Wedel. Kurz vor dem Versinken holten Feuerwehr und THW die marode “Polonia“ aus dem Wasser. Der Besitzer machte sich aus dem Staub.

Wedel. Von 12 Uhr mittags am Donnerstag bis 1 Uhr nachts am Freitag war Jürgen Brix vor Ort im Hamburger Yachthafen. Dann war die Gefahr gebannt – und der Leiter des Wedeler Ordnungsamtes um eine Erfahrung reicher, auf die er gern verzichtet hätte. Denn seit diesem Zeitpunkt trägt die Stadt Wedel die Verantwortung für einen schrottreifen Kahn, der um ein Haar in den Fluten der Elbe versunken wäre. In letzter Sekunde hat Brix dank des Eingreifens von Feuerwehr, THW und einer Kranfirma die „Polonia“ an Land befördern lassen – und muss jetzt sehen, woher die Stadt die nicht unerheblichen Kosten des Großeinsatzes erstattet bekommt.

Das 15 Meter lange und ziemlich betagte Schiff befand sich auf dem Weg nach Bremerhaven, als es vor einer Woche zu einem Motorschaden kam. Manövrierunfähig trieb die „Polonia“ auf der Elbe und driftete gegen ein Stack an der Einmündung zur Wedeler Au. „Die Wasserschutzpolizei hat den Schiffseigner und einen Sohn von Bord geholt“, berichtet Brix. Der „Seelenverkäufer“ lag dort zunächst vor Anker. Doch weil durch stürmische Winde, eine Sturmflut drohte, ließ die Polizei die „Polonia“ in den nächstgelegenen Hafen – eben den Hamburger Yachthafen in Wedel – schleppen. Dort lag es zunächst am Kai. Doch weil das Schiff ein Leck hat und immer weiter Wasser eindringt, ist guter Rat teuer.

„Die Experten haben mir gesagt, dass es nur noch ein paar Stunden dauert, und dann ist das Schiff weg“, berichtet Brix. Der Eigentümer habe dagegen behauptet, das Schiff werde sich schon über Wasser halten. Weil sich an Bord der „Polonia“ große Mengen an Betriebsstoffen und außerdem mehrere Kanister mit umweltgefährdenden Stoffen befunden hätten, rief der Ordnungsamtschef Feuerwehr und THW zur Hilfe-

Mit der Hilfe von herbeigeschafften Pumpen fingen die Einsatzkräfte das ölhaltige Wasser aus dem Schiffsinnern auf und leiteten es zur Entsorgung in einen speziellen Behälter ab. Im Anschluss konnte die „Polonia“ in den Tonnenhafen geschleppt werden. „Wir haben mehrere Möglichkeiten erwogen, was mit dem Schiff passieren soll“, so Brix weiter. Schnell sei jedoch klar gewesen, dass der Kahn aus dem Wasser herausgehoben werden muss.

Das stellte die 40 Einsatzkräfte jedoch vor das nächste Problem. „Das Schiff wiegt 19 Tonnen. Mit so großen Schiffen haben wir es normalerweise nicht zu tun“, sagt Brix weiter. Mit dieser Last seien alle Kräne vor Ort überfordert gewesen.

Daher musste kurzfristig ein Schwerlastkran zur Einsatzstelle bestellt werden. Als das „Ungetüm“, ein Tieflader und weiteres Gerät schließlich am Tonnenhafen eintraf, dauerte es nochmals zwei Stunden, bis das Schiff am Haken hing. Schließlich konnte der Kahn auf den Tieflader bugsiert und, eskortiert von Polizeikräften, abgefahren werden.

Die Fahrt endete an der Wedeler Feuerwache. Dort wartet die „Polonia“ jetzt auf dem Tieflader auf bessere Zeiten. Ob die jemals kommen werden, ist allerdings völlig ungewiss. „Wir haben das Schiff erstmal sichergestellt“, erläutert Brix. Es handele sich um eine Maßnahme zur Gefahrenabwehr, der Stadt sei keine andere Wahl geblieben, als so zu handeln.

„Wir werden jetzt Kontakt mit dem Eigentümer aufnehmen und nach einer Lösung suchen“, so der Ordnungsamtsleiter. Der Schiffsbesitzer sei am Donnerstag zwar vor Ort gewesen, habe sich jedoch schon nach kurzer Zeit wieder verabschiedet. Es soll sich um einen Mann aus Niedersachsen handeln, der laut unbestätigten Berichten den maroden Kahn erst vor kurzem zu einem Spottpreis erworben haben soll.

Die Kosten für die aufwendige Bergungsaktion liegen nun wiederum deutlich über dem Kaufpreis. „Zum Glück ist das Schiff noch versichert“, sagt Brix. Mit der Versicherung werde sich die Stadt auch in Verbindung setzen, um die vorgestreckten Kosten für die Schiffsbergung erstattet zu bekommen.

Sollte der Eigner von dem Schiff nichts mehr wissen wollen und die Stadt auf Teilen der Kosten sitzen bleiben, bleibt ihr nur die Verwertung der „Polonia“. „In diesem Fall kommt das Schiff in die Schrottpresse“, sagt der Ordnungsamtsleiter.