmanagerin Christa Schlichting-Beneke.
DGE-Kriterien: Hohe Ansprüche an Qualität und Hygiene
Die Zutaten werden täglich geliefert. Ab 5 Uhr früh stapeln sich Paprika und Kohlrabi, Milch und Äpfel aus dem Alten Land palettenweise im Kühlraum. Dann muss es schnell gehen. Um 8.30 Uhr verlassen die ersten Portionen das Haus, für die Krippenkinder. „Sie sind die ersten, gegessen wird dort oft bereits um 10.30 Uhr“, sagt Vertriebsleiterin Angela Gross. In einer zweiten Schicht fahren die Auslieferer in 31 Fahrzeugen die Kitas und schließlich die Schulen an. „Diese Struktur, das Essen in Etappen, kommt uns sehr entgegen“, sagt Geschäftsführer Horn. So kann der Betrieb seine Kapazitäten mehrfach nutzen und wirtschaftlicher arbeiten.
Und was steht auf der Hitliste der Kinder ganz oben? „Die vier großen P – Pizza, Pasta, Pommes, Pfannkuchen“, sagt Vertriebsleiterin Angela Gross. „Wenn wir nur das machen würden, wären viele Kinder erst mal sehr glücklich.“ Aber dann wäre auch das wertvolle DGE-Zertifikat weg. Also gibt’s zwar Pizza und Pasta, aber natürlich in der Vollkornvariante.
„Die Kleinen sind die unproblematischsten Esser, sie mögen auch Eintopf“, sagt Ernährungsfachfrau Christa Schlichting-Beneke. Ältere Kinder dagegen hätten es lieber schön sortiert auf dem Teller. Deshalb liefert die Menümanufaktur zu Königsberger Klopsen – wahlweise in Geflügel- oder Tofu-Ausführung – die Soße neuerdings extra.
Mit Angeboten wie dem „Schülerkracher“ versuchen die Köche, auch die skeptische pubertäre Kundschaft anzusprechen. Wer etwa mittwochs einen Grünkernbratling isst, für den gibt’s am Freitag einen Hot Dog. Und in der Probeküche der Manufaktur tüfteln die Köche an immer neuen Rezepten.
Das Essverhalten der Kinder habe sich auch deshalb verändert, weil viele berufstätige Eltern kaum noch selbst kochten, vermutet Christa Schlichting-Beneke. Entsprechend fremdeln viele Kinder mit Gemüsesorten. Mit Aufklärung auf Elternabenden steuert das Porschke-Team gegen den Trend.
Zum festen Ritual gehört das Verkosten der Tagesmenüs durch die Chefetage. Ist etwas missglückt, etwa der Milchreis angebrannt, geht das Essen nicht raus. „Qualität ist oberstes Gebot“, sagt Horn. „Da sind wir kompromisslos.“