Elmshorn. Der Verein Frischlinge – Die Burg sorgt seit 23 Jahren im Elmshorner Stadtteil Hainholz für warmes Mittagessen, hilft bei Schularbeiten und schützt vor Gewalt in Familien

Auch wenn sich in den vergangenen Jahren viel getan hat, gilt der Stadtteil Hainholz immer noch als sozialer Brennpunkt von Elmshorn. Das Leben dort ist in vielen Fällen geprägt von Arbeitslosigkeit, Alkoholismus, Analphabetismus, einer großen Zahl von Sozialhilfe- und Hartz-IV-Empfängern und Alleinerziehenden. Für viele Kinder aus sozial schwachen Familien ist es keine Selbstverständlichkeit, zu Hause Sicherheit und Geborgenheit vorzufinden. Genau diese bietet ihnen der Verein „Frischlinge e.V. – die Burg“ in einem der sanierten Plattenbauten am Rethfelder Ring.

Viele Nationen kommen dort zusammen. „Als der Verein die Arbeit vor 23 Jahren aufnahm, waren es überwiegend polnische und deutsche Kinder. Dann kamen die türkischen Familien, wurden abgelöst von den asiatischen und die wiederum von den russischen“, sagt Denise Low, die Erste Vorsitzende des Vereins. Die Wechsel fanden in Zyklen von drei oder vier Jahren statt. „Heute sind es vor allem Kinder afrikanischer Familien, die wir betreuen.“ Bislang das schwierigste Klientel, berichtet Low, die Eltern seien oft sehr fordernd.

„Die kulturellen Unterschiede sind groß“, sagt sie. Regeln und Strukturen unterscheiden sich deutlich von hiesigen. In Afrika essen zum Beispiel die Erwachsenen vor den Kindern. „Bei uns kommen die Kinder an erster Stelle.“ Andererseits beobachtet Denise Low, wie die Kinder aufgrund ihrer Hautfarbe häufig diskriminiert werden.

Mit ihrer „Deni“ haben die Kinder – unabhängig von ihrer Herkunft – eine Fürsprecherin. Sie und ihr Team sorgen dafür, dass sie ein warmes Mittagessen, Hilfe bei Hausaufgaben und eine sinnvolle Freizeitbeschäftigung bekommen. Auch Jugendliche, die aus dem Frischlingsalter hinausgewachsen sind und dennoch Hilfe benötigen, erhalten diese hier. Schul- oder Ausbildungsabbrecher werden betreut und dazu animiert, einen neuen Anlauf zu unternehmen. Viele ihrer Kids kennt Denise Low seit Jahren.

Vor einem Jahr war der Verein allerdings in arge Bedrängnis geraten. Zum Jahreswechsel 2014/15 wurden die acht Stellen für Ein-Euro-Jobber bei den Frischlingen ersatzlos gestrichen. Der Grund war die gesetzliche Einführung des Mindestlohns und damit verbundene steigende Kosten. Selbst Denise Low verlor als Erste Vorsitzende ihre Stelle. Nur mit Mitteln aus dem Europäischen Sozialfonds ist es zukünftig möglich, Kräfte zu beschäftigen.

Verein überlebt dank Unterstützung durch Jobcenter und Ehrenamtliche

Das Jobcenter willigte ein, eine Vollzeitkraft und zwei halbe Stellen zu finanzieren, wenn der Verein 12.000 Euro Eigenanteil im ersten Jahr aufbringen könnte. Ein hartes Stück Arbeit für Denise Low und ihre Mitstreiter, Spenden in dieser Höhe zusammenzutragen. Doch das Team schaffte es. „Dadurch erhalten wir nun einen Zuschuss aus dem Europäischen Sozialfonds in Höhe von 60 Prozent im ersten Jahr und 40 Prozent im zweiten Jahr“, sagt sie.

Dieses Jahr könnten sie sich so über Wasser halten, nicht zuletzt dank der 15 ehrenamtlichen Helfer und Lebensmittelspenden. Danach ist wieder alles offen und die Zukunft des Vereins ungewiss.

Nachbarschaftshilfe bildete auch den Ursprung des Vereins. Wenn Gründerin Angela Bielau mit ihren beiden Kindern auf den Spielplatz ging und Kekse oder Trinkpäckchen aus der Tasche holte, wurde sie von Knirpsen regelrecht belagert, die mit großen Augen auf das Mitgebrachte starrten und bettelnd fragten, ob sie was abbekämen.

Und so packte die Alleinerziehende mit dem großen Herzen jedes Mal etwas mehr ein und verteilte es unter den bedürftigen Kindern. Ihr Engagement mündete in einem Verein, dem anfänglich zwölf Erwachsene und 230 Kinder angehörten. Träger ist die Freie Jugendhilfe. Vor sieben Jahren verstarb die gelernte Krankenschwester unerwartet im Alter von 50 Jahren.

„Danach war es sehr schwer“, sagt Denise Low, die sich als Nachbarin schon seit Jahren bei den Frischlingen engagiert und versucht, die Arbeit in Bielaus Sinne weiterzuführen. Doch die Fußstapfen, die die Gründerin hinterließ, sind groß. „Als sie damals ihre Abschiedsparty auf dem Spielplatz feierte, kamen etwa 300 Kinder und Ehemalige, um sich zu verabschieden“, sagt Low. Ein didaktischer Mensch sei sie gewesen, der viel aus wenig Geld zauberte, intelligent und strukturiert war. Denise Low ist voll des Lobes über ihre Vorgängerin.

„Ich bin mehr der emotionale Typ“, sagt Low. „Die Arbeit am Computer liegt mir weniger.“ So sei das Ferienprogramm zwar für das ganze Jahr schon durchgeplant, stehe allerdings auf einem Zettel. „Ich suche händeringend eine Verwaltungskraft“, sagt sie. Auch die Internetseite könnte eine Überarbeitung gebrauchen. Doch dafür fehlen Geld und Know-how.

Kinder suchen auch nachts Zuflucht bei Denise Low

Denise Low bewohnt zur Untermiete zwei Zimmer in einer von den beiden Parterrevereinswohnungen. Eine Trennung zwischen Privatem und Vereinsleben ist da kaum möglich. So kommt es vor, dass die Kinder nachts bei ihr auf dem Balkon stehen oder vor der Tür, weil sie vor ihren Party machenden Eltern geflüchtet sind.

Wenn die Stimmung eskaliert, schaltet sie sich vermittelnd ein. So hat sie schon so manches Kind vor Prügel bewahrt. Die Kids können sie rund um die Uhr auf einem Notfalltelefon erreichen. Mit Pyjamapartys, getrennt nach Mädchen und Jungen, bietet sie ihnen einen sicheren Rückzugsort und ein paar unbeschwerte Stunden.

Frischlinge e.V. – die Burg,Rethfelder Ring 12, in Elmshorn ist dringend auf Spenden angewiesen, um seine Arbeit auch künftig auf sichere Beine stellen zu können. Wer helfen möchte, kann Denise Low unter 04121/7 77 38 oder frischlinge.dieburg@gmx.de erreichen.