Elmshorn. Die Rabenvögel sorgen für Lärm und Dreck und sollen daher aus den Zentren vertrieben werden. Die Tiere halten sich jedoch hartnäckig.

Schreckschüsse beeindrucken sie nicht sonderlich. Schließlich erkennen sie den Jäger aus Elmshorn schon an Kleidung und Auto. Längst haben die Saatkrähen gelernt, dass er Lärm macht, ihnen aber nichts tut. In der Stadt Flensburg hoffte man, ein Wüstenbussard könne das Krähenproblem lösen. Der Greifvogel wurde von den Rabenvögeln in die Flucht geschlagen. Im nordfriesischen Niebüll wurden sogar Bäume gefällt, in der die Hauptkolonie der Saatkrähen lebte. Das Ergebnis: In den verbleibenden Bäumen wuchs ihre Population.

In Elmshorn und anderen schleswig-holsteinischen Städten wurde viel versucht, um die Saatkrähen aus den Zentren zu vertreiben. Gebracht hat es nichts. Das geht aus einer Umfrage hervor, die aufgrund der Anfrage der Elmshorner CDU-Fraktion in der Sitzung des Stadtverordnetenkollegiums am 9. Juli durch die Stadt Elmshorn beim Städtetag initiiert wurde. Das Ergebnis liegt nun vor. 32 Städte haben den Fragebogen ausgefüllt zurückgeschickt. Acht von ihnen haben ausführlich beschrieben, wie sie gegen die intelligenten Vögel vorgegangen sind. Soviel vorweg: Eine Lösung hat niemand parat.

So berichten unter anderem Bad Bramstedt, Bargteheide, Friedrichstadt, Lübeck und Niebüll über die gleichen Probleme, wie sie auch in Elmshorn herrschen: Die Krähen sind während der Nestbau- und Brutzeit von März bis Mai besonders laut. Sie kommunikativen Tiere verschmutzen zudem Parkanlagen und Parkplätze mit ihrem Kot, manchmal auch die Warenpräsentation vor Geschäften. Einige Menschen haben Angst, sich darüber mit gesundheitsgefährdenden Keimen anzustecken. Insbesondere Restaurantbetriebe mit Außenbewirtschaftung leiden darunter. Dreck entsteht auch, wenn die Vögel die gelben Säcke aufreißen und Papierkörbe ausräumen. Zudem werden die Krähen für den Rückgang der Singvogelpopulationen verantwortlich gemacht.

In vielen Städten holte man aus diesem Gründen die leeren Nester aus den Bäumen und schnitt die Astgabeln aus den Kronen. Die Kolonien wurden jedoch nie aufgegeben. Im Gegenteil, sie teilten sich, und die Zahl der Krähen stieg danach noch. Abgeschossen oder bei der Brut gestört werden darf die Saatkrähe dennoch nicht. Sie unterliegt den Bestimmungen der Europäischen Vogelschutzrichtlinie und den Regularien des Paragrafen 44 im Bundesnaturschutzgesetz. „Ein Abschuss wäre aus Sicht des Jagdrechts in der belebten Innenstadt auch gar nicht praktikabel“, sagt Jörg Schmidt-Hilger vom Amt für Stadtentwicklung in Elmshorn.

Dort setzt man weiter auf Beschallung: Über Lautsprecher, die an der Bismarckschule angebracht wurden, sollen Panikschreie von Artgenossen sowie Rufe von Greifvögeln die unliebsamen Rabenvögel verscheuchen. „Die Krähen sind aus der Bismarckstraße nicht verschwunden, aber es sind weniger geworden“, sagt Schmidt-Hilger. So sei es von der Firma Ornitec, die das Gerät vertreibt, prophezeit worden. „Erst nach zwei oder drei Jahren werden wir sehen, ob es was gebracht hat.“ Rund 3000 Euro hatte die Anschaffung und Montage gekostet. Derzeit sei eine zweite Anlage in Planung, so Schmidt-Hilger. Das Geld dafür müsste von der Politik aber erst genehmigt werden.

Der Bestand der Saatkrähen in Deutschland liegt bei 75.000 Brutpaaren. 1000 davon haben sich allein in Elmshorn niedergelassen. „Schleswig-Holstein beherbergt rund ein Drittel des Gesamtbestandes“, sagt er. Damit komme dem Bestand in Schleswig-Holstein eine besondere Bedeutung zu.

In den Städten, in denen sich die schlauen Vögel eingenistet haben, wächst der Druck auf die Verwaltungen. Forderungen nach weitergehenden Maßnahmen, wie die Vergrämung auch über den 15. März eines Jahres hinaus zuzulassen, Eier aus den Nestern zu entnehmen oder die Saatkrähe zum Abschuss frei zu geben, werden lauter.

SPD-Landtagsabgeordnete Beate Raudies hatte diesbezüglich kürzlich eine Anfrage ans Umweltministerium gestellt. Jetzt hat Umweltminister Robert Habeck geantwortet: Saatkrähen aus ihren Lieblingsbrutgebieten im Elmshorner Stadtgebiet zu vertreiben, sei gar nicht so leicht, was sich auch in anderen Städten in Schleswig-Holstein gezeigt habe, heißt es in dem Schreiben. „Erfolge versprechen laut Umweltministerium nur eine Kombination aus Nester vernichten, Schreckschusseinsatz und weiteren, regelmäßigen Lärmaktionen“, sagt Raudies. Mit der Antwort will sich die Politikerin nicht zufrieden geben und holt nun Umwelt- und Tierschutzexperten des Landes an einen Tisch.

Andere Städte wollen das Krähenproblem anders lösen: Sie wollen mit Informationsbroschüren mehr Akzeptanz für Saatkrähen in der Bevölkerung erreichen. In Ascheberg gibt es nun sogar einen Krähenlehrpfad. In Friedrichstadt kann man den Tieren noch etwas anderes abgewinnen. „Den Krähen ist es gelungen, die Taubenproblematik in den Hintergrund zu drängen“, heißt es in ihrem ausgefüllten Fragebogen.